Tinka und Frank Dietz
Kopfsprung in zu flaches Wasser
Von einer Sekunde auf die nächste: querschnittgelähmt. Und jetzt? Kann man so weiterleben, will man?
13.01.2012

Schön hatte der 2. Juni 2011 begonnen: ein Himmelfahrtstag mit Sonne seit dem frühen Morgen. Janosch Oehme, 23, paddelte mit Freunden und deren Vätern von Hamburg aus den Alsterlauf ­hinauf. Gegen 13 Uhr rasteten sie und gingen ins Wasser, es reichte den Männern bis zur Hüfte. Janosch sprang dazu, mit dem Kopf voraus. Er traf unter Wasser einen Stein.

Um die gleiche Zeit tobte Tobias Gutzeit, 18, noch mit seinen Freunden in einem See bei Kiel herum. Gegen 15 Uhr gingen sie an Land, um zu grillen. Nur Tobias rannte noch mal zum Strand und dann auf dem Holzsteg durchs dichte Schilf. Am Ende machte er einen Kopfsprung. Das Schilf hatte ihn getäuscht: Das Wasser war dort keinen Meter tief.

Janosch und Tobias werden in die jeweils nächsten Kranken­häuser gefahren und stundenlang operiert. Man entfernt ihnen Wirbeltrümmer und stabilisiert die Wirbelsäule mit Platten und Schrauben. Beide überleben.
Doch unterhalb des dritten Halswirbels ist das Rü­cken­mark schwer geschädigt. Janosch und Tobias sind nun Tetraplegiker, also an allen vier Gliedmaßen Gelähmte.

Gelähmt von den Schultern an abwärts

Später verlegt man die beiden jungen Männer nach Hamburg ins Querschnittgelähmtenzentrum des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses. Da liegen sie nun im selben Zimmer, von den Schultern an abwärts gelähmt. Vielleicht sind ein paar Nervenstränge unverletzt geblieben oder erholen sich wieder, so dass die beiden doch noch den einen oder anderen Armmuskel bewegen können.

Sieben Wochen nach dem Unfall, draußen ist Sommer, Tobias ist bleich. Er kann die Schultern anheben und damit die Arme. Wenn er mit den Handballen auf die Räder seines Rollstuhls drückt, springt zur Unterstützung ein Elektromotor an. Tobias rollt an den Tisch in der Stationsteeküche. Janosch wird vom Krankenhausseelsorger hereingeschoben: halb liegend in einem ausladen­den Rollstuhl. Janosch wird zeitweise noch beatmet durch ein Loch am Kehlkopf. Er kann nicht sprechen, nur hauchen. „Aber der Bizeps meldet sich schon“, haucht er. Manchmal zucke es im Oberarm.

Das ist das wichtigste Thema der beiden: Was schon wieder geht. Sie haben Pläne: Tobias will Abitur machen und dann zur Polizei – Kriminologie, Forensik, das wär seins. Janosch, in der ­Klinik 24 geworden, will seine Ausbildung zum Veranstaltungstechniker fertigmachen und dann Elektrotechnik studieren, Mikro­elektronik. Vor allem will er wieder als Gitarrist seiner Rockgruppe The Janitors auftreten.

Janosch bekommt heute schlecht Luft, Pastor Michael Brems bringt ihn zurück auf die Station im Erdgeschoss, da liegen die „beatmungspflichtigen“ Hochgelähmten. Tobias dagegen rollt zum Aufzug – er ist bereits auf die Rehastation im ersten Stock verlegt worden. Man möge die Aufzugtaste drücken, bittet er. „Mit Treppensteigen ist grad schlecht bei mir.“ 

"Ich will nicht wie ein Trauerkloß um Mitleid betteln!"

In Sichtweite seines Bettes grüßt seine 12. Klasse in Kiel vom Foto herunter, auf den Schildern in ihren Händen steht „Wir vermissen dich!“ und „Gute Besserung!“ Manche waren schon zu Besuch. Wie das dann ist? „Die versuchen, sich nichts anmerken zu lassen, und ich versuch, gute Stimmung zu machen. Ich will ja nicht wie der letzte Trauerkloß um Mitleid betteln.“

Aber heute ist er traurig. Auf der Rehastation sind alle schon viel weiter als er. Erst recht die, bei denen die Lähmung erst weit unten in der Wirbelsäule beginnt. Die lupfen mit den Händen die Beine über den Bettrand, schwingen sich dann im Armstütz vom Bett in den Rollstuhl. Tobias kann sich im Bett nicht mal drehen. „Ich fühle mich so unbeholfen!“ Okay, er kann die Schultern anheben. Aber was ist das schon? Seine Augen füllen sich mit Tränen.

Klinikseelsorger Michael Brems, 50, lässt viele Taschentücher in den Zimmern. Oft hört er einfach nur zu und versucht, die Verzweiflung mit auszuhalten. Heute, nach dem Gespräch in der Teeküche, brauchte er selbst ein Taschentuch. Eigentlich habe er gute Deiche, sagt er, aber diese beiden, das nimmt ihn mit. „Sie sind junge Männer und gleichzeitig wie kleine Jungen, die hin­gefallen sind – dabei ist es ein Schnitt durchs ganze Leben.“

Dann zieht er den schwarzen Talar über die Jeans, für den ­wöchentlichen Gottesdienst. In der Krankenhauskapelle mit Blick über das Naturschutzgebiet Boberger Dünen erzählt der evangelische Pastor, dass er immer wieder diese zwei Sätze höre: „Da muss ich allein durch. Da kann mir niemand bei helfen.“ Er macht eine kleine Pause. „Ja, da muss ich selbst durch, aber nicht allein.“ Verspätet schiebt eine Pflegerin ein Bett samt Patient herein. Da singt die kleine Runde schon eins von des Pastors Lieblings­liedern: „Take Me as I Am“.

Janosch kann nicht sprechen - wo er doch so kommunikativ ist!

Am nächsten Morgen leuchtet die Lampe über der Tür zu Janoschs Zimmer: Die Pflege ist drinnen, heißt das, Besuch unerwünscht. Alle paar Stunden muss die gelähmte Blase sorgfältig per Katheter entleert werden, sonst wandern irgendwann Keime in die Niere hinauf – lebensgefährlich. Endlich geht die Tür auf, Janosch wird herausgeschoben. Heute kann er nicht mal hauchen, aber er formt mit den Lippen ein lächelndes „Hallo“. Sandra – man duzt sich hier – rollt ihn in die Physiotherapie. Ein großer Raum im Souterrain, wo auf blauen Liegen weißgekleidete Frauen neben kraftlosen Männern knien, ihnen das Bein anheben, die Hüfte drehen und sie ohne Unterlass anfeuern.

