Unsere Leserin fragt:
Zur großen Trauerfeier meines geliebten älteren Bruders war ich eingeladen. Die Urnenbeisetzung sollte ‚im engsten Familienkreis‘ stattfinden – ohne mich. Auf Nachfrage sagte meine Schwägerin, ich könne kommen, wenn ich unbedingt wolle, aber nur allein. Ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet, dass ich als letzte lebende Schwester nicht dazugehöre, und bin nun völlig fertig. Was heißt das denn: engster Familienkreis?
Stefanie Schardien
Stefanie Schardien antwortet:
Das ist gleich doppelt traurig: Dass Sie Ihren Bruder verloren haben und im Trauern zusätzlich belastet sind durch diese familiären Misstöne. Als Pfarrerin habe ich oft erlebt, dass nach einer größeren Trauerfeier zur späteren Urnenbeisetzung sehr wenige Menschen kommen – wie die Verwitweten, Kinder und natürlich auch Geschwister.
Dass die Teilnahme daran ausdrücklich begrenzt wird, habe ich indes noch nicht erlebt. Wenn es eine kirchliche Beisetzung ist, gilt außerdem: Gottesdienstliche Handlungen sind stets öffentlich, ohne Zulassungsbeschränkung. Wenn es nun also keinen anderweitigen Streit zwischen Ihnen gab, kann ich daher nur vorsichtig mutmaßen: Unterscheiden sich möglicherweise Ihre Eindrücke von denen Ihrer Schwägerin, wie nah Ihre familiäre Beziehung und wie wichtig die Herkunftsfamilie war? Womöglich war im Alter der Kontakt zwischen Ihnen nicht mehr ganz so intensiv?
Für Sie als Schwester blieb es aber der geliebte Bruder, weil Sie gemeinsam so viele und prägende Jahre als Kinder und Jugendliche erlebt haben. Wenn Ihnen am Kontakt zur Familie Ihres Bruders gelegen ist: Schreiben Sie Ihrer Schwägerin von Ihrer Unsicherheit nach diesem Erlebnis oder Sie erzählen davon bei einem gemeinsamen Spaziergang zum Grab. Vielleicht hätte sich Ihr Bruder gefreut.