Rosi L. aus München fragt:
Ich habe zum Jahresende schon wieder so viele Rundbriefe und Mails von befreundeten Familien bekommen. Alles sieht super aus, erfolgreiche Kinder, putzige Enkel. Bei einer Familie wissen wir genau, dass alle mit allen zerstritten sind, ums Erbe, ums Geld. Am liebsten würde ich sagen: Verschont mich damit. Wie kann ich reagieren, ohne Porzellan zu zerschlagen?
Stefanie Schardien antwortet:
Die schlichteste Lösung "Sie müssen die Post einfach nicht lesen" wird Ihnen kaum genügen. Denn hinter Ihrer Frage steckt ja mehr die Kritik an der Selbstdarstellung der Absendenden. Müssten die es also, wenn nicht radikal aufrichtig über den eigenen familiären Zustand, ganz lassen mit solchen Briefen?
Da erfahrungsgemäß "unter jedem Dach ein Ach" wohnt, wären die Tage des Jahresendbrief-Genres wohl bald gezählt. Aber: Gaukeln die schönen Bilder und Berichte wirklich nur etwas vor? Zu meiner Erfahrung gehört: Fast immer gibt es neben dem Ach auch etwas Gutes unter jedem Dach. Etwas, wofür Familien dankbar sind und worüber sie sich freuen.
Gerade "zwischen den Jahren" sind viele Menschen gedanklich bei guten Vorsätzen, Aufbruch und Hoffnung für das neue Jahr. Lesen wir die Briefe und Mails dieser Zeit so, dann ließe sich auch vermuten: Anstelle von Jammerei und Geschimpfe wollen sie sich und andere einmal im Jahr erinnern, was es an Gutem zu berichten gibt.
Was aber nun, wenn Sie sich neben Ihrer Wut um einige Familien wirklich sorgen? Dann nehmen Sie den Brief zum Anlass, rufen Sie an, starten mit dem Dank für die tollen Fotos und hören einfach länger mal zu. Für Trauriges und Kompliziertes ist so ein persönliches Gespräch vermutlich das bessere Genre.



