Reservisten bei der Bundeswehr
Im Crashkurs Soldat werden
Um 5.15 Uhr aufstehen, körperliche Strapazen, rauer Umgangston: Trotzdem lassen sich immer mehr Menschen bei der Bundeswehr zu Reservisten ausbilden. Warum? Zu Besuch bei einer 24-Tage-Ausbildung
Sabine S. kann sich nach ihrer Reservistenausbildung auch einen Auslandseinsatz vorstellen
Pascal Alius
Privat
19.03.2025
7Min

Gestern haben Stefan L. und Sabine S. zum ersten Mal in ihrem Leben ein Sturmgewehr in der Hand gehalten. Heute liegen sie schon auf einer Bastmatte im Gras, das Gewehr im Anschlag und zielen auf eine Hauswand. Es hat vier Grad, zwischen den Gebäuden weht ein kalter Wind. An der Wand lehnt eine Schießscheibe aus Hartpappe in Form eines Soldaten mit unzähligen Einschusslöchern. Doch geschossen wird heute nicht.

Stefan L. und Sabine S. gehören zu 28 neuen Rekruten, die in der Kaserne Lager Aulenbach bei Baumholder im rheinland-pfälzischen Hinterland an einem Kurs der Bundeswehr teilnehmen. An diesem Nachmittag lernen sie erst einmal, wie man das Gewehr beim Schießen hält, wie man es zerlegt und auf seine Sicherheit überprüft. Das Besondere daran: Sie alle sind bereits berufstätig, haben zum Teil Kinder und haben den Wehrdienst entweder verweigert oder mussten ihn nie machen. Trotzdem lassen sie sich jetzt freiwillig zu Reservisten ausbilden – in 24 Tagen.

Jahrzehntelang schrumpfte die Bundeswehr. Die Wehrpflicht wurde ausgesetzt, Kasernen wurden geschlossen, Panzer eingemottet. In Europa herrschte Frieden und Deutschland fühlte sich unter dem Schutzschirm der US-Amerikaner sicher. Mit dem Ukraine-Krieg und US-Präsident Donald Trump, der die Nato infrage stellt, hat sich das geändert. Olaf Scholz hat der Bundeswehr 100 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, Friedrich Merz will die Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben lockern. Doch der Bundeswehr fehlt es nicht nur an Material, sondern auch an Soldaten. Unter anderem in der Reserve.

Die Bundeswehr braucht nach eigenen Angaben 60.000 Personen in der Truppenreserve und im Heimatschutz und weitere 30.000 in der aktiven Truppe. Nur die Hälfte dieser Posten ist zurzeit besetzt. Um die Lücke zu schließen, bildet die Bundeswehr inzwischen auch sogenannte Ungediente zu Reservisten aus. Menschen, die bisher keinen Wehrdienst geleistet haben.

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Weitere Informationen zur Reservisten-Ausbildung finden sich auf Ungedient.de. Dort finden sich die wichtigsten Antworten zur Bewerbung und Musterung sowie persönliche Erfahrungsberichte und eine Community, die weitere Fragen beantwortet.

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