Ein FAQ zum Spenden
Spenden für Anfänger und Fortgeschrittene
Wofür spenden, was passt zu mir? Hilft auch wenig Geld? Was könnte ich mit viel Geld machen? Und wie spende ich per Testament? Viele Fragen, viele Antworten
Spenden für Anfänger und Fortgeschrittene
Moritz Wienert
Tim Wegner
01.09.2024
7Min

Wieso verschenken Leute Geld?
Vor allem Gefühle wie Empörung, Mitgefühl, Dankbarkeit motivieren Menschen zum Spenden. Dann will man etwas be­wegen. Knapp die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland spendet Geld. In vielen anderen Ländern spenden mehr Menschen, etwa in den Niederlanden.

Wofür könnte ich spenden – jenseits von ­Katastrophen?
Bei Katastrophen und Kriegen spenden viele spontan. Aber wo sonst noch würde mein Geld Sinnvolles be­wirken? Man könnte sich fragen: "Was triggert mich?" Das rät Kai ­Fischer, der zur Spendenmotivation geforscht hat. Also: Was finde ich besonders schwer erträglich? Auch die eigene Lebensgeschichte kann bedeutsam sein für die Entscheidung: Welchen Mangel, welche Ungerechtigkeit habe ich erlebt? Oder: Welche Unterstützung war mir vergönnt, die ich nun auch anderen zukommen lassen will?

Wer passt zu mir?
Ist das Spendenthema gefunden, sucht man Organisationen, die dieses Feld bearbeiten. Dazu könnte man im Internet Kombinationen von Suchwörtern eingeben. Etwa: Spenden – Demokratie – gegen rechts. Oder: Spenden – Mädchen – ­Roma – studieren. Oder man schaut auf den Websites größerer Organisationen nach passen­den Projekten, also etwa bei Brot für die Welt, Oxfam, Plan . . . Und man kann auf der Seite des DZI-Spenden-Siegels nach Ländern oder Themen suchen.

Ich spende an zu viele und habe den Überblick verloren – was jetzt?
Man ist mal hier, mal da einer Bitte um Spenden nachgekommen, hat auf Wunsch eines Geburtstagsjubilars nach irgendwohin gespendet, schon bekommt man von allen regelmäßig Post – und fühlt sich schlecht, weil man nichts mehr gibt. Besser der Organisation schreiben: "Bitte nehmen Sie mich aus Ihrem Verteiler." Und dann konzentriert man sich auf jene, denen man ein verlässlicher Partner sein will.

Wie stelle ich mir ein persönliches "Port­folio" zusammen?
Viele Spender und Spenderinnen betrachten ein paar ­Organisationen als gesetzt. Da geht es oft um interna­tionale humanitäre Hilfe. Dazu nehmen sie vielleicht noch eine Organisation, die sich regional engagiert – ­etwa im Naturschutz. Und noch was Lokales, das kann die ­Kirchengemeinde vor Ort sein oder der Träger von ­mobiler Jugendarbeit in meiner Stadt oder der Schulverein, der Stipendien vergibt. Nur als Beispiel. Und dann reserviert man noch ein gewisses Budget für Unvorhergesehenes.

Lesen Sie hier über eine besondere Spendenstrategie: Gib da, wo niemand gibt

Kann es befreiend sein, sich von einer ­größeren Summe zu trennen?
Ja, überschüssiges Vermögen kann zur Last werden, so erfährt es Spenderberater Kai Dörfner vom diakonischen Unternehmen Eva in Stuttgart häufig. Da wurde vielleicht bei einem Mittsiebziger ein Sparkassenbrief frei, auf einmal sind wieder 10 000 Euro auf dem Konto, und der Mann sagt: "Ich hab keine Lust, dass mich jetzt schon wieder dieser Bankberater anruft und mir was aufschwätzt, ich mach lieber was Sinnvolles mit dem Geld." Für manche sei so eine große Gabe wie die Krönung ihrer Spenderbiografie, sagt Kai Dörfner. Oder jemand will eine Wohnung nicht mehr vermieten und verschenkt sie einfach. Überregionale Organisationen verkaufen geschenkte Wohnungen meist und arbeiten mit dem Erlös, regionale Hilfsorganisationen wie die Eva ­vermieten sie, zum Beispiel an Pflegekräfte, die sich in der Großstadt sonst nichts leisten könnten.

