H. F. fragt:
Meine 90-jährige Mutter hat Pflegegeld beantragt. Noch versorgt sie sich selbst, neuerdings leidet ihr Kurzzeitgedächtnis. Das Gutachten stellt einige Fähigkeiten schlechter dar, als von uns benannt. Mit Pflegegrad 2 erhält sie monatlich über 300 Euro, steckt das Geld aber nicht in ihre Pflege. Sie spart es. Soll ich mich darüber freuen oder meine Mutter bitten, dass sie es zurückweist? Schließlich ist die Pflegekasse chronisch unterfinanziert.
Stefanie Schardien antwortet:
Menschen von Ihrer rechtschaffenen Art sind ein Gewinn für die Gesellschaft. Das einmal vorweg. Ihr Bauchweh kann ich durchaus nachempfinden: Wie oft hören wir von Fällen, in denen die Unterstützung in der Pflege vorn und hinten nicht reicht und das Gutachten umgekehrt schief erscheint? Wenn es Ihnen und Ihrer Mutter ein Bedürfnis ist, spielen Sie mit offenen Karten: Nehmen Sie Kontakt zur Pflegekasse auf und weisen Sie auf Ihre Zweifel an der Einstufung hin. Dann bekommen Sie Klarheit.
Ansonsten gilt: Pflegebedürftige entscheiden selbst, was mit dem Pflegegeld geschieht. Häufig geben sie es an Angehörige weiter, die auch nur sicherstellen müssen, dass die Pflege gewährleistet wird. Genauer zweckgebunden ist das Pflegegeld nicht. Insofern muss Ihre Mutter das Geld nicht ausgeben. Womöglich möchte sie sparen für Zeiten, in denen sie es "wirklich braucht".
Lesetipp: Wie es ist, die demente Mutter zu pflegen.
Wann das ist, sollten Sie mit Ihrer Mutter regelmäßig besprechen: Prüfen Sie, ob die Selbsteinschätzung Ihrer Mutter und die Außenwahrnehmung übereinstimmen. Denn der Grat zwischen der – für sich begrüßenswerten – Selbstständigkeit im Alter und dem Moment, in dem Hilfe sinnvoll oder sogar dringend notwendig wird, ist schmal. Ein Kind mit Ihrem wachen Blick an der Seite zu haben, wird dann auch für Ihre Mutter ein Gewinn sein.