Debatte um allgemeine Dienstpflicht
Stärke zeigen
Deutschland sollte Stärke zeigen, um den Frieden zu wahren. Deshalb kann eine allgemeine Dienstpflicht zielführend sein – solange sie zeitgemäß aufgesetzt wird. Ein Kommentar
Öffentliches Gelöbnis der Bundeswehr, Nürnberg, 07.03.2024
Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr nehmen an einer feierlichen Gelöbniszeremonie teil.
Privat
Erika von Bassewitz
07.04.2025
2Min

Als Trump den Kuschelkurs mit Putin einschlug, war ich gerade in Frankreich. Die Stimmung dort ist eine andere als in Deutschland. Der französische Präsident Emmanuel Macron findet Russland gegenüber klare Worte, bezeichnete ihn etwa als "revisionistischen Imperialisten", während sich Deutschland eher zurückhält. Gleichzeitig sucht Macron nach Verbündeten, die seine Position teilen. Die Wehrpflicht hat Frankreich vor mehr als zwanzig Jahren abgeschafft, noch vor Deutschland.

Dennoch handelt Frankreich aus einer Position der Stärke heraus, denn Paris besitzt Atomwaffen, ebenso wie Großbritannien. Das verleiht diesen Ländern eine andere Position der Stärke als Deutschland. Gemeinsam haben sie eine "Koalition der Willigen" gegründet. Deutschland? Hat bereits 2024 beschlossen, einen Rekordwert von rund 20 Milliarden Euro für die Beschaffung von militärischer Ausrüstung zu investieren, und fast 52 Milliarden Euro in den regulären Verteidigungshaushalt. Weitere Milliarden sollen nun folgen.

Aber wird das reichen? Ich denke nicht. Steht man einem Löwen gegenüber, heißt es, soll man sich groß machen. Bei Menschen funktioniert es ebenso. Tritt man einem Aggressor entschieden gegenüber, kann das bereits reichen, um einen geplanten Angriff zu stoppen. Wenn Deutschland eine allgemeine Dienstpflicht benötigt, um diese Form der Stärke zu zeigen, dann sollte es diese auch geben.

Aber bitte nicht in Form einer Wehrpflicht für alle Volljährigen, wie es sie bis 2011 für alle jungen Männer gegeben hat. Denn wer bitte möchte gerne Freunde und Familie bis zu ein Jahr lang verlassen, um mit Fremden in Mehrbettzimmern zu nächtigen und tagsüber Befehle zu empfangen? Ich jedenfalls nicht, und ich möchte auch niemanden dazu zwingen. Aber eine Grundausbildung, verteilt auf Wochenenden oder übers Jahr verteilte Ausbildungswochen, halte ich für einen guten Kompromiss. Das Erlernte könnte man so auch in späteren Lebensjahren regelmäßig auffrischen.

Dienstpflicht neu denken

Wenn diese Ausbildung verpflichtend wäre, sollte sie es auch für die älteren Jahrgänge sein, nicht nur für die 18-Jährigen. Menschen, die sich neben ihrer Erwerbsarbeit um Kinder, pflegebedürftige Partner oder alte Eltern kümmern, sollten von diesem Dienst ausgenommen werden. In den Lehrgängen sollten alle lernen, wie man mit einer Waffe im Notfall umgeht. Aber niemand sollte gezwungen werden, sie einzusetzen. Sondern jeder und jede sollte bei der Bundeswehr in einem Bereich arbeiten, der ihren Fähigkeiten, Interessen und Überzeugungen am meisten entspricht. Die Truppe benötigt ja nicht nur Gebirgsjäger und Aufklärer, sondern auch Mechaniker, Meteorologen oder Informatiker. Aktuell sucht sie auch Weltraumoffiziere.

So könnte die Bundeswehr die Zahl ihrer Reservisten vervielfachen, ohne die Bürger zum Dienst an der Waffe zwingen zu müssen. Deutschland ist das bevölkerungsreichste Land der Europäischen Union, mehr als 40 Millionen Deutsche sind im wehrpflichtigen Alter zwischen zwanzig und sechzig Jahren. Wenn ein deutscher Kanzler auch nur einen Bruchteil davon hinter sich weiß, kann das Deutschland zu einem selbstbewussten Auftreten verhelfen, das davor bewahrt, gefressen zu werden.

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