Symbolbild für die Einsamkeit, die ein Kind erlebt, wenn es Gewalt erfährt und niemand hört zu oder nimmt ernst, was es sagt
japatino/GettyImages
Sexualisierte Gewalt
Besser Fehler riskieren als gar nicht aufarbeiten
Die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt kommt immer zu spät, bleibt unvollständig und kann nichts wieder gutmachen. Warum sie trotzdem so wichtig ist - gerade jetzt angesichts von AfD und Trumpismus
(Berlin) 11.02.16; Dr. Johann Hinrich Claussen, Portraet, Portrait; Kulturbeauftragter des Rates der EKD, Leiter des EKD-Kulturbueros, evangelischer Theologe Foto: Andreas Schoelzel/EKD-Kultur. Nutzung durch und fuer EKD honorarfreiAndreas Schoelzel
28.05.2025
5Min

Wenn man sich auf einen weiten Weg gemacht hat, ist es gut, gelegentlich anzuhalten, um nach vorn, hinten und zur Seite zu sehen: Was hat man schon geschafft, was fehlt noch, wer ­begleitet einen?

Vor etwa 15 Jahren hat die evangelische Kirche damit ­begonnen, sexualisierte Gewalt aufzuarbeiten. Ein Auslöser war, dass Betroffene aus der Kirchengemeinde Ahrensburg bei Hamburg sich 2010 an den "Spiegel" gewandt hatten und ­dieser nach intensiven Recherchen einen erschütternden Artikel über Gewalt und Vertuschung ­veröffentlichte. Entscheidend war – und ist – also, dass Betroffene sich zu Wort melden und ihnen zugehört wird. ­Dafür braucht es neben einer kritischen Öffentlichkeit einen institutionellen Adressaten, also ein Kirchenamt.

Lesetipp: Nach der Missbrauchstudie 2024 ist in der Kirche der große Aufbruch ausgeblieben. Trotzdem hat sich vieles verbessert

Die evangelische Kirche versucht also, sexualisierte Gewalt aufzuarbeiten: in Kirchengemeinden, Kirchenkreisen, Landeskirchen, EKD und Diakonie. Das ist eine komplexe und konfliktreiche Aufgabe. Man muss sich von idealisierten Selbstbildern ("bei uns doch nicht") ­verabschieden, interne ­Widerstände überwinden, Präventionsstellen und Anerkennungs­kommissionen aufbauen, Geld bereitstellen, Mitarbeitende schulen und Standards entwickeln, mit Betroffenen tragfähige Formen der ­Zusammenarbeit suchen, dabei ­ständig einer kritischen Öffentlichkeit Auskunft geben.

Ein "Vorbild" sind wir dabei nicht geworden, allerdings haben wir inzwischen gute und schlechte Erfahrungen gesammelt, aus denen wir selbst, aber auch andere lernen könnten. Denn Schulen, Sportvereine, Musik- oder Ballettschulen ­stehen vor derselben Aufgabe.

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