Serie Baptisten  "Jesus ist mein Leben, 
Fußball meine Leidenschaft"
Tine Casper
"Jesus ist mein Leben, Fußball meine Leidenschaft"
Sie wollen die Meisterschaft und den Pokal. Aber nicht um jeden Preis. Die Herrenmannschaft von Grün-Weiß Firrel verzichtet schon mal auf ein Tor, wenn der Schiri das Abseits übersah. Die jungen Baptisten wollen vorleben, was es heißt, Christ zu sein.
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
Tine CasperCaspar Sessler
11.10.2019

Helmut Bohlen ist im grünen Meistertrikot angetreten. Darauf abgebildet: ein weißes Kreuz, ein weißes Herz, ein weißer Anker; die Symbole für Glaube, Liebe, Hoffnung. Heute ist das zweite Spiel ­der neuen Saison in der Ostfrieslandklasse C. Helmut tritt mit einer baptistischen Mannschaft an, Grün-Weiß Firrel II. Sie ist im Sommer aufgestiegen, nachdem sie in der vergangenen Saison die Ostfrieslandklasse D souverän domi­niert hat. Heute, an einem Samstag im August, steht das Spiel gegen TuS Detern II an, gegen eine Mannschaft, die sich schon seit Jahren in der C-Klasse hält. Kein einfacher Gegner.

Doch Helmut und die anderen Jungs ­haben die Ruhe weg. Während die kräftigen, fußball­erfahrenen Männer aus Detern Pässe und Tor­abschlüsse üben, stellt die Trainerin aus Firrel einen Hocker aufs Spielfeld, auf dem sie jeden Spieler einzeln fotografiert: Porträts für fussball.de. Danach stellt sie ihre drahtigen Jugendlichen fürs Mannschaftsfoto auf. Und schließlich schickt die Trainerin sie in die Kabine, wo sie bekannt gibt, wer auf welcher Position spielt. Dann beten sie alle miteinander.

Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff

Burkhard Weitz

Burkhard Weitz, 54, bekam den ­Hinweis auf die baptistischen Kicker von einem Onkel. Der chrismon-­Redakteur ist in Ostfriesland ­geboren und hat dort viele ­Verwandte.
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Tine Casper

"Die spielen so fair!", sagt die ­Foto­grafin Tine Casper, bei Grün-Weiß Firrel foule keiner "­extra", keiner winde sich auf dem Rasen, um das Spiel zu ver­längern. Im Fußball­training ihrer Tochter gehe es anders zu.

Helmut Bohlen ist ein schlanker Blonder, etwa 1,80 groß, rote Wangen, helle Bartstoppel. Vergangene Saison hat er ausgesetzt. Während sein Team den Aufstieg erkämpfte, war er mit einer christlichen Jugendorganisation in Australien. Dieses Jahr ist er Kapitän. Vielleicht passt das auch deshalb, weil er es war, der mit ein paar Freunden vor zweieinhalb Jahren die Idee für die baptistische Fußballmannschaft hatte.

Die Idee kam ihnen auf dem Sofa im ­Jugendraum über der Firreler Baptistenkirche, kurz nach Helmuts Erwachsenentaufe. Helmut, Niklas und Reemt hatten alle Fußball im Verein gelernt. Jetzt wollten sie wieder einsteigen. Mit Ehrgeiz, aber eben auch fair. Sie wollten als Christen ein Beispiel geben für andere. Und andere Jungs für Jesus gewinnen.

Die Zweite Herren von Grün-Weiß Firrel im Meistertrikot

Glaubwürdig Christ sein – geht das überhaupt, und schon gar beim Fußball? Zweimal 45 Minuten sprinten die Spieler immer wieder übers Feld. Am Ende lassen Kraft und Konzentration nach. Und dann grätscht einer eben doch zu spät, trifft das gegnerische Schienbein und nicht den Ball und die Emotionen kochen hoch. Ob Christ oder nicht, spielt das dann überhaupt noch eine Rolle?

Fußball und ­Glaube ist in Firrel jedenfalls keine ganz abwegige Kombination. Das Dorf hat 820 Einwohner. Das Gotteshaus der baptistischen Gemeinde befindet sich gleich hinter dem Trainingsplatz von Grün-Weiß. 100 Kirch­gänger sind sonntags in der Gemeinde der Normalfall, darunter auffällig viele Jugendliche.
Helmut und seine Freunde fanden ge­nügend Fußballbegeisterte für ihre baptis­tische Mannschaft. Auch solche, die nichts mit der Gemeinde am Hut hatten.

