Bei Oxfam in Haiti, beim Weißen Ring in Lübeck oder bei Ärzte ohne Grenzen und in anderen Hilfsorganisationen haben Mitarbeiter ihre Macht schändlich ausgenutzt – gegenüber Menschen, denen sie hätten helfen sollen. Sexueller Missbrauch ist ein grausames Verbrechen, gleichgültig von wem und wo er geschieht. Konsequente Aufklärung und Strafverfolgung sind nötig.
Dorothea Heintze
Doch wie immer gilt aber auch hier: Wir sollten zumindest versuchen, das ganze Bild zu sehen. Der Skandal um die Sexualverbrechen in der Hilfsbranche erinnert mich an die Biobranche. Auch dort werden häufig in Bausch und Bogen alle Biobauern an den Pranger gestellt, wenn einige wenige von ihnen verbotene Inhaltsstoffe an ihre Kühe verfüttern. Die Erkenntnis, dass auch vermeintlich „Gute“ wirklich böse sein können, scheint viele von uns immer wieder im tiefsten Inneren zu erschüttern.
Ehrlich gesagt: mich nicht. Ich weiß, auch ein Biobauer kann ein mieser Typ sein. Oder eben jetzt: Auch ein Entwicklungshelfer, eine Entwicklungshelferin oder ein Mitarbeiter des Weißen Rings kann kriminell sein. Kaufe ich wegen des ersten Beispiels weniger Bio? Nein, ich guck nur noch genauer hin. Spende ich jetzt weniger? Nein, ebenfalls nicht. Ich vertraue auf die Kontrollmechanismen, die ja bei der Biobranche sehr gut funktionieren – sehr viel besser im Übrigen als in der konventionellen Lebensmittelbranche. Genau das wünsche ich mir jetzt auch für Oxfam, Unicef und alle anderen Organisationen.