In Janoschs Lunge rasselt es. Sandra steckt ihm den Absaugschlauch durch das Loch vorn am Hals, weit runter in die Luftröhre. Janosch würgt, Sandra wischt ihm die nassen Augen aus. Er lächelt dankbar. Die Therapeutin drückt ihre Finger unterhalb der Rippen tief in seinen schmalen Leib: um das Zwerchfell zu aktivieren, auch das ein Muskel. Input geben, nennen sie das; der Körper möge sich erinnern, damit vielleicht doch wieder ein paar Muskeln ansteuerbar werden. Janosch kann derzeit nur den Schultermuskel bewegen. Sandra legt ihre Hand auf sein Schulter­blatt. „Schieb mich weg, komm, mit Schmackes“, sagt sie, „guuut.“ 

Tobias lernt da bereits zu trinken und zu essen. Er klemmt das Glas zwischen den Handballen ein und hebt es hoch – eine wacke­li­ge Angelegenheit, die er nur mit den Schultern ausbalancieren kann. Tobias ist nicht so richtig zufrieden mit sich. „Aber es ist doch erst das zweite Mal“, sagt Ergothe­ra­peutin Monika. Heute gibt es Spinat, Salzkartoffeln, zwei Spiegeleier. Monika biegt einen Löffel und steckt ihn in die Manschette um Tobias’ Hand. Sie stützt seinen Ellen­bogen, und Tobias legt los, er hat Appetit. Monika freut sich: „Da passen gleich mehrere Lektionen in eine Essstunde! Mit dir werd ich bald arbeitslos!“

Janosch dagegen wird satt, ohne gegessen zu haben: per Magensonde, weil er nicht schlucken kann. Am Mittag kommt seine Mutter, für den späten Nachmittag wird Janoschs Freundin er­wartet – wie jeden Tag seit sieben Wochen.

"Wo sind meine Arme", hatte Janosch gefragt, als er aus dem Koma aufwachte

Die Mutter war bei ihm, als er nach zwei Tagen aus dem künstlichen Koma geweckt wurde. „Mama, es ist schön, dass du da bist“, habe Janosch gehaucht und dann gefragt: „Wo sind meine Arme?“ Helga Oehme musste sich zusammenreißen, um das Zittern in ihrer Stimme zu bezwingen: „Deine Arme liegen hier neben deinem Körper und ruhen sich aus von dem Schock.“ Und Janosch: „Ich bin der größte Idiot auf der ganzen Welt.“ Du hörst sofort auf damit, sagte die Mutter, du kannst es nicht rückgängig machen!

Eins müsse sie übrigens klarstellen, sagt Helga Oehme auf einem Spaziergang durch die Klinikgrünanlage: Sie sei 71 Jahre alt und nicht die leibliche Mutter von Janosch. Janosch sei der Enkel ihres Mannes. Weil es Janosch in den ersten Lebensmo­naten nicht gut ergangen sei, hätten sie ihn zu sich genommen. „Und wir beide haben eine fantastische Wahlverwandtschaft!“

Ihr Mann muss weinen, wenn er Janosch so sieht. Er kommt seltener. Dafür übernimmt er große Teile der Hausarbeit, erledigt den Papierkram und plant den Umbau des Hauses.

Bestimmt ist die Lähmung nur vorübergehend!

Und er schützte sie, als sie endlich mal wieder in der Kirche waren und gleich einige Bekannte „mit Leidensmiene“ auf sie zueilten. „Stopp“, sagte ihr Mann und hob die Hände, „wir können nicht auch noch mit eurem Kummer fertig werden. Fragt unsere Freundin.“ Nur die beste Freundin wusste alles. Sie wiederum informierte sechs befreundete Paare. Die brachten Essen, nahmen die Eltern in den Arm, aber stellten keine Fragen. Was hätten die Eltern auch sagen sollen. Querschnittgelähmt, das kann doch gar nicht sein, das ist bestimmt nur vorübergehend! 

Und tatsächlich, Anfang August geht es voran: Janosch flüstert. Zwei Monate konnte er nur hauchen, „wo ich doch so kommunikativ bin!“ Vor allem kann er jetzt – nach langem Training mit dem Logopäden – wieder schlucken. Tobias war Zeuge des Testlaufs: „Sie hatten das Getränk blau eingefärbt, und dann, als sie die Lunge abgesaugt haben, war nichts Blaues dabei! Das hat mich so gefreut, wie ein eigener Erfolg. Die ganze Zeit keinen Geschmack im Mund haben, ätzend!“ Der erste Kaffee seit zwei Monaten, die Pflegekräfte schreiben das Ereignis groß auf das Whiteboard im Zimmer. Janosch spürt Rückenwind. „Bei Tobi ging es rasend voran, und bei mir tat sich gar nichts, aber jetzt mache auch ich Fortschritte!“

In der Woche darauf, Pastor Brems geht gerade über die Station, sieht er Mutter und Sohn weinend in einer Flurnische. Was ist passiert? Die Ergotherapeutin war da, um die Wohnsituation zu besprechen, erzählt Janoschs Mutter. Janosch brauche einen Toilettenstuhl. Dann habe die Therapeutin aus dem Flur einen reingefahren und neben Janosch gestellt: Das ist ein Toilettenstuhl. Janosch findet, man müsse ihm nicht „so brutal um die Ohren hauen“, dass er nicht nur ein bisschen behindert nach Hause kommen wird.

Die Wohnberatung ist ein heikler Punkt, Pastor Brems beobachtet das oft. Die Wohnsituation muss immer früher besprochen werden, weil die Kassen den Klinikaufenthalt von Querschnitt­gelähmten immer weiter kürzen. Doch viele Patienten denken da noch jeden Morgen: Vielleicht ist über Nacht ein Wunder geschehen! Erst nach ein paar Monaten hätten sie einen realistischeren Blick. Aber die Hoffnung bleibe. „Und es ist so wichtig, das Fens­ter zur Hoffnung nicht zuzuschlagen“, sagt der Seelsorger.

