Spender-Biografien
Wie man sich nicht verzettelt
Wie man sich nicht verzettelt beim Spenden. Und wie man sich ein Portfolio zusammenstellt
Spenden: So stellt man sich ein Portfolio zusammen
Moritz Wienert
Tim Wegner
Moritz Wienert
Aktualisiert am 20.06.2024
7Min

chrismon: Ab welchem Alter fangen Menschen zu spenden an?

Kai Dörfner: Jüngere spenden auch schon mal, aber meist geringere Summen. Das verlässlichere Geben fängt später an, ab etwa Mitte 40. Das hat finanzielle wie auch biografische Gründe. Die eigenen Wünsche sind nicht mehr so groß, es bleibt was auf dem Konto übrig, und parallel merkt man: Ich hab schon manchmal auch Glück gehabt. Oder mir wurde mal geholfen, jetzt will ich anderen helfen. Oder ich war im Ausland und habe erkannt, wie gut es mir eigentlich geht. Ich möchte was bewegen, kann aber nicht alles selbst im Ehrenamt machen. Man denkt über die eigene Rolle in der Gesellschaft nach. Es ist eine Gemengelage an Gründen, warum gegeben wird.

Dann spendet man mal hier, mal da und verliert bald den Überblick.

Neulich schrieb mir eine Dame, dass sie an 30 Organisationen spendet und jetzt mal alles aussetzt. Das ist sicher ein Extremfall, aber die meisten, die spenden, sind mit einem guten Dutzend dabei. Da spricht mich ein Aufruf besonders an, dann bittet mich ein Verwandter, zum Geburtstag nichts zu schenken, sondern an eine bestimmte Organisation zu spenden, schon bekomme ich auch von denen regelmäßig Post, denn die Organisationen wollen mich ja binden, damit ich nicht nur einmal spende.

Was kann ich tun, wenn es mir zu viel wird?

Sie könnten sich eine Art Portfolio an Organisationen zusammenstellen, für die sie weiter spenden wollen, weil Sie verlässliche Partnerin sein wollen. Und sich daneben noch so was wie Spenden-"Spielgeld" aufheben, wenn mal was dazwischen kommt. Wenn Ihnen die Entscheidung schwerfällt, machen Sie eine Hierarchie. Sie können es auch so machen wie beim Trauringe-Aussuchen: immer zwei nebeneinanderlegen und dann schauen, welcher gefällt einem besser als der andere. So hat es unser Juwelier damals vor vielen Jahren gemacht, als wir uns gar nicht entscheiden konnten. Also auch gefühlt rangehen: Wofür schlägt mein Herz, wo fühle ich mich mehr hingezogen?

Und dann sage ich den anderen Organisationen, sie sollen mir keine Post mehr schicken?

Genau. "Bitte nehmen Sie mich aus Ihrem Verteiler." Denn sonst kommen die Briefe doch wieder, und man fühlt sich schlecht, weil man nichts spendet. Damit ist ja keinem geholfen.

Wie stelle ich mir so ein Portfolio zusammen?

Ich erfahre in den Gesprächen oft, dass die Menschen ein paar große Organisationen als gesetzt sehen, also zum Beispiel die Christoffel-Blindenmission oder Brot für die Welt.

Da geht es um humanitäre Hilfe international. Jetzt noch Organisationen dazunehmen, die sich in Deutschland engagieren?

Man kann was Regionales dazunehmen wie beispielsweise in Stuttgart die eva oder in Bielefeld Bethel. Und was Lokales, das könnte zum Beispiel die Kirchengemeinde vor Ort sein oder der Naturschutzverein. Ich glaube, dass die Nähe in Zukunft eine große Rolle spielen wird. Vielleicht kennt man das Naturschutzgebiet, in dem die unterwegs sind, oder die machen mobile Jugendarbeit in meinem Viertel, ich komme jetzt wieder sicher nach Hause. Man hat dann das Gefühl, man gibt direkt. Ich glaube, die Nähe ist im Kommen.

Lesen Sie hier über eine besondere Spendenstrategie: Gib denen, denen niemand gibt

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