Çetin Gültekin, der Bruder von Gökhan Gültekin, vor einem Wandbild zum Gedenken an die neun Opfer des Amoklaufs von Hanau
Çetin Gültekin, der Bruder des ermordeten Gökhan Gültekin, vor einem Wandbild zum Gedenken an die neun Opfer des Amoklaufs von Hanau
Thomas Lohnes/GettyImages
4 Jahre nach dem Anschlag in Hanau
Die Angst ist da
Berichte über die Machenschaften der AfD haben nicht nur die Verteidiger der Demokratie wachgerüttelt, sondern auch die Rassistinnen und Antisemiten. Aggressionen und Übergriffe im Alltag nehmen zu, was besonders Geflüchtete zu spüren bekommen
Ronnie Darwish
17.02.2024
2Min

Vergangene Woche bin ich mit meinem Kollegen nach Hanau gefahren, um eine Videoreportage zu drehen. Der Anschlag in Hanau hat vor vier Jahren Deutschland erschüttert. Menschen wie mein Kollege und ich waren besonders schockiert, weil wir als Geflüchtete nach Deutschland gekommen sind. Der Anschlag hat uns das Wichtigste geraubt, das uns Deutschland geboten hat: Sicherheit.

Gerade jetzt ist es wichtig, dass wir uns an das erinnern, was am 19. Februar 2020 in der kleinen Shisha-Bar am Hanauer Heumarkt geschehen ist. Denn der Rassismus nimmt zu. Es gehen zwar gerade Hunderttausende für die Demokratie und gegen rechts auf die Straße. Das ist großartig. Doch darüber wird leicht übersehen, dass die Enthüllungen über die geheimen Machenschaften der AfD und anderer rechter Gruppen auch noch eine andere Welle ausgelöst haben: eine besonders bösartige Welle von Hass und Rassismus.

Ronnie Darwish

Sona Sahar

Sona Sahar, geboren 1978 in Kabul, ist seit 2022 Redakteurin in der Dari/Farsi-Redaktion von Amal Frankfurt. Sie absolvierte ihr Studium im Bereich Journalismus an der Universität Kabul in Afghanistan. Über zehn Jahre arbeitete sie als Radio-Reporterin für Salam Watandar (Internews Afghanistan) und Radio Bayan (NATO-ISAF). 2012 zog sie nach Deutschland und lernte Deutsch.

Vor ein paar Tagen ging ich in ein Café. Es war morgens, gerade hatte ich meine Kinder in die Kita gebracht. Das Café war voll, und so fragte ich eine ältere Frau, die alleine saß, ob ich mich mit an den Tisch setzen könne. Die Antwort der Frau traf mich unerwartet. Vor Wut zitternd brachte sie ihren Kopf nah an mich heran und sagte mit leiser Stimme, damit niemand sonst es hören konnte: "Unser ganzes Land steht zu Ihren Diensten. Unser gesamtes Eigentum ist in Ihrer Tasche. Ja, du kannst sogar auf meinem Kopf sitzen." Ich stand auf und trank meinen Kaffee an der Theke. Ich konnte mich in der Situation nicht wehren. Wahrscheinlich, weil in der afghanischen Kultur der Respekt vor Älteren so wichtig ist.

Das ist eine kleine Begebenheit. Eine von vielen. Unter der Oberfläche dieses Landes verbirgt sich ein komplexes Geflecht von schlechten Gefühlen. Einwohner mit Migrationshintergrund finden sich oft am Rande der Gesellschaft wieder. Nur selten treten sie vor, um sich zu verteidigen oder rassistische Vorfälle zu melden. Ich erlebe ständig so etwas und gerade jetzt ist es besonders schlimm.

Mit diesen Erlebnissen im Kopf fuhren wir nach Hanau und trafen dort Çetin Gültekin zum Interview. Sein Bruder ist einer derjenigen, die am 19. Februar 2020 ermordet wurden. Çetin Gültekin hat ein Buch geschrieben: "Geboren, aufgewachsen und ermordet in Deutschland" heißt es. Gerade rechtzeitig zum vierten Jahrestag des Anschlags ist es erschienen.

Eigentlich, so sagt er, habe er nie ein Buch schreiben wollen, aber er konnte nicht anders. Damit der Tod seines Bruders nicht umsonst war. Die Tat verfolge ihn und die anderen Angehörigen noch immer. "Der Täter hat uns da getroffen, wo wir uns sicher fühlten – in Hanau", sagt er und: "Ich kenne Familien, die machen jeden Abend ein Handtuch nass, legen es unter den Türspalt. Für den Fall, dass jemand Feuer legt. Nur so können sie schlafen." Der Anschlag in Hanau liegt vier Jahre zurück. Doch die Angst ist noch da. Deswegen ist es gerade jetzt wichtig, über Rassismus zu sprechen. Er frisst uns auf.

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Angst? Warum? Man wählt die Deppen nicht und schon ist Ruhe im Schuhkarton. Angst ist ein schlechter Begleiter im Leben, Vorsicht ist angebrachter. Trau, schau, wem? Wir leben allerdings wieder in schwierigen Zeiten, in der die Meinungsfreiheit wieder stark eingeschränkt wird. Also nicht einschränken lassen!! Oder habt ihr alle Angst davor?

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" Mit diesen Erlebnissen im Kopf fuhren wir nach Hanau "
Es wäre besser, diese Erlebnisse hinter sich zu lassen, b.z.w. diese Gelegenheit vor Ort genutzt zu haben, um den Artikel anschliessend dem Buch zu widmen. Stattdessen dient es hier vielmehr als Vorwand für eine dürftige Nabelschau voller banaler Befindlichkeiten.
Leider ist auch der Titel des Buches polemisch und einseitig.
Nur der Ärger wird thematisiert.

Das ist unreflektiert und unprofessionell.