Bloß kein E-Rolli! Der wahre Luxus ist ein mechanischer Rollstuhl

Knapp drei Monate nach dem Unfall: Janosch ist gut gelaunt und flüstert wie ein Wasserfall. Um seinen Rollstuhl ­stehen die Mutter, die Freundin, die Mutter der Freundin. Die Krankenschwester hat Janosch raspelkurze Haare geschnitten. Was sei er froh, dass er nun endlich wisse, dass er keinen Eierkopf habe, hinten platt, oben lang!
Die Freundin hält ihm ein Glas Wasser mit Strohhalm an die Lippen. „Ab heute trinken ohne andicken“, sagt Janosch zufrieden. Andicken war nötig, damit er sich nicht veschluckt. Und vorhin habe ihm die Physiotherapeutin gesagt, wenn er sich weiter so entwickle, könne er bald vom elektrischen in den mechanischen Rollstuhl wechseln. Sich aus eigener Kraft bewegen zu können, sagt Janosch, das sei der wahre Luxus.

Sein wichtigstes Ziel aber hat er nicht aus dem Blick verloren: wieder Gitarre spielen. „Ich hab gleich gemerkt, als die mich aus dem Wasser holten und ich meinen Körper nicht mehr spüren konnte, was passiert war. Deswegen war mein erster Satz: Ich kann nie wieder Gitarre spielen.“ Janosch grinst in die Runde: „Schöne Scheiße.“ Die drei Besucherinnen schauen bedrückt.

Am nächsten Morgen ist Janosch müde, aber fröhlich – Freunde waren bis spät noch zu Besuch. Per Kinnstick steuert er seinen Rollstuhl runter ins Therapiegeschoss. „Wie viel Durchhalte­vermögen ich habe“, flüstert er, „das habe ich erst hier entdeckt.“ Surrend rollt Janosch in die Physiotherapie ein.

Am Eingang wartet Tobias auf seine Therapeutin, er schaut verdrossen. Er hat sich einen multiresistenten Keim eingefangen und ist deshalb verhüllt mit Mundschutz, gelbem Kittel, grüner Haube. „Das lässt dich aber sehr wichtig aussehen“, feixt Janosch. Tobias lächelt schwach. Zur Aufmunterung lässt Janosch seinen Rollstuhl warnblinken und hupen. 

Klar, wenn man sich nicht kratzen kann, juckt es überall

Am Spätnachmittag sitzt Tobias mit seinem Vater auf dem schmalen Balkon vor dem Zimmer. Jürgen Gutzeit, 49, lächelt ­seinen Sohn aufmunternd an. Er erfährt das Neueste: Tobias hat ein Gummihütchen für den Finger bekommen, damit er Buch­seiten umblättern kann; und er lernt jetzt schreiben, er will ja noch Abi machen. Die Ergotherapeutin hat ihm zwei zusammengefügte Ringe für die Finger gebastelt; am Steg dazwischen ist ein Stift mit Gummiband befestigt. Tobias hat linkshändig ein ganzes Blatt vollgeschrieben: eine Zeile c, eine Zeile a, eine Zeile s... Darunter eine halbe Unterschrift. Unterschreiben können ist ein Muss. Sein Vater zeigt das Übungsblatt, halb stolz, halb gequält.

Tobias kratzt sich etwas verlegen an der Schläfe, mit den Handballen. Auch eine Errungenschaft. Vorher konnte er sich nur mit dem Arm schlagen. „Und, klar, wenn man nicht kratzen kann, juckt es einen überall.“
Ob er sich noch vergleicht mit den anderen Patienten, die mehr können? Tobias schweigt, knetet mit den Handballen das Taschentuch in seinem Schoß, dann laufen ihm Tränen aus den Augen. „Nein“, sagt er, „jeder ist ein Einzelfall. Und ich komme doch mit meinen Möglichkeiten jetzt relativ gut zurecht.“ Sein Nachbar zum Beispiel, der 84-Jährige, der von der Leiter gestürzt ist, der könne zwar alles Mögliche mit den Armen, aber nur zwei Stunden am Stück sitzen. „Auch schlecht.“

Klinikseelsorger Brems hatte mit Tobias mal über das Sich-Vergleichen gesprochen und ihm die Legende von Rabbi Sussja erzählt. Der nämlich sagte, als es ans Sterben ging: „In der kommenden Welt wird man mich nicht fragen: Warum bist du nicht Mose gewesen? Warum nicht Abraham oder Elias? Sondern man wird mich fragen: Warum bist du nicht Sussja gewesen?“

Als Vater Gutzeit das Zimmer verlässt, bricht es aus ihm heraus: dass es immer wieder Rückschritte gibt! Am Anfang die Lungenentzüngung, neulich die Blutung, jetzt der Keim. Immerhin hat er für Tobias mittlerweile ein behindertengerechtes Einzimmerapartment in einem Therapiezentrum gefunden, denn nach Hause kann Tobias nicht mehr, zu viele Treppen. „Tobias ist ein Pflegefall. Wir hoffen im Moment aber noch, dass mehr zurückkommt. Und wenn es in zwei Jahren ist, dass er irgendwie gehen kann!“

Natürlich hat der Vater im Kopf, was man ihm im Querschnittgelähmtenzentrum gesagt hat: „Rechnen Sie damit, dass es so bleibt, wie es ist.“ Ja, der Vater rechnet damit. „Und ich denke, dass auch Tobi das als Möglichkeit sieht.“ Der Sohn habe sich mit der Situation arrangiert, aber keineswegs abgefunden! Ehrgeizig sei Tobias, war er schon immer. „Vielleicht nicht immer auf den Gebieten, wo wir Eltern uns das gewünscht hätten.“ Sondern als Computerspieler, Handballer und Gesellschaftstänzer.

Den Angehörigen geht es oft noch schlechter als den Querschnittgelähmten

Wie geht es eigentlich ihm selbst? Jürgen Gutzeit wiegt den Kopf, quetscht noch ein „Mal so, mal so“ heraus, schon springen ihm Tränen aus den Augen. „Entschuldigen Sie“, sagt er und schnäuzt sich ausgiebig. „Es ist schon ein Schlag. Weil man an das denkt, was Tobias entgeht.“ Ihm und seiner Frau helfe vor allem Normalität: die Arbeit und nächste Woche ein Radurlaub.

Recht so, würde Martina Neikes, die Psychologin im Querschnittgelähmtenzentrum, sagen, säße Tobias’ Vater bei ihr im Zimmer in einem der sattorangen Sessel. Den Angehörigen gehe es nämlich oft noch schlechter als den Patienten selbst.

