chrismon: Die meisten Leute machen mal eben eine Überweisung, wenn sie spenden. Aber Sie finden, das Spenden sei eigentlich ein Vollzeitjob, jedenfalls richtig Arbeit. Wieso?
Ise Bosch: Viele halten Spenden für einen Tropfen auf den heißen Stein, für was Nettes, was man halt so macht. Ich sage das mit dem "Vollzeitjob", weil Spenden eigentlich eine ernsthafte Beschäftigung sein sollte, bei der man durchdenkt, was man da macht. Die meisten spenden nur als Reaktion auf Spendenbitten; aber wenn man geplant und fokussiert spendet, zumindest mit einem Teil des eigenen Budgets, erzielt man einen größeren sozialen Effekt.
Na ja, dafür muss man größere Summen übrig haben!
Manchmal braucht es Summen, aber oft ist es vor allem wichtig, dass durchdacht und nachhaltig gespendet wird. Wenn ich zum Beispiel gezielt auf bestimmte Menschen zugehe, erzählen die mir oft, dass noch niemals jemand gekommen ist und dass auch mal 500 Euro toll gewesen wären. Damit können sie natürlich niemanden einstellen, aber das gibt ihnen das Gefühl von Rückhalt. Häufig geht es Organisationen von People of Color so. Die sind häufig klein und haben keine Person, die Fundraising betreiben kann. Da kann auch eine kleinere Spende richtig einen Unterschied machen.
Aber ich hab nicht die Zeit, mich großartig auf die Suche zu machen.
Oh doch! Die Künstliche Intelligenz gibt das her.
ChatGPT?
Zum Beispiel. Ich gebe bei einem Browser mit KI ein: Finde mir Organisationen von People of Color in den östlichen Bundesländern. Dann spuckt er mir welche aus, die ich noch nicht kenne, was weiß ich, eine migrantische Unterstützungsorganisation in einem Stadtteil von Dresden, die gemeinnützig ist. Das geht auch mit anderen Themen. Die Recherche ist nicht lang.
Lesen Sie hier, wie Sie den für Sie richtigen Spendenzweck finden
Gut, dann gebe ich so einer Gruppe mal, und dann?
Dann bleibt man dran. Ein Jahr später nimmt man den Kontakt wieder auf, macht mehr, vielleicht baut man eine Beziehung auf, geht auch mal zu einer Veranstaltung, verfolgt den Wandel mit – und dann fängt es an, Freude zu machen. Nach solchen Spenden denkt man hinterher nicht, ich tue halt ein bisschen was, aber eigentlich glaube ich nicht wirklich dran, das schlechte Gewissen bleibt. Meine Erfahrung ist: Wer näher dran ist am Geschehen, bleibt eher dabei und gibt dann auch mehr.
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Ise Bosch: "Besser spenden! Ein Leitfaden für alle, die sich nachhaltig engagieren", Neuauflage 2021, Verlag Herder, 208 Seiten, 25 Euro.