Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die furchtbaren Morde von Hanau und die Amokfahrt am Rosenmontag in Volkmarsen haben auch viele Kinder und Jugendliche schockiert. Gut, dass es den Religionsunterricht in der Schule gibt, wo man mit den Lehrern über Leben und Tod sprechen kann und alle Fragen loswird. Zum Beispiel: Was kommt nach dem Tod?
Der Religionsunterricht ist umso wichtiger, da es in den Schulen immer weniger Zeit für Gespräche ohne Leistungs- und Notendruck gibt. Religion ist eine "prägende Lebensdimension" und gehört zur Allgemeinbildung dazu, schreibt chrismon-Herausgeberin Annette Kurschus, Präses der westfälischen Landeskirche, in ihrer Kolumne im aktuellen Märzheft. Sie macht sich stark für einen Religionsunterricht, in dem christliche, muslimische, jüdische Kinder gemeinsam lernen. Solche Unterrichtsformen gibt es mittlerweile in vielen deutschen Großstädten, wo Schülerinnen und Schüler einer Klasse vielen verschiedenen Religionen angehören oder gar keiner. Hamburg hat kürzlich als erstes Bundesland multireligiösen Unterricht auch offiziell eingeführt.
Je mehr Jugendliche über die Religionen der anderen wissen, umso eher lassen sich vielleicht auch Konflikte entschärfen. "Unsere Gesellschaft ist pluraler geworden, und eines der wichtigsten Ziele des Religionsunterrichts ist es heute, Schülerinnen und Schüler pluralitätsfähig zu machen", sagt Uwe Martini im chrismon-Interview, er ist der Direktor des Religionspädagogischen Instituts der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Er hat die Erfahrung gemacht, dass sich die eigene Identität gerade im Dialog mit anderen gut entwickeln kann.
In ländlichen Regionen, wo viele evangelische und katholische Familien leben, gibt es noch den klassischen Unterricht getrennt nach Konfessionen. Andernorts unterrichten evangelische und katholische Pfarrer gemeinsam – bisweilen auch, ohne das an die große Glocke zu hängen. Die evangelische Religionslehrerin Julia Wöllenstein fände es allerdings besser, wenn es nur noch Ethikunterricht in ihrer Kasseler Schule gäbe, wie sie uns in der Begegnung mit dem Bildungsforscher Marcel Helbig sagte. Sie fürchtet, dass konservative Islamverbände den Religionsunterricht dominieren könnten.
Dann allerdings hätten der junge Notfallsanitäter Peter Meiers und viele andere vielleicht nie erfahren, welch spannende Deutungen fürs Leben und die Welt die Bibel bereithält. Wer wissen will, was die offizielle Position der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Religionsunterricht ist, kann sich hier informieren.
Ich wünsche Ihnen eine gute Woche!
Claudia Keller