Macht meine Spende die Welt ­wirklich besser?
Die größeren international arbeitenden Hilfsorganisationen messen regelmäßig die Wirkung ihrer Programme. Dazu fragen sie zum Beispiel die Menschen vor Ort: "Wie viele Monate hatten Sie in den vergangenen zwölf ­Monaten genug zu essen?" Bei einem Projekt der Welthungerhilfe in Somaliland verdoppelte sich die Zahl der Monate ohne Hunger von drei auf sechs, ein großer Erfolg. Manchmal verbessert sich aber nichts – bei einem Projekt in Uganda erschwert der Klimawandel den Nahrungsmittelanbau erheblich. Und manchmal lässt sich eine Wirkung schwer messen: Wenn man Menschen über ihre Rechte aufklärt, etwa ihre Landrechte, kann es dauern, bis sie die Rechte auch durchgesetzt kriegen.

Lernen die Organisationen aus Fehlern?
Na klar, ständig wird in der Entwicklungszusammen- arbeit was gelernt, sagt zum Beispiel die Welthungerhilfe. Früher konnten Brunnen oft nicht mehr genutzt werden, sobald ein Teil daran kaputt war. Heute richtet man bereits beim Bau des Brunnens ein Komitee im Dorf ein, das Reparaturen organisiert; vielleicht müssen die Menschen auch einen kleinen Betrag fürs Wasser zahlen, um eine Rücklage zu bilden. Anderes Beispiel: Brot für die Welt unterstützt inzwischen nicht nur Betroffene von Menschen­rechtsverletzungen seelisch und praktisch, sondern auch ihre Anwältinnen und die Freiwilligen, die Prozesse beobachten, etwa in Mexiko oder auf den Philippinen.

Soll ich nur an gemeinnützige ­Empfänger spenden?
Kürzlich wurde dem Blog "Volksverpetzer" vom Finanzamt die Gemeinnützigkeit entzogen. Der Blog entlarvt Des­information und finanziert sich über die Spenden seines Publikums. Das Finanzamt sagte, das sei zu journalistisch, Journalismus stehe nicht in der Liste der als gemeinnützig anerkannten Tätigkeiten. (Dagegen steht dort Schach als gemeinnützig.) Die Kampagnenorganisation Campact gilt bereits seit 2019 nicht mehr als gemeinnützig – weil sie zu politisch ­arbeite. Dank weiter fließender Spenden konnte Campact uneigennützig Anfang 2024 diverse Bündnisse gegen Rechtsextremismus bei deren ­Demos unterstützen, mit fast einer Million Euro, zum Beispiel für Lautsprecher und ­Bühnentechnik. Die alte Liste der gemeinnützigen Zwecke passt nicht zum heutigen Enga­gement vieler ­Menschen, die Ampelkoalition wollte das ändern, hat es bisher aber nicht getan.

Sind die seriös?
Zunächst mal nachgucken auf www.dzi.de, ob die Organisation das Spendensiegel hat. Hat sie sich wenigstens selbst zu Transparenz verpflichtet, hält sie also auf ihrer Homepage bestimmte Selbstauskünfte gut auffindbar bereit? Das schaut man hier nach: www.transparente-zivil­gesellschaft.de. Vielleicht unterstützt auch ein Ministerium – Minis­terien prüfen recht genau, wem sie Geld geben.

Wo bewirkt meine Spende am meisten?
Die junge Spendenplattform www.effektiv-spenden.de empfiehlt nur Projekte, die – wissenschaftlich belegt – pro eingesetztem Euro am meisten Leben retten oder ­verbessern. Nur wenige Projekte genügen dem hohen Anspruch, auch an Messbarkeit, etwa die direkte Geldgabe an extrem Arme oder die Verteilung von Moskitonetzen (Malaria ist eine häufige Todesursache bei Kindern).

Soll ich wirklich einen Jahres­bericht lesen?
Ja, und das ist gar nicht schwer. Ein Jahresbericht ist ja kein reiner Bilanzbericht. Vielmehr berichtet die Organisation, was besondere Herausforderungen ­waren, wie viel man wofür ausgegeben hat. Da erfährt man etwa, ­warum die Seenotrettungstruppe von Sea-Watch.org so hohe Personal­kosten auf den Schiffen hat – weil die deutsche Flagge vorschreibt, dass einige Positionen das ganze Jahr über besetzt sein müssen, auch wenn das Schiff im Hafen liegt, etwa die ­Position der Offizierin oder des Elektrikers.