"Bei GW Firrel III ist Gott die Nummer eins"

"Das ganze Dorf ist fußballverrückt", sagt der Vorsitzende von Grün-Weiß Firrel. Der Turnierrasen neben dem Trainingsplatz sei einer der bestgepflegten in ganz Ostfriesland. Sogar die Profis von Werder Bremen und Bayer Leverkusen habe er schon zu Trainingsspielen gelockt.

"Bei GW Firrel III ist Gott die Nummer eins" titelte die Ostfriesenzeitung im April 2019 (Firrel III hieß das Team vor seinem Aufstieg) – und pries die Frömmigkeit der jungen Männer. Sie hatten ein Spiel abgesagt, das der Verband auf den Sonntagvormittag gelegt hatte. Gottesdienstzeit! Die Gegner, die Sportsfreunde Möhlenwarf III, ließen sich partout auf keinen anderen Termin ein. Firrel musste die Partie abblasen, Möhlenwarf kassierte die drei Siegpunkte und rückte so näher an den Tabellen­ersten Grün-Weiß Firrel III heran.

Einige in Helmuts Team fanden die Entscheidung falsch, das Spiel abzusagen. Es war ja noch zu Beginn der Rückspielrunde, und einige schwere Spiele standen bevor. Helmut sagt dennoch: Ihm sei sofort klar gewesen, dass seine Mannschaft am Sonntagvormittag nicht spielen könne. Er hält das mit einer ­solchen Klarheit fest, als dürfe es darüber gar keinen Zweifel geben. Sein jugendliches ­Gesicht wirkt ernst und beherrscht.

"Du musst dich mehr nach mir ausrichten."

Jedenfalls wurde Helmuts Team Meister – mit neun Punkten Abstand zum Tabellenzweiten, mit einem Torverhältnis von 106 zu 25. "Macht weiter so, GW Firrel!", lobte eine Leserbriefschreiberin aus Bunde in der Ostfriesenzeitung.
Helmuts Taufe in der Firreler Baptisten­gemeinde war nicht seine erste. Seine Eltern ließen ihn schon als Kind in einer lutherischen Gemeinde taufen. Aber erst mit 17, sagt Helmut, wurde er bekehrt. Die Bekehrung kam, als er mit Freunden abhing und zugedröhnt war. Da habe er gehört: "Du musst dich mehr nach mir ausrichten." – "Erst später ist mir klargeworden, dass Gott das war." Künftig, so beschloss er, wolle er mehr Zeit mit vernünftigen Freunden verbringen und mit ­seiner Familie. Am 26. Februar 2017 ließ sich Helmut ein zweites Mal taufen – in Firrel.

Gleich hinterm Sportplatz ist die Baptistengemeinde Firrel

Als "Wiedertäufer" verspottete man die ersten englischen Vorkämpfer der Glaubensfreiheit vor 400 Jahren – und als "Baptisten" (vom altgriechischen Wort baptizein, taufen). Sie nahmen den Spottnamen an. Ihr zentrales Anliegen: Religion müsse grundsätzlich auf einer freien Entscheidung beruhen. Nur ein Erwachsener wisse, worauf er sich einlasse, wenn er christlich leben wolle. Nur ein Erwachsener könne sich taufen lassen.

Anfang des 19. Jahrhunderts breiteten sich Baptisten auch in Deutschland aus. In ­Helmut Bohlens Gegend wurde 1856 erstmals baptis­tisch getauft – in Schwerinsdorf, etwa vier Kilometer südlich von Firrel. Die Gemeinde wuchs schnell, gut situierte Landwirte ­schlossen sich an. Schon 1896 konnte sie sich ihre erste Kapelle in Firrel leisten. 1936 er­weiterte man sie zu der geräumigen Kirche, in deren großem Becken sich Helmut vor zweieinhalb Jahren komplett untertauchen ließ, und in der er sich zum christlichen Glauben und zu einem christlichen Leben bekannte.

Jeden Sonntag nimmt die Jugend gleich mehrere Sitzreihen ein

Das Meisterschaftsspiel heute gegen Detern, an einem Samstag im August, ist das sechste für Helmut Bohlen seit seinem Auslandsjahr in Australien.

