Spendenorganisationen
Sind die seriös? Kommt mein Geld an?
Bevor man Geld spendet, will man wissen: Kann ich dieser Organisation vertrauen? Hier erfahren Sie, wie man das herausfinden kann
Wie man herausfindet, ob man einer Spendenorganisation vertrauen kann
Moritz Wienert
Tim Wegner
Moritz Wienert
27.06.2024
7Min

Ein Plakat an der Haltestelle oder ein Flyer in der Zeitschrift – irgendetwas daran spricht einen an, man denkt: Da will ich was tun, da will ich spenden. Aber dann die Vertrauensfrage: Ich kenn die nicht, sind die überhaupt seriös? Darin stecken diese Fragen: Kommt mein Geld an? Geht nicht zu viel in Werbung und Verwaltung? Nicht, dass sich da jemand bereichert!

Der erste Check: Haben die das "Spenden-Siegel"?

Das hoch anerkannte "Spenden-Siegel" wird von der Verbraucherschutzorganisation DZI vergeben (Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen) und zwar nur auf Antrag. Jede gemeinnützige Organisation, die bundesweit und regelmäßig Spenden sammelt, kann das Siegel beantragen. Dann wird sie geprüft, jedes Jahr neu. Rund 230 Organisationen tragen aktuell das Siegel. Zum Beispiel Brot für die Welt, Medico international, Deutsche Umwelthilfe, Heinz-Sielmann-Stiftung, Diakonie Katastrophenhilfe. Hier kann man nachschauen, ob eine Organisation das Spenden-Siegel hat. Die Verbraucherberatung des DZI wird finanziert unter anderem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Die haben kein Siegel – und jetzt?

Wird man gar nicht fündig, kann man das DZI hier per Einzelauskunft fragen, denn das DZI hat zu rund 1200 Spenden sammelnden Organisationen Informationen (insgesamt sammeln in Deutschland etwa 2000 bis 3000 Organisationen regelmäßig und überregional Spenden).

Das DZI macht zum Beispiel Basisprüfungen bei Organisationen, zu denen viele Menschen angefragt haben. Für solch eine Basisprüfung schaut sich das DZI unter anderem den Jahresbericht an und kommt im besten Fall zu dieser schwach positiven Einschätzung: "Bei der Durchsicht der vorliegenden Materialien haben sich für das DZI bisher keine kritischen Anhaltspunkte ergeben." Zu den Organisationen, die kein Siegel beantragt haben, aber auch nicht negativ aufgefallen sind, gehören auch so bekannte wie Nabu, Medica mondiale, Die Arche, Greenpeace. Die Kurzauskünfte zu Organisationen findet man über diesen Link.

Warum haben so viele kein Spenden-Siegel?

Erstaunlich, wie viele Organisationen kein Spenden-Siegel beantragt haben, nicht mal so große, bekannte wie Deutscher Tierschutzbund oder Weißer Ring. Vielleicht denken manche: Brauchen wir nicht, man kennt uns. Oder die Organisation möchte mehr als die beim Spenden-Siegel zulässigen 30 Prozent der jährlichen Gesamtausgaben für Werbung und Verwaltung ausgeben? Vielleicht steckt manchmal auch eine deutsche Eigenheit dahinter, wie Burkhard Wilke vermutet, der Leiter der Verbraucherschutzorganisation DZI: "Ich veröffentliche nur das, was ich muss, und nicht das, was sinnvoll ist."

Lesen Sie hier: Darf man mit einer Spende prahlen?

In vielen anderen Ländern schreiben Gesetze eine gewisse Grundtransparenz vor, etwa in Großbritannien oder den USA; auch in den Niederlanden und erst recht in skandinavischen Ländern gebe es eine viel größere Bereitschaft, der Öffentlichkeit (den Spendern und Spenderinnen!) Informationen zur Verfügung zu stellen, sagt Wilke. Aber natürlich sei eine Spendenorganisation ohne Spenden-Siegel nicht automatisch unseriös.

Ist das Spenden-Siegel denn so teuer?

Nein, das Antragsverfahren sei nicht teuer, sagt Wilke, auch die jährliche Folgeprüfung nicht. Das könnten sich auch nicht nur die Großen leisten, ein Drittel der Siegel-Organisationen nehme weniger als eine halbe Million Euro im Jahr ein. Kostenbeispiel: Wer Gesamteinnahmen von 100.000 Euro hat, zahlt für die jährliche Prüfung 642,60 Euro. Hier kann sich jede Organisation die Kosten ausrechnen lassen.

Was checkt das DZI-Spenden-Siegel?

Das Siegel prüft zum Beispiel die "wirksame, wirtschaftliche und sparsame" Verwendung der Spenden. Auch transparente Gehälter der Mitarbeitenden sind wichtig. Und Details wie dieses werden gecheckt: Wie verhindert eine Kinderpatenschaftenorganisation, dass Paten heimlich Kontakt zu Kindern aufnehmen? (Das dient dem Schutz der Kinder vor sexualisierter Gewalt.) Auch die Spendenwerbung schaut sich das DZI genau an: Übt sie Druck aus, ist sie reißerisch, entwürdigt sie Notleidende?

Schlimme Bilder müssen doch sein, oder?

Bis zu einem gewissen Grad muss man ein Elend benennen und manchmal auch zeigen, will man Menschen davon überzeugen, etwas dagegen tun zu wollen. Aber dabei ist die Würde der abgebildeten Menschen zu achten. Und die Menschen, die um eine Spende gebeten werden, dürfen nicht bedrängt werden, zum Beispiel mit Sätzen wie diesen: "Lassen Sie die Kinder, die jetzt noch auf eine Operation warten, nicht im Stich! Wenn Sie nicht bis zum ... spenden, dann müssen die Kinder leider ..." Die Empfänger solcher Werbung haben keine faire Chance. Dafür gibt es kein "Spenden-Siegel". Eine Spende muss eine freiwillige Gabe sein.

Sind Werbungskosten schlecht?

Nein, Werbung um Spenden muss sein, sonst kommt ja nichts rein. Und es können auch hohe Werbungskosten bis 30 Prozent gerechtfertigt sein, sagt DZI-Chef Wilke. Es ist nämlich viel schwieriger und also teurer, zum Beispiel für hilfsbedürftige alte Menschen um Spenden zu werben als für Not leidende Kinder.

Und wie schlecht sind Verwaltungskosten?

Verwaltung ist notwendig, man denke an die Buchhaltung, die Wirtschaftsprüfung, die Spenderbetreuung, die juristische Beratung. "Wenn man zu wenig für Verwaltung ausgibt, verliert man den Überblick, macht dringend notwendige Kontrollen nicht", sagt Burkhard Wilke vom DZI. Weniger als zehn Prozent Verwaltungskosten – so wie bei Brot für die Welt – gelten als niedrig, aber auch 30 Prozent können noch angemessen sein, aufwendig ist zum Beispiel die Kommunikation mit Paten und Patinnen bei Kinderpatenschaften. Oder die Verwaltungskosten liegen mal bei außerordentlichen 40 Prozent, weil im ersten Jahr Büromöbel und Software gekauft wurden. Oder es musste wegen des Kriegs im Sudan die Projektarbeit reduziert werden, die Verwaltungskosten aber liefen weiter. "Wir bewerten das im Einzelfall und haken nicht blind einen Prozentsatz ab", sagt der DZI-Chef.

Lesen Sie hier: Nach dem Tod Gutes tun mit einer Testamentsspende

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