Vererben für einen guten Zweck, das ist nur was für Kinderlose, oder?
Immer mehr Menschen begünstigen in ­ihrem Testament auch Spenden ­sammelnde Organisationen – und zu­nehmend sind es auch ­Menschen, die Kinder haben, so die Erfahrung vieler, die im Bereich der Testamentsspenden arbeiten. Wenn die erwachsenen Kinder gut gestellt sind, sagen Eltern schon mal: "Die ­Kinder ­bekommen nur den Pflichtteil, ich möchte ­lieber noch mal die Organisation bedenken, der ich schon so lang verbunden bin."

Ich will im Testament spenden, aber auch Paten­kind und Freundin bedenken – wie geht das?
Man könnte schreiben: "Die gemeinnützige Organisation wird meine Alleinerbin. Zugunsten von meinem Patenkind und meiner Freundin ordne ich ein Vermächtnis an. Sie erhalten jeweils einen Geldbetrag in Höhe von . . . Euro." So würde das Fachanwalt Jan Bittler formu­lieren. Wenn man zunächst Ehepartner, -partnerin absichern möchte, kann man ihn/sie zum "befreiten Vorerben" einsetzen, erklärt Bittler: Der Gatte, die Gattin darf den Nachlass für sich nutzen, und nur das, was am Ende übrig ist, geht an die gemeinnützige Organisation.

Hier können Sie all die Tipps von Erbrechtsanwalt Jan Bittler nachlesen

Klingt kompliziert. Wer hilft mir?
Viele gemeinnützige Organisationen bezahlen und ver­mitteln eine anwaltliche Erst­beratung bei einem Fach­anwalt, einer Fachanwältin für Erbrecht. Auch Notariate helfen weiter. Die Ansprechpersonen zum Thema Testamentsspende findet man auf der jeweiligen Homepage oft im Menü "Spenden".

Welche Fehler soll man nicht ­machen?
Nicht schreiben: "Das Theater in Heidelberg soll erben" oder "Mein Erbe soll für die Krebsforschung sein", ­sondern konkrete Namen nennen – welches Theater, welches Forschungs­institut. Denn Krebsforschung machen viele, und Theater gibt es auch mehrere.

Löst eine Spendenorganisation auch meinen Haushalt auf, wenn ich sie als Erbin einsetze?
Ja, das machen mittlerweile viele Spenden­organisationen. Sie kündigen Verträge, versorgen Haustiere, lösen taktvoll den Haushalt auf. Sogar die Bestattung nehmen sie vor – sofern man vorher besprochen hat, wie die gemeinnützige Organisation rechtzeitig vom Tod erfahren könnte.

Ich habe nicht viel Geld – bewirken meine paar Euro überhaupt was?
Aber sicher! Zwei Euro kostet in ärmeren Ländern das ­sterile ­Material für eine Geburt – mit Handschuhen, ­Schere, Faden. Eine Spende von 20 Euro kann also zehn Schwangeren eine Geburt ohne Infektionen ermöglichen, so ein Beispiel von Ärzte ohne Grenzen. Und für 63 Euro kann einer Familie in Bolivien eine Wasserauffanganlage installiert werden, so ein Beispiel von Plan International Deutschland.

Stiften oder spenden? Lesen Sie hier Tipps für die Entscheidung

Eine Stiftung gründen oder besser nicht?

Eine Million Euro klingt viel – aber als Stiftungsvermögen bringt das bei einer jährlichen Rendite von zwei Prozent einen verbrauchbaren Etat von 20 000 Euro. Das reicht, wenn man vor Ort Geldpreise für die vier besten Abi-Abschlüsse vergeben will plus Festakt, aber es reicht nicht, wenn man die Ungleichheit in Deutschland wesentlich vermindern will. Vielleicht besser eine Zustiftung zu ­einer bestehenden Stiftung machen? Auch viele Hilfs­organisationen haben Stiftungen. Oder man unterstützt ein maßgeschneidertes ­Projekt, bei Brot für die Welt ist das ab 10 000 Euro möglich; manchmal kann man sogar über ein eigenes Projekt sprechen, bei der Welthungerhilfe ab 100 000 Euro.

Mehr sorgfältig recherchierte Tipps und besonderes ­Wissen zum Spenden finden Sie unterwww.chrismon.de/spenden