Ende Juli hatte die Saison für den Aufsteiger Grün-Weiß Firrel II mit dem Sparkassenpokal, Kreis Ostfriesland, Herren 3 begonnen. Ein Lokalderby mit Neufirrel. Bei Pokalspielen geht es immer ums Ganze. Entweder man gewinnt und kommt in die nächste Runde. Oder man verliert und scheidet aus. Gegen Neu­firrel stand es eins zu eins, als Helmut Bohlen den Ball in die Spitze gespielt bekam. Er stand leicht im Abseits, zog ab, traf. Der Schieds­richter hatte die Abseitsposition übersehen. Tor! Eins zu zwei für die Gäste aus Firrel.

Die Neufirreler protestierten. Im Schiedsrichterbericht steht: "Ich fragte bei dem ­Firreler Spieler nach, und dieser bestätigte ­seine Abseitsstellung." Der Schiri nahm das Tor zurück. Seit 1984 pfeife er ehrenamtlich, sagt Günter Grünewald. Aber einen Stürmer, der nach zuerkanntem Tor seine eigene Abseitsposition zugibt, den habe er noch nie erlebt.

"Zum Gebet gehört immer: 'Dein Wille geschehe'"

In der zweiten Halbzeit entschied Grün-Weiß Firrel das Spiel für sich. Neufirrel schied aus dem Pokal aus. Nach dem Lokalderby sprach der Schiri Helmuts Trainerin an, sie heißt auch Bohlen, sie ist seine Mutter. Ob Helmuts Ehrlichkeit mit seinem Glauben zu tun habe, wollte er wissen. "Das mag wohl sein", soll sie gesagt haben. Sie hatte Helmuts Abseitsposition auch nicht bemerkt.

Solche Geschichten sind für Helmut und seine Freunde wichtig. Sie bestätigen ihnen, dass das zusammengeht: Glaube und Fußball. – Ist das zu banal? Anruf bei einem, der zwar auf der anderen Seite der Republik lebt und wirkt, in Brandenburg, der aber verständlich erklären kann, was Baptisten von anderen Protestanten unterscheidet. Ralf Dziewas ist Professor am baptistischen Theologischen ­Seminar Elstal. Er bildet Pastoren aus.

Welche Bedeutung hat die Taufe denn nun für Baptisten?

Ralf Dziewas: Sie folgt auf ein bewusstes Jasagen zum Glauben. Dieser Moment der Taufe, des Untertauchens, macht erfahrbar, was es heißt, von Gott angenommen zu sein.

Ist man deshalb ein besserer Mensch?

Nein, aber die Gnade Gottes, die mich vor der Taufe zum Glauben gebracht hat, soll sich in meinem Leben widerspiegeln. Und das ist auch mit Mission gemeint: dass ich glaubwürdig etwas von Gottes Güte ausstrahle.

Für ein Fußballspiel beten, ergibt das überhaupt Sinn?

Zum Gebet gehört immer der Gedanke aus dem Vaterunser: Dein Wille geschehe. Man kann um einen Sieg beim Fußball beten oder um ein faires Spiel, und trotzdem ist das kein Garant für das eine oder das andere. Beten heißt eben auch, sich auf den Willen Gottes einzulassen und anzunehmen, was Gott mit meinem Leben vorhat.

"Wenn wir so spielen, haben die Deterner keine Chance."

Helmuts Mutter und Trainerin, Lydia Bohlen, hat ihre Elf in der Kabine zusammenge­trommelt. "Wenn wir ansatzweise so spielen wie Donnerstag im Training, dann haben die Deterner überhaupt keine Chance."

Lydia Bohlen sagt, sie sei die einzige Trainerin weit und breit. Sonst ­würden in Ostfriesland nur Männer die Herrenmannschaften coachen. Sie selbst spielte bis über 30, auch Landes­liga. "Fußball ist meine Leidenschaft", sagt sie ­fröhlich. "Und Jesus ist mein Leben."

Trainerin Lydia Bohlen

Lydia Bohlen mag Klarheit in Glaubensdingen – wie auch im Fußball. Am 12. November 2015 hat sie sich bekehrt, anderthalb ­Jahre vor ihrem Sohn Helmut. Sie besucht ­eine ­andere Gemeinde als er, eine, die ­"weniger ­tolerant, weniger liberal" sei, in der Frauen nicht predigen dürfen und die mehr Mission und Evangelisation betreibt. Sie will Menschen für Jesus gewinnen. Auch ihre anderen drei Söhne und ihr Mann gehen eigene Wege, wenn es sich um den Glauben handelt. Reli­gion beruht eben auf einer freien Entscheidung, da sind sich alle in der Familie einig.