Natürlich sind die Frischverletzten selbst auch traurig, wütend, niedergeschlagen. Gleichzeitig öffne sich bei ihnen eine Art seelischer Airbag, sagt die Psychologin, ein Päckchen voller ungeahnter Kräfte. Die brauchen sie auch, denn es ist ein harter und mühsamer Kampf, eine Querschnittlähmung zu „verarbeiten“. Dabei helfe jede Strategie: mal verleugnen, mal ein konkretes ­Problem angehen, dann wieder sich wegträumen, um verlorene Fähigkeiten trauern, mit schwarzem Humor drüber weglachen...

Drüber weglachen mit schwarzem Humor

Zwei bis fünf Jahre dauere es, bis die Querschnittgelähmten wieder ein Leben haben, mit dem sie zufrieden sind. Zufrieden? Aber ja, sagt Martina Neikes, „wir wissen aus Studien, dass die Lebenszufriedenheit nicht deutlich anders ist als bei Nichtgelähmten“.

Kaum zu glauben. Das soll der Autor dieser Studien schon selbst sagen. Der Schweizer Peter Lude ist hoch querschnittgelähmt, seit er mit 19 an einer zu seichten Stelle ins Mittelmeer gesprungen ist. Mittlerweile ist er 47, verheiratet, promoviert, Psychotherapeut. Er kann seine Handgelenke nicht bewegen, aber Auto fahren. Gerade kommt er aus Zürich, wo er an der Uni über Rehabilitationspsychologie lehrt.

Am Telefon also Peter Lude. Die Suizidrate? Eher unterdurchschnittlich, sagt er. „Okay“, er lacht, „mir können Sie den Revolver nebendran legen, da liegt er morgen noch, ich käme ja gar nicht ran.“ Ja, manche Gelähmte nehmen sich das Leben, aber manche „Fußgänger“ auch, oder? Manche zerbrechen an ihrem Schicksal, aber die meisten schaffen es, sagt Lude.

Auch Fußgänger können grottenschlechte Laune haben

Er habe damals, im Krankenhaus, gedacht: Jetzt erst recht. Diesen Willen und diese Fähigkeit zum Überleben hat er später den Airbag genannt. Und weil er wissen wollte, ob das nur ihm so ging, befragte er als Wissenschaftler Frischverletzte zwei Wochen nach ihrem Unfall: ob sie in der Lage seien, gute oder sehr gute Gefühle erleben zu können? „Na, was meinen Sie, wie viele Ja sagten?“ Es waren 97 Prozent. „Die innere Lebendigkeit hört nicht auf.“

Natürlich sei es schwer, eine neue Identität zu entwickeln. „Ich dachte zum Beispiel: Könnte ich laufen, wäre ich dauernd guter Laune.“ Dann kam eines Morgens eine Krankenschwester extrem schlecht gelaunt in sein Zimmer. Und Peter Lude stellte fest: Ach so, die Befindlichkeit hängt gar nicht direkt vom Gehenkönnen ab. „Aber auf die Idee muss man erst mal kommen!“

Die Heiterkeit von Peter Lude ist ansteckend. „Klar, der Zustand ist eine Karikatur“, sagt er, schon dass man um jeden Schluck Wasser bitten müsse. Dass einen dieser Körper die ganze Zeit irgendwie ärgere und man trotzdem gut für ihn sorgen müsse. Das überlebe man nur mit der Leichtigkeit, nicht mit dem Blick auf die Tragik, auf das Schwere. „Das Schwere in eine gewisse Leichtigkeit zu verwandeln, ist eine Kunst.“ Aber nicht unmöglich.

Tobias hat schlecht geschlafen. Diese Hitze! Er kann nicht mehr schwitzen, ein Nebeneffekt der hohen Lähmung. Jetzt sitzt er auf dem morgendlich kühlen Balkon und ist trübsinnig. Was hatte der Vater erzählt? Dass Tobias zuletzt noch das goldene Tanzabzeichen gemacht habe. Stimmt, einen Tag vor dem Unfall, Tobias wird munter: „Mit zwei Fehlerpunkten, Schande über mich!“ Ausgerechnet seinen Lieblingstanz habe er versaut, den Quickstep. Er war der beste Tänzer im Kurs, danach hätte er wohl mit dem Turniertanz angefangen. „Das wird in nächster Zeit eher nichts.“ Er grinst.

Tobias ist mittlerweile froh, dass er noch am Leben ist

Tobias weiß nicht, wie das Mädchen heißt, das ihn so umsichtig am Strand gelagert hatte: die Beine noch im Wasser, das Gesicht nach unten auf einem Handtuch. Er würde sich gern bedanken. „Denn inzwischen bin ich froh, dass ich noch am Leben bin. Ich kann auch so viel machen. Dass ich irgendwann wieder gehen werde, ist eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.“

Sein nächstes Ziel: mit möglichst wenig Fremdhilfe vom Bett in den Rollstuhl zu kommen und umgekehrt; er würde gern nur noch eine Person brauchen, die ihm das Rutschbrett unters Gesäß schiebt. Ein ehrgeiziges Ziel, wenn man keine funktionierenden Armstrecker hat. „Aber Tobias ist unermüdlich“, sagt Physiothera­peutin Nicole beim Training am Nachmittag. Und ein Bewegungswunder: Um sich mit gestreckten Armen abstützen zu können, schleudert er die Arme, bis sie gerade sind. „Alles Fake-Bewegungen“, sagt Tobias, endlich doch ein klein wenig stolz.

Dass er ab fünf Uhr nachmittags hundemüde ist und dann nur noch mit Hilfe des elektrischen Lifters ins Bett kommt, dass er fast jeden Morgen mit höllischem Schultermuskelkater aufwacht, steht auf einem anderen Blatt. Hauptsache, er darf endlich mit dem Rollitraining anfangen! So wie die anderen.

Bei denen nimmt gerade Chefarzt Roland Thietje, 48, die ­wöchentliche Parade in der Sporthalle ab. Rund um ihn ein munteres Gewusel: Hier üben welche Schlangen fahren um Hindernisse, dort lupfen welche ihren Rollstuhl vorne an, um über quergelegte Seile zu kommen. Auffallend viele Ältere sind dabei. Ja, sagt Thietje, ohne die Patienten aus dem Blick zu lassen, auch ein Tumor, ein Schlaganfall oder ein Abszess kann eine Querschnittlähmung verursachen.

Nach der Vorstellung eilt der ­Klinikleiter mit großen Schritten zurück in sein Büro. Perserteppich, komfortabler Sessel – Thietje verbringt hier viel Zeit. Rund 200 Frischverletzte werden jedes Jahr im Querschnittgelähmtenzentrum aufgenommen. Sie bleiben viele Monate. Auch nach der Entlassung kommen sie ihr Leben lang immer wieder ins Krankenhaus. Zum Beispiel wegen Druckgeschwüren bis auf die Knochen, weil sie zu lange auf einer Stelle saßen und nicht spürten, dass Haut und Weichteile nicht mehr durchblutet wurden. Oder wegen der „neuen Toiletten­situation“, wie Janosch es nennt.

