"Ahmadjan und der Wiedehopf" ist eines der Bücher, die einen besonderen Platz im Regal erhalten. Zum einen, weil es so pompös ist, so bunt, so scheinbar. Von außen und von innen hebt es sich durch die Illustrationen im Comicstil von Autorin Maren Amini von anderen Büchern ab. Zum anderen, weil es eine Geschichte erzählt, die kostbar und schützenswert scheint, weil sie in einer Vergangenheit spielt, die so nicht mehr existiert. Es erzählt die Lebensgeschichte von Maren Aminis Vater, Ahmadjan Amini, und gleichzeitig, wie aus dem einst multikulturellen Afghanistan ein zerrissenes Land wurde.
Maren Amini
Ahmadjan Amini
Die Geschichte beginnt in den 1950er Jahren mit Ahmadjans Kindheit im afghanischen Pandschir-Tal. In seinen frühen Jahren erhält er kaum Aufmerksamkeit von seiner Familie.
Deshalb verbringt er viel Zeit in der Natur und träumt von einer lebhaften Zukunft außerhalb des Pandschir-Tals. Als Jugendlicher besucht er ein Internat in Kabul und trifft dort auf amerikanische Hippies. "Ich erinnere mich an wunderschöne Abende mit toller Musik in einem multikulturellen Land", sagte Ahmadjan Amini im Interview mit chrismon.
Nach seiner Ausbildung bricht Ahmadjan 1972 nach Deutschland auf, um an der Kunstschule Rolf Laute in Hamburg zu studieren. Er lernt moderne Kunst und das Partyleben lieben. Doch das Glück währt nicht ewig: Die Behörden schieben Ahmadjan ab.
Die Abschiebung ist im Buch eines der sieben Täler, die der junge Ahmadjan durchläuft. Auf seinem Weg begegnen ihm verschiedene Vögel, die ihn auf unterschiedliche Weise begleiten und unterstützen. Der Wiedehopf ist dabei stets sein unsichtbarer Freund und Mentor, der ihm auch in der Wüste Afghanistans kurz vor der endgültigen Erschöpfung zur Seite steht. Das Erzählmuster ist angelehnt an die in Afghanistan weit verbreitete Fabel "Die Konferenz der Vögel" von dem persischen Dichter Fariduddin Attar. Maren Amini ist überzeugt: "Das Märchen gibt den unterdrückten Menschen sehr viel."
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Zurück in Afghanistan muss Ahmadjan dem Militär dienen. Mit der Machtübernahme der prorussischen kommunistischen Partei beginnt der immer noch anhaltende inländische Konflikt. Jahre später kehrt Ahmadjan nach Deutschland zurück, arbeitet als Designer und Künstler.
Für Vater und Tochter Amini ist das Buch ein Zeichen gegen die Taliban. Die Machtübernahme der Terrorgruppe vor gut drei Jahren hat Ahmadjan Amini völlig verzweifelt hinterlassen: "Wir wollten mit unserem Buch etwas von Deutschland aus tun". Nicht etwa, indem sie die Gräueltaten der Terrorgruppe nacherzählen: "Man macht ja auch irgendwann dicht, wenn man immer nur Schreckensbilder sieht", erklärt Maren Amini. Sondern durch die Erinnerung an die Schönheit Afghanistans. Maren Amini selbst war wegen des Krieges und der Konflikte noch nie im Heimatland ihres Vaters. "Wenn ich mir vorstelle, mit dem Flugzeug über den Hindukusch zu fliegen, dann kommen mir allein bei dem Gedanken daran die Tränen", sagt die Illustratorin. Diese emotionale Verbundenheit zu Afghanistan findet in dem liebevoll gestalteten Comic Ausdruck.