Die baptistische Mannschaft wirkt durch das Vorbild. Einige Jungs interessieren sich tatsächlich neuerdings für Glaubensfragen. Kevin Bontjer zum Beispiel, der Torwart. Hier, im Team mit den anderen Jungs, habe er nachgedacht: "Wie ist das mit Jesus?" Er hatte einen Autounfall und war dann "bei Lydi in der Küche", sie redeten lange. Jetzt hat er sich ein Kreuz hinters linke Ohr tätowieren lassen.

"Wir bitten, dass wir nicht so viel auf die Knochen bekommen"

Helmut Bohlen, Kevin Bontjer und die ­anderen Jungs in der Kabine stehen im Kreis, die Arme über die Schultern gelegt, auch ­Lydia Bohlen ist eingehakt. Sie spricht das ­Gebet: "Lieber Heiland, wir danken dir für den Verein und für die Gemeinschaft im Verein. Wir bitten dich, dass du bei uns bist. Wir bitten, dass der Gegner fair ist und wir nicht so viel auf die Knochen bekommen. Und dass du uns fair spielen lässt, damit wir ein Beispiel geben für die Liga." – "Amen", rufen die Jungs.

Auf dem Fußballplatz warten schon die ­erfahrenen, kräftigen Männer von TuS Detern II. Der Schiri wirft die Münze. Firrel hat den Anstoß. Um 17.33 Uhr rollt der Ball. Nach zehn Minuten kommt er über rechts, der Rechtsaußen aus Firrel sprintet uneinholbar flink, Schuss, Tor. Eins zu null. In der 14. Minute verwandelt ein Mittelstürmer nach Dreingabe von links. Zwei zu null.

"Es gab einige gute Spielzüge"

24. Minute: Firrels Torwart Kevin Bontjer boxt den Ball in Richtung des Gegners und ermöglicht den Nachschuss. Anschlusstreffer für Detern: zwei zu eins. Kevin Bontjer schmeißt wütend seine Torwarthandschuhe auf den Boden. Er schimpft, die Abwehr stehe nicht richtig. Fußball ist ein emotionales Spiel. Es ist nicht immer leicht, die eigenen Gefühle zu beherrschen.

Eine Minute später trifft der nächste ­Firreler, diesmal per Kopfball: drei zu eins.
35. Minute: kurze Trinkpause wegen der Hitze. Die Eichen an der Westseite beschatten schon das halbe Feld. Dennoch werden den kräftigen Gegnern aus Detern gegen Ende der ersten Halbzeit die Beine schwer. Die athletischen Jungs aus Firrel tanzen um sie herum, als hätten sie gerade erst zu spielen begonnen. Der Mittelstürmer erhöht aus der Drehung auf vier zu eins, Halbzeitstand.

In der Umkleidekabine wird gebetet. Mit im Kreis: Trainerin Lydia Bohlen

Die Mannschaft sammelt sich in der Kabine. Außer Torwart Kevin Bontjer sind alle gut gelaunt. "Wir haben zwar nicht das Tempo wie beim Training am Donnerstag", sagt Lydia Bohlen. "Aber es gab einige gute Spielzüge. Was nicht klappt, sind die Pässe durch die Gasse." Der zweifache Torschütze, ein Mittel­feldspieler, soll noch mal Tempo geben, sich verausgaben. Lydia will ihn dann rausnehmen. "Wollen wir noch mal beten?" Der zweifache Torschütze übernimmt das: "Danke, dass wir gutes Wetter haben. Danke, dass wir ein gutes Spiel spielen. Danke, dass sich keiner verletzt hat. Bitte sei bei uns auch in der ­zweiten Hälfte, dass sich niemand verletzt."

Frage an Ralf Dziewas, den baptistischen Professor von der Hochschule in Elstal:

Was, wenn es nicht gelingt, auf dem Spielfeld ein Vorbild zu sein? Was, wenn man dabei nur selbstgerecht rüberkommt?

Ralf Dziewas: Glaube schließt Selbstge­rechtigkeit von vornherein aus. Glaube ist ein Geschenk. Er verdankt sich allein der Gnade Gottes.