"Die neue Toilettensituation"

Der Laie sehe nur das Nicht-gehen-Können, sagt der Chefarzt, entscheidend für die Lebensqualität sei aber die Lähmung von Blase und Darm. „Man will doch niemanden mit Gerüchen be­lässtigen!“ Damit die Gelähmten wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, ringen sie im Krankenhaus um das richtige „Darm- und Blasenmanagement“.

Aber dann geht viel, sagt der Arzt. Er kennt einen Hochgelähmten, der nicht mal mit der Schulter zucken kann – der arbeite jetzt, ein Jahr nach dem Unfall, wieder halbtags im Beratungsbereich. Bitter aber findet Thietje die Bücher von Menschen, die das extrem seltene Glück hatten, wieder gehen zu können, und die nun behaupten, das sei alles nur eine Frage des Willens.

Der Chefarzt, selbst überaus nüchtern, legt Wert darauf, dass man im Haus miteinander lacht, dass es familiär zugeht. Personal aber findet er nicht leicht. Manche sind schnell wieder weg, weil sie es zu furchtbar finden: nur Patienten, die gerade die tiefste Krise ihres Lebens erleben. Für die besonders belastenden Situationen habe er den Seelsorger, „einer der wertvollsten Mitarbeiter“. Eine Art Libero, mit dem man ganz normal reden, den man aber auch auf die Grundfragen des Lebens ansprechen kann.

Vier Monate nach dem Unfall, Mutter Oehme erzählt schnell das Neueste am Telefon, bevor sie zum täglichen Besuch aufbricht: Janosch ist jetzt auch auf der Rehastation, wieder mit Tobias zusammen, in einem Viererzimmer. Er sei in letzter Zeit oft niedergeschlagen. Neulich sagte er: „Ich will nicht mehr behindert sein.“ Wenn sie komme, halte sie ihn manchmal eine halbe Stunde umarmt. Richte sie sich auf, weil ihr der Rücken wehtut, sage Janosch: „Weiter, Mama.“

Rollstuhl-Rugby wär' nicht schlecht

Sie bringt ihm Essen mit, Pfannkuchen mit Pflaumenmus zum Beispiel. Aber Janosch nimmt nicht zu, an die 25 Kilo hat er seit dem Unfall verloren. Voluminös lässt ihn nur sein Stützkorsett aussehen. Jüngst war sie beim Waschen dabei und war erschüttert: „Mein Kind sieht aus wie eine Marionette ohne Fäden.“

Und Vater Gutzeit mailt: Tobias hat jetzt viel mehr Kraft in den Muskeln, die ihm zur Verfügung stehen. Er trainiere fleißig. Bald soll er mithilfe eines Spracherkennungsprogramms den Com­puter steuern lernen, damit er auch längere Texte schreiben kann. Allerdings müsse er immer wieder ganze Tage im Bett bleiben, wegen Personalmangels. Dann fallen auch die Therapien aus. Der Vater will einen Brief an die Klinikleitung schreiben.

Es ist Oktober geworden, viereinhalb Monate liegt der Unfall zurück, Janosch und Tobias sitzen nebeneinander im Rollstuhl und warten. Man warte hier immer, sagen sie ergeben. Aufs Essen, auf die Therapie, auf die Chefarztvisite... Janosch führt seinen neuen „Helfarm“ vor: Sein linker Arm hängt in Schlaufen an einer Stange, an deren anderen Ende schwebt ein Gewicht. Das ver­stärkt seine schwachen Bewegungen. Tobias zieht dran, schon saust Janoschs Arm nach oben.

Sie würden so gern wieder Sport machen! Janosch seufzt, für sich sehe er da noch nichts. „Cheerleader geht immer“, flachst Tobias. Neulich traten die Berufsgruppen im Krankenhaus zum Volleyballturnier gegeneinander an, die Querschnittgelähmten sahen zu und bekamen Pompons zum Wedeln. Tobias sieht sich als Spieler im Rollstuhlrugby, eigens für Hochgelähmte ent­wickelt, mit kollisionstauglichen Rollis. Dafür malt Janosch sich aus, wie er nach der Entlassung ungestraft die Leute in der Fußgängerzone beschimpfen kann. „Denn einen Krüppel schlägt man nicht!“ Die beiden kichern haltlos.

Wahre Freunde

Entlassung, dieses Wort taucht nun öfter in ihren Gesprächen auf. Nichts, worauf sie sich freuen. „Hier ist man geborgen und sicher“, sagt Tobias, „alle hier haben Ahnung, egal, was passiert.“ Und dann das hoch spezialisierte Team in der Pflege, Logo-, Ergo- und Physiotherapie. „Draußen“ sind solche Leute nicht leicht zu finden.

Doch Chefarzt Thietje plant bereits die Entlassung. Jeder Tag im Krankenhaus inklusive der Therapien kostet 690 Euro. Be­zahlten die Kassen 2007 bei Hochgelähmten wie Janosch und ­Tobias noch neun Monate Krankenhaus, sind es jetzt im Schnitt nur noch sechs Monate. „Entlassen wird“, sagt Thietje, „wenn es keine Therapieziele mehr gibt, die man in vertretbarer Zeit er­reichen kann.“

Janosch und Tobias haben noch viele Ziele. Janosch würde zum Beispiel gern lernen, laut zu sprechen, selber zu essen, den Computer zu bedienen. Und Tobias will sich unbedingt alle sechs Stunden selbst katheterisieren können – dazu muss er mit den Handballen einen dünnen Schlauch in die Harnröhre schieben. Schon mit Fingern ist das Filigranarbeit.

