Birnen auf der Küchenzeile
Birnen auf der Küchenzeile
privat
Birnen zur falschen Jahreszeit
Birnen zur Unzeit
Manchmal langen auch Öko-Freaks daneben - und zwar gründlich. Ich habe Birnen aus Spanien gekauft. Keine gute Idee
09.08.2023

„Knapp daneben ist auch vorbei“ pflegt der Alt-Oberbürgermeister von München zu sagen. Einer seiner knappen Sprüche, die wegen ihrer Treffsicherheit nahtlos in meinen Wortschatz übergegangen sind. Der Spruch ist mir letzte Woche wieder eingefallen - leider in Bezug auf mich selbst.

Wir erwarteten Gäste und ich habe wie üblich das Menü geplant. Dazu gehört ein Blick in den Kühlschrank, damit ich mit verwende, was bereits vorhanden ist. Sellerie! Aus dem wird eine Rahmsuppe, in die - für mich - Birnen hineingehören. Ihr Geschmack fügt eine delikate süße Note zum erdigen Grundton des Selleries hinzu. Ich besorge also Birnen.

Es gibt sie nur im Kilopack - und zwar, wie mir erst zuhause auffällt, aus Spanien. Wie dumm von mir. Nichts gegen Spanien - ein wunderbares Land mit guter Küche und köstlichen Weinen. Noch dazu stehen die Spanierinnen im Viertelfinale der Fußballweltmeisterschaft der Frauen. Das ist anderen zu meinem großen Unmut nicht gelungen. Ich nenne keine Namen.

Gemeinhin kaufe ich aus guten Gründen vor allem regional und meistens nur das, was gerade bei uns erntereif ist. Also nix mit Erdbeeren oder Pfirsichen im Winter oder Zwetschgen im Frühsommer. Mein Birnenerwerb ist für mich eine neuerliche Lektion in Demut: Selbst Ökoapostelinnen langen immer mal wieder daneben. Knapp daneben ist eben auch vorbei. Wie im Fußball.

Da stehe ich mit meinem Kilo Obst und brauche nur zwei Stück. Die verwende ich zügig und koche sie zusammen mit zwei Zwiebeln und einer großen halben Sellerieknolle in würziger Gemüsebrühe weich. Das Ganze wird durch ein Sieb passiert, damit die Suppe eine elegante Konsistenz hat. Sahne kommt hinzu, ein Schuss Sojasauce, Pfeffer, Salz und Chiliflocken. 

Jetzt kann man überlegen, ob man eine Einlage möchte: Hackfleischklößchen zum Beispiel, natürlich selber gemacht. Oder Streifen von einheimischen Räucherfisch - das ist deutlich weniger aufwändig. Den kann man in einem guten Fischgeschäft, oder wie bei uns, ganz frisch geräuchert auf dem Markt kaufen. Eine Delikatesse! Zwei Birnen sind schon mal weg.

Aber da liegen noch fünf. Voll mit Eisen, Folsäure, Kalium, Kupfer, Jod, Magnesium, Phosphat, Vitamin C und Zink.  Gesund also. Die Sorte, die ich erworben habe, heißt „Conference“. Bis zu meiner nächsten Konferenz werden die Birnen nicht halten, denn sie reifen zügig nach, vor allem, wenn man sie neben Äpfeln lagert.

Die geben das Reifegas Ethylen ab - man kann gar nicht so schnell schauen, wie die Birnen braun und faul werden neben ihren rotbackigen Kumpeln. Also ab in den Kühlschrank, damit mein Fehlkauf neben der überflüssigen Menge, die ich angeschleppt habe, nicht auch noch von Wegwerfen-Müssen getoppt wird. Aber was tun mit den süßen, trotzdem kalorienarmen Birnen?

Es gibt sie in den nächsten Tagen roh in schlanken Schnitzen auf dem Käseteller. Eine Tarte mit Ziegenkäse, Radicchio und Zwiebelringen freut sich auch über die Begleitung von großen Birnenstücken. Vielleicht ein Birnen-Schmand-Kuchen? Weg sind sie. Jetzt warte ich auf den Herbst. Und auf das WM-Finale. Eviva Espagna!

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Kolumne

Susanne Breit-Keßler

Essen und Trinken hält Leib und ­Seele zusammen. Und darüber Neues zu lesen, macht den Geist fit. Viele Folgen lang hat Susanne Breit-Keßler Ihnen Woche für Woche ihre Gedanken dazu aufgeschrieben und guten Appetit gewünscht. Im Sommer 2024 endete die Kolumne. Die Texte sind weiter im Archiv abrufbar.