Somalia ist nach wie vor im Bürgerkrieg, rund um Mogadischu ist Al-Shabaab sehr aktiv. Aus diesem Grund fliehen viele Menschen aus dem Süden in den stabileren Norden. In Garoowe gibt es mittlerweile rund 25 Flüchtlingslager für die geflüchteten Somalis aus dem Süden des Landes.
Isabelle Datz
Unser Projekt fokussiert sich hauptsächlich auf Frauen und Jugendliche, die oftmals stärker von Armut betroffen sind als andere Bevölkerungsgruppen. Wir arbeiten nicht nur mit den Geflüchteten zusammen, sondern auch mit den Menschen der aufnehmenden Gemeinden vor Ort. So ein ganzheitlicher Ansatz ist besonders in Somalia wichtig, da viele sowieso schon durch knappe Ressourcen bedürftig sind und ein einseitiger Ansatz zu zusätzlichen Konflikten führen würde.
Auch unsere Methode ist eine recht neue in der Entwicklungszusammenarbeit, der sogenannte Graduierungsansatz. Das bedeutet, dass wir mit denselben Familien über mehrere Jahre hinweg arbeiten. Normalerweise unterstützt man nur spezifische Gruppen in einer Gemeinschaft, oft für einen eher kurzen Zeitraum. Derzeit betreuen wir 700 Haushalte, die durchschnittlich neun Familienmitglieder haben. Diese Haushalte erhalten ein Gesamtpaket an Maßnahmen über mehrere Jahre.
Jede Familie bringt eine andere Geschichte mit sich
Viele der Menschen haben nie eine Schule besucht. Einzelne Maßnahmen sind daher Lese- und Schreibunterricht, aber auch ganz praktische Einheiten, wie die Aufstellung von Sparplänen oder der Bargeldtransfer für einen kurzen Zeitraum, damit sich die Personen voll und ganz auf die Weiterbildung konzentrieren können. Auch Coaching in den Bereichen Familienplanung und auch Aufklärung über die weibliche Genitalverstümmelung sind fester Bestandteil. Herausfordernd ist es deshalb besonders, weil jede Familie eine andere Geschichte mit sich bringt. Auf die spezifische Situation einzugehen erfordert viel Arbeit.
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Alle Maßnahmen können wir nicht selbst vor Ort umsetzen, weswegen wir lokale Nichtregierungsorganisationen einbeziehen. Gerade der wirtschaftliche Aspekt ist zielführend. Durch das gemeinsame Erarbeiten von Business- oder Sparplänen werden viele ermutigt, eigene Geschäfte zu gründen.
Frauen stemmen viel in der Gesellschaft
Jugendliche unterstützen wir bei den Ausbildungen und der späteren Jobsuche. Das ist wiederum sehr herausfordernd, da die Wirtschaftssituation in Somalia sowieso schlecht ist und es schwierig ist, gute langfristige Arbeitgeber zu finden. In Somalia liegt die Arbeitslosigkeit für Personen unter 35 Jahren bei 69 Prozent - die höchste Rate weltweit. Selbst mit Universitätsabschluss stehen viele junge Erwachsene vor Perspektivlosigkeit. Das macht es dann leichter für Terrororganisationen, wie Al-Shabaab, solche verzweifelten jungen Menschen für ihre Zwecke zu rekrutieren.
Die somalischen Frauen sind in dem patriarchalischen, konservativen System viel stärker, selbstbewusster und aktiver als man vielleicht annehmen mag. In den Flüchtlingslagern sind es meist die Frauen, die mit uns darüber sprechen, was gebraucht und was verändert werden muss. Viele Frauen arbeiten zunehmend ebenfalls und finanzieren so oft die ganze Familie, gerade wenn die Männer zum Studium an anderen Orten leben.
Oft erlebe ich die Menschen viel resilienter als wir es in sicheren Ländern sind. Diese Stärke beeindruckt mich.