Immerhin weiß Tobias jetzt, dass ihm seine Freunde und Freundinnen auch „draußen“ erhalten bleiben werden. Neulich sagten sie: „Du kannst dich schon mal darauf einstellen, dass wir dich jeden Abend zum Feiern verschleppen werden, und wenn wir dich zwei Treppen...“ Janosch fällt ein: „...runterschubsen müssen“. Sie grinsen. Ja, es sei schon fast ein Wunder, dass sie sich befreundet haben, wo doch Janosch auf Rock und „richtig brutalen Death Metal“ steht, Tobias dagegen auf House und Elektro. „Rock höre ich schon seit sechs Jahren nicht mehr“, sagt Tobias leicht herablassend, „aber ich bin tolerant.“

Am Nachmittag sitzt Tobias in der Turnhalle vor dem Oberarm-Ergometer und kurbelt hochzufrieden und mit roten Wangen vor sich hin. Er habe noch mehr Kampfgeist als früher, sagt er. Am Tresen holt er sich einen Becher Sprudel, jetzt noch das Rolli­training, das zweite Mal erst. Tobias gibt sich die Kante. Zwei ­Schübe und bremsen, ruft die Trainerin. Rückwärts! Drehen! Bremsen! Tobias schaut immer frustrierter. Von den anderen in der Gruppe ist keiner so hochgelähmt wie er, alle können das Greifrad packen, um zu bremsen, er kann nur die Handballen drauf­drücken. Tempo hat er trotzdem: indem er den Kopf nach rechts und links wiegt und so Schwung holt. Tänzerisch schaut das aus.

Tobias hat jetzt eine Freundin

Fünf Uhr, nur noch den langen Gang von der Turnhalle zu den Aufzügen kurbeln, dann hat er’s für heute geschafft. Die Infoveranstaltungen neulich waren gut, erzählt er. Er hat erfahren, dass er Kinder zeugen kann. Dass es Wege gebe, Samen zu ge­winnen. „Das hat mich sehr erleichtert.“ Tobias hat jetzt eine Freundin. „Man kannte sich schon vorher“, sagt er, aber jetzt einig­ten sie sich darauf, dass sie eine Woche vor dem Unfall ein Liebespaar geworden sind. Mehr sagt er nicht dazu. Geheimnis.

Der nächste Tag beginnt nicht gut: Tobias und Janosch werden nicht aus den Betten geholt, das Pflegeteam schafft es heute einfach nicht. Damit fallen auch die Therapien flach. Tobias hat Kopfhörer auf, er will möglichst wenig mitkriegen von diesem Tag.

Janosch hat die Augen offen. Er flüstert: „Ich bin gefühlt am Arsch.“ Das solle man aber nicht schreiben, zu unfein, er lächelt kurz. „Es wird nicht leichter von Tag zu Tag. Mit Müh und Not kann ich eine E-Mail schreiben, mit dem Knöchel des kleinen Fingers, aber ich reiche nicht an die Senden-Taste. Es wird nicht besser, und es sind schon viereinhalb Monate vergangen.“ Er hat mittlerweile beides im Kopf: dass es noch mal besser wird. Und dass es so bleibt, wie es ist. „Ich würde sehr gerne wieder Gitarre spielen, aber so, wie es jetzt aussieht...“

Der Pastor kann sich vorstellen, wie es Janosch gerade geht. Michael Brems sitzt in der Personalkantine am Fenster, er zeigt mit der Gabel auf die Scheibe und sagt: „Das Bild ist schief, aber manchmal denke ich, es ist, wie wenn die ganze Scheibe rausgefallen ist, nur rechts unten in der Ecke stecken noch ein paar Splitter im Rahmen. Und da gucken alle hin und sagen: ‚Mensch, du kannst wieder Kaffee trinken! Sprechen! Schlucken!‘“ Ja, aber eigentlich seien das Selbstverständlichkeiten, ohne die man nicht leben könne.

"Ich verlass ihn doch nicht, nur weil er körperlich nicht mehr fit ist!"

Am frühen Abend kommt Janoschs Freundin Viktoria, 23, von ihrer Grafikausbildung. Sie streicht Janosch mit der Hand über die Stirn und schaut ihn liebevoll an. Seit fünf Jahren sind die beiden ein Paar.

Als Viktoria per SMS vom Unfall erfuhr, war ihre größte Sorge, dass er schwer am Kopf verletzt sein könnte. „Dass Janosch ein anderer ist, damit hätte ich, glaube ich, nicht umgehen können. Aber nur weil er körperlich nicht mehr fit ist, verlass ich ihn doch nicht!“ Als Janosch endlich flüstern konnte, habe er sie gefragt: „Was wird aus uns?“ Viktoria antwortete: „Wieso? Was vorher auch geplant war: Wir heiraten irgendwann, und irgendwann kriegen wir Kinder.“

Bevor Viktoria ihm heute Abend das Essen anreicht, muss Janosch aber noch was loswerden: über Freundschaft und Solidarität. Jeden Donnerstag besucht ihn der beste Freund, jeden Sonntag die Band und montags die Skatrunde. Und als er nur Brei essen durfte, hätten sich seine Skatfreunde was zu essen mitgebracht – jeder ein Menü aus Pommes, Cheeseburger und Cola, und zwar püriert. „Und das Beste war“, Janosch grinst breit, „dass alle einen Schluck nahmen und dann beschlossen: Das ist unmenschlich.“

"Wer bin ich denn jetzt noch?"

Wie hat er über diese Frage gegrübelt: Wer bin ich denn jetzt noch? Heute sagt er: „Ich bin immer noch ich.“ Der Freundin, der Mutter, den Freunden war immer klar: Janosch ist immer noch Janosch. Er selbst konnte es erst allmählich erkennen.

Anfang Dezember stehen die Entlassungstermine fest: ­Tobias noch vor Weihnachten, Janosch gleich im neuen Jahr. Die Eltern von Tobias üben mit der Ergotherapeutin, wie man Tobias ins Auto bekommt. Sie wollen mit ihm Möbel kaufen fahren, für sein neues Zuhause. Tobias hat Muffensausen. Aber anschließend loben sich alle gegenseitig.

Derweil lernt Janoschs Mutter das Katheterisieren. Heikel, das weiß Helga Oehme. Sie werde sich eine weiße Schürze umbinden, um den Rollenwechsel zur Pflegerin deutlich zu machen. Sie will dem Sohn eben ermöglichen, dass er auch mal spät abends noch was vorhaben kann, dann, wenn der Pflegedienst längst weg ist.

Janosch ist ein wenig bang: zurück ins Elternhaus, auch wenn es nur vorübergehend sein soll. Er war doch gerade erst ausgezogen. Aber er freut sich auf mehr Freiheit, nach sieben Monaten, in denen er seinen Tagesablauf „nicht im Geringsten“ selbst habe bestimmen können. Und er hofft auf einen Entwicklungsschub. „Ich gehe davon aus, dass ich noch viel, viel schaffen werde. Auch wenn die Ärzte meinen, dass das unwahrscheinlich ist. Ich muss davon ausgehen!“

Und der Pastor hat irgendwann noch Zeit gefunden, einen Aufsatz für eine Reha-Zeitschrift zu schreiben, „über die Würde des Fragments“. Doch, die gebe es! Dass sich auch aus Bruchstücken noch immer ein sinnerfülltes Leben bauen lässt, darauf wette er, bei jedem Patienten.