Spiegelt sich dieses Geschenk dann auch im Verhalten der Gläubigen wider?

Jeder Versuch, etwas von dieser Gnade ­widerzuspiegeln, muss brüchig bleiben. Wie ich auf andere wirke, habe ich nicht in der Hand. Dass es uns nicht immer gelingt, unser Leben nach Gottes Willen zu gestalten, ist eine Grundeinsicht des Glaubens.

Wie fügt Gott dann die Dinge?

Gottes Fügung sieht man immer erst im Rückblick. Manchmal kann man rück­blickend Erfolge wie auch Hürden, Niederlagen und bittere Erfahrungen in einen Gesamtweg einbinden. Und wenn ich das Erlebte in dieser Perspektive sehe, kann ich auch den weiteren Weg meines Lebens annehmen.

"Danke, Herr, dass wir heute nicht in die Knochen gegangen sind"

Elf Minuten nach Beginn der zweiten Halbzeit rasselt der Mittelstürmer aus Firrel, der eben noch um eine verletzungsfreie zweite Halbzeit gebetet hat, in einen Verteidiger aus Detern hinein. Der Deterner muss verletzt vom Platz. Gelbe Karte für Firrel.

In der Fairnessstatistik stand Grün-Weiß vergangene Saison auf einem der vorderen Plätze. "In einem Spiel", sagt Lydia Bohlen, "hat ein Schiedsrichter zu Unrecht uns einmal die rote Karte und einmal gelb-rot verpasst." Nun, zu Beginn der neuen Saison, belegt ­Firrel in der Statistik der roten und gelben Karten einen mittleren Platz. Immerhin unauffällig.

57. Minute: Lydia Bohlen wechselt ihren zweitältesten Sohn Ludwig als Stürmer ein. Schon bei seinem zweiten Anlauf aufs gegnerische Tor lupft er den Ball über den Torwart: fünf zu eins.

"Wir haben noch nie so gut gespielt"

Obwohl der Schatten der Eichen längst den ganzen Fußballplatz bedeckt, scheinen die Deterner aufzugeben. Sie stehen zu hoch und lassen im Minutentakt eine Torchance nach der anderen zu. Auch Firrel wirkt fahrig im Torabschluss. Kein Ball will mehr rein. Erst in der 83. Minute fällt das Tor zum Endstand: sechs zu eins.

Torwart Kevin Bontjer läuft direkt in die Kabine, die anderen folgen langsam. Dort betet Helmut, der Mannschaftskapitän, ein letztes Mal. "Danke, Herr, dass wir heute nicht in die Knochen gegangen sind", sagt er, "dass wir ein super Spiel gespielt haben. Schenke uns eine schöne Gemeinschaft, und dass wir in dieser Saison Spaß haben."

"Wir haben noch nie so gut gespielt", ruft Lydia Bohlen den Jungs freudestrahlend zu.

Als die meisten schon gegangen sind, ­fegen Helmut und Lydia Bohlen die Kabinen im Sportheim aus. Die Trainerin pfeift dabei Kirchenlieder.

Infobox

Hintergrund: Baptisten

Die Baptisten gehen auf englische Puritaner zurück, die 1608 nach Holland flohen. Sie stehen damit in der reformiert-calvinistischen Tradition, greifen aber Gedanken der Täufer aus dem 16. Jahrhundert auf: Ihre Gemeinschaften basieren auf Freiwilligkeit und auf gegenseitiger Solidarität. Das heißt: Nur Erwachsene können sich taufen lassen; sie verpflichten sich dabei zu einem christlichen Leben mit der Gemeinde. Diese Gruppen nannte man früher spöttisch Baptisten (vom griechischen Wort baptizein, taufen). Der Name wurde später zur Selbstbezeichnung.

Ab 1689 breiteten sich Baptisten auch in England aus. Ab Ende des 18. Jahrhunderts wuchsen sie zu einer der großen protestantischen Konfessionen an, heute mit weltweit über 47,5 Millionen Mitgliedern (laut Baptist World Alliance, Stand Ende 2017).

1834 gründete der Erweckungsprediger Johann Gerhard Oncken die erste deutsche Baptistengemeinde in Hamburg; die erste ostfriesische entstand 1846 in Ihren.Buchtipp: Thomas Kaufmann, Die Täufer. Von der radikalen Reformation zu den Baptisten. C.H.Beck, 2019, 128 Seiten, 9,95 Euro.

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