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also ich finde das erstaunenswert wie die beiden mit der Querschnittslähmung umgehen und das das erreichen wollen und den Willen haben das zu schaffen was sie sich vor dem Unfall vorgenommen hatten, finde das sehr beeindruckend und wie sie mit der Querschnittslähmung umgehen.

Ich hoffe das die beiden noch weitere Ziele schaffen die sie sich vorgenommen haben. Und das sie daran glauben das die Lähmung irgendwas besser wird.

Ich finde es auch gut das beide sich nicht aufgeben und das sie ihr leben trotzdem weiter leben. Das sie ihre Träume verwirklichen wollen finde ich sehr mutig, aber sie sollen sich nicht beirren lassen. Es gibt heute so viele Wege und Möglichkeiten um Träume zu ermöglichen die man hat.

In diesem Sinne

Einen lieben Gruß an euch beide

Janosch und Tobias

p.s. macht weiter so wie bisher, bin stolz auf euch

gruß

sagt Annika

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Ich,,als Mutter von Janosch Freund ,möchte mich bei euch für diesen sehr einfühlsamen Artikel bedanken. Eines lehrt mich Janosch Schicksal fast täglich:wenn ich vor irgendeinem Problem stehe, verliert neben dieser Geschichte sofort an Bedeutung. Ich weiss dann,es gibt für alles einen Weg und Janosch erfährt seid seinem Unfall,was für Freunde,er hat, wie tief und wie weit Freundschaft und Liebe geht und das es tatsächlich möglich ist, Leid gemeinsam zu tragen. Ich spreche wohl für viele,wenn ich sage: " Jungs,denkt daran, zu jeder Zeit ist immer jemandbei euch"!
Ich hoffe,das gibt euch die Kraft und die Zuversicht,die ihr für euren Weg braucht.

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Als ein enger Freund von Tobi hat mich dieser Artikel sehr berührt.
An vielen Stellen hab ich schon grinsen müssen, da ich die beiden im Krankenhaus mit ihrem beständigen Humor mehrmals erleben konnte, an aber deutlich mehr Stellen hat mich der Artikel sehr ergriffen.
Ich finde es unglaublich, wie Tobi und Janosch ihren Willen aufrecht erhalten, Fortschritte zu machen und war vor allem jedes mal total erfreut, wenn ich Tobi besucht habe und er mir stolz diese gezeigt hat. Wenn man sich jetzt mit ihm trifft (und auch im Krankenhaus war das schon oft so) hat man überhaupt nicht das Gefühl, das sich an ihm etwas geändert hat; wir lachen immer noch über die alten Geschichten und Späße, der Umgangston ist nach wie vor ironisch, aber immer herzlich.
Ich wünsche euch beiden weiterhin alles Gute auf eurem Weg.
Gruß Timo

Ich möchte Christine Holch für diesen Artikel danken. Selten liest man eine Reportage, die so sachkundig und gleichzeitig mit viel Einfühlungsvermögen geschrieben ist. Als Mutter von zwei Kindern Anfang zwanzig kamen mir beim Lesen öfters die Tränen. Ich wünsche den beiden tapferen jungen Männern und ihren Angehörigen, dass sie, von Liebe getragen, ihren Weg weiter machen können.

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Hut ab vor Janosch, Tobias, ihren Eltern & Familen und ihren Freundinnen!

Zu sehen, dass Janosch lacht, ist das Beste, was ich aus diesem Artikel erfahren habe!
Nach wie vor kommen mir die Tränen, wenn ich an ihn und seine Eltern denke. Auch, als ich die Reportage gelesen habe, aber ich freu mich unendlich über jeden Fortschritt, dass er mit Hilfe sitzen kann, dass er alleine Atmen kann, dass er sich fast alleine fortbewegen kann.

Lieber Janosch, liebe Tante Helga, lieber Onkel Helge, liebe Vicky (unbekannterweise),
ich denke sehr oft an euch und wie es euch gehen mag.
Jetzt habe ich einen kleinen Einblick und kann es nicht ausdrücken, welchen Respekt ich vor euch habe. Wie ihr das alles angeht, dass Vicky geblieben ist.
Ich verbeuge mich zu tiefst vor Euch!

Ich Drücke beiden Jungs kräftigst die Daumen, dass es weiter bergauf geht!
Dass ihr Wünsche - Abitur für Tobias, Ausbildung fertig machen und Gitarre spielen für Janosch - in Erfüllung gehen.

Danke für diese Reportage!
Liebe Grüße und viel Kraft schickt euch
Gabriele (Cousine von Janosch)

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Bei mir entwickelte es sich innerhalb der Familie entgegengesetzt. Mein Bruder drängte alle auf meine gegnerische Seite. Er wollte, dass ich meine liebe Frau verlasse. Die mir echt gut half. Sie hätte "angeblich" was mit einem anderen Mann. Ich bin 7 m die Leiter runtergefallen. War links kpl. gelähmt. Konnte nicht sprechen. Ich benötigte ca. 15 Jahre bis ich wieder motorisch relativ fit war. Geistig war ich es schon nach 6 Monaten wieder. Ich war halt auf den Kopf gefallen. Das erzählte mein Bruder auch meinen Freunden und Bekannten. Ich war 3 Wochen im Koma. Im Rollstuhl wurde ich wach. Ich träumte wie ihr immer davon so fit wie vor dem Unfall zu werden. Plötzlich weiß man alles zu schätzen. Alles was normal war, wird ein unbezahlbares Gut. Ich wurde durch meine sportliche Konstitution vor dem Unfall und meiner Intelligenz wieder Schritt für Schritt gesunder. Und schlauer insbesondere des Körpers mit Funktionen etc. Der Kranke kümmert sich mehr um seinen Körper. Früher wahrscheinlich auch. Solche mysteriöse Dinge wurden gelesen und bestaunt und beendet. Ich habe mir bei eigener Krankengymnstik Ende 2009 den Atlas Halswirbel verdreht. Das entdeckte ich persönlich. Ich war ca. 7 Monate Erkältet deshalb. Keiner konnte mir helfen. Ich wurde immer heiserer. Ich hörte immer schlechter. Das kommt alles von den Wirbelverschiebungen. Denn wenn der obere Schräg steht, dreht sich der unterste in Gegenrichtung zur Kompensation. Und alle andren Wirbel passen sie bis unten langsam an. Nach 7 Monaten konnte ich kaum noch gehen. Ich konnte Ende 2009 alles wieder recht gut. Leichte Koordinationsprobleme hatte ich noch. Heute weiß ich, dass ich diese Restbehinderungen noch hatte, weil der Atlas Halswirbel schon nach dem Sturz schief war. Er wurde nicht gerichtet. Das erkennt die Krankenkasse nicht an, da keine Studie darüber geschrieben wurde. Ich entdeckte aber nachdem er von Atlas Profs gerichtet wurde, dass ich so fit wie vor dem Unfall werde. Das geht dann automatisch, wenn an den Wirbeln kein mechanischer Schaden vorliegt. In den ersten 6 Monaten nach dem richten passiert eine Menge "spürbares. Spürbar sind Dinge, Funktionen, die stärker behindern. Kleine Erfolge nimmt man nicht sehr wahr. Nur wenn man daran denkt und sich dann wundert dass es funktioniert. Ich schrieb zu meinem Übel Tagesberichte meiner Besserungen. Ich Idiot gab diese meinem behandelnden Chiropraktiker.
Er sagte, dass alles geschriebene zum Atlas stimmt. Er wollte mich mit Akupunktur unterstützen. Die Vorgänge zur Rehabilitierung durchs Rückenmark und zu den Muskeln und Organen usw. beschleunigen. Was ich nicht ahnte war, dass er mir heimlich diclofenac injizierte. Zu anfangs sagte er mir, dass er mir ein Muskel Entspannendes Mittel homöopathischer Art spritzt. Ich vertraute ihm. Da ich ihn vom Fitness Sport 1982 ca. kannte. Wir sind Kumpel, sagte er immer. Er spritzte mich "absichtlich" zum Krüppel. Nieren, Leber,.... usw. Ich war selbstständiger Handwerksmeister. Nun habe ich gesetzliche Betreuung. Mein Bruder und meine Schwester behalten alle Sachen und Werkzeuge und Maschinen aus meiner Werkstatt, die ich räumen mußte. Diese Sachen wollten sie für mich verwahren, bis ich wieder fit bin, oder sie für mich verkaufen. Durch das Medikament diclofenac als Injektion, bekam ich Eine Auto Immunerkrankung der Schilddrüse. Ich war wegen den Spritzen völlig benommen. Das war ich seit Mitte 2010 sehr oft. Ab dato injizierte er mir das Medikament. Ich war am Ende 2012 so fertig, dass ich mich meiner Schwester und meinem Bruder anvertraute. Obwohl sich nach dem Leiterunfall 1996 meine komplette Familie gegen mich wendete. Meine Mutter und mein Vater starben 2004 und 2005. Freunde verlor ich in der Zwischenzeit, da ich mich immer nur um für mich ausführbare Arbeit und um Sport und Körperrehabilitation kümmerte. Mit dem heutigen Wissen würde ich mein Leben mehr LEBEN. Leider hatte ich nach dem Schädel Hirn Trauma keinen Mensch mehr, der mich wieder in das Leben bringt. Das ist zusätzlich noch anders, als ein anderer Körperlicher Schaden, oder ein Rückenmarkschaden etc. Das Gehirn ist die Festplatte. Ich bin nicht wach geworden und habe gefragt: Wo ist mein Handy, meine Auto Schlüssel, meine Kontokarte? Ich wußte nicht wer ich bin und wo ich bin und wo der Ort ist an dem ich bin, wenn man mir ihn sagte.
Der muß alles neu lernen..... Ich konnte alles sehr schnell wieder. Das wichtigste aber war dass man mich wieder in die Gegenwart bringt. Musik, Fußball, Weltneuigkeiten, Stadtneues usw... Das tägliche Leben nimmt man aus dem was man täglich macht. Ich machte immer nur Arbeit, Angebote, Rechnungen, Buchführung, Sport oft alleine.
Ich muß nun besser aufhören damit. Es ist völlig anders als bei Euch.
Ihr müßt den inneren Schweinehund überwinden. Einen Muskel, oder ein Organ bei einer Lähmung zu suchen, ist unglaublich schwer. Ich suchte am Spiegel mein linkes Auge. Ich fand es... Ich spürte es... Ich mußte das rechte Auge bewußt offenreissen, damit ich das linke schließen konnte.
Es war schwerer als 50kg mit einer Hand hochzuheben. Überigens verschwanden nachdem ich den Atlas richten ließ, alle psychomotorischen Blockaden. Die ich noch nach 15 Jahren hatte. Das ist alles wahr!!!!
Gegenwärtig bin ich 51. Nochmal kann ich es nicht schaffen. Ich werde nun von allen Ärzten sofort in die Psycholinie gestuft. Ich konnte etwas beweisen. Da steckte eine sehr große Menge Geld an Medikamenten drin.
Wenn dem Körper alle Kräfte sich selber zu heilen gegeben werden, schafft er alles. Bei Fehlleitungen und Blockaden im Rückenmark-Wirbelsäule, kommen Reizleitungen und Befehle an falscher Stelle an. Oft gibt das chronische Schmerzen wie Migräne, Rheuma usw. Bei mir ief nachdem der Atlas gerichtet wurde alles rund. Sogar die Füße beim laufen.
Mir fehlte zuletzt immer die Kraft. Ich konnte nicht mehr unterscheiden, ob es noch wegen der Atlas Geschichte ist. Jeder Arzt hättte es sofort gemerkt woran es liegt. Auch mein Ciropraktiker wußte es. Aber er wollte, dass ich die Atlas Geschichte nicht beweisen konnte.
Es ist alles wahr.... Lebt alle euer LEBEN. Lasst Euch nicht von der Medikamenten zerstören. Fragt immer euren Körper was ihm gut tut.
Alles gute...

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Grüße chrismon.de
mein Autounfall brachte mir eine linkseitige Hemapirese mit der ich nun leben muss!Nach jahrelangen Aufenthalten in Rehakliniken und Rollstühlen."Freunde" haben mich alle verlassen und Familie d.h. die Verbindung war auch nie gut!Sie taten sehr viel in meiner Rehazeit für mich,
genaugenommen halfen sie so wie sie es für richtig ansahen!
Freunde habe ich keine mehr,so wie mich meine "alten" verließen!
Nur eine Freundschaft zu einer doppelt Schwerbehinderten Frau
wird von mir noch "aufrechterhalten"..........
Chribie