Justitia auf dem Römerberg in Frankfurt am Main
epd-bild/Heike Lyding
Die Verantwortung für den Klimawandel beschäftigt nun ein deutsches Gericht: Ein peruanischer Kleinbauer verlangt vom deutschen Energiekonzern RWE Hilfen gegen die Klima-Auswirkungen. Das Oberlandesgericht Hamm ordnete jetzt die Beweisaufnahme an.
30.11.2017

Ein peruanischer Kleinbauer hat im Streit mit dem Energieunternehmen RWE einen Etappensieg errungen. Das Oberlandesgericht Hamm ordnete am Donnerstag die Beweisaufnahme an (AZ: 5 U 15/17 OLG Hamm). In Absprache mit den Parteien soll ein Sachverständiger bestimmt werden. Die Umweltorganisation Germanwatch nannte die Entscheidung einen "historischen Durchbruch mit weltweiter Relevanz". Erstmals befasst sich nun ein deutsches Gericht mit dem Zusammenhang zwischen CO2-Emissionen und der Erderwärmung.

Der Kleinbauer Saúl Luciano Lliuya will erreichen, dass RWE als Betreiber von Kohlekraftwerken Schutzmaßnahmen gegen den Klimawandel in seiner Heimat bezahlt. Sein Haus steht in der Andenstadt Huaraz, die an einem Bergsee liegt. Weil der Wasserpegel durch die Schmelze eines angrenzenden Gletschers gestiegen sei, drohe eine Überflutung, argumentierte er. In erster Instanz war er im Dezember 2016 vor dem Landgericht Essen gescheitert. Dagegen hatte er Berufung eingelegt.

RWE muss Klagerisiko mitteilen

Die Klage des Bauern sei zulässig und schlüssig begründet, erklärte das Gericht. Auch wer rechtmäßig handele, könne laut Gesetz für von ihm verursachte Beeinträchtigungen von Eigentum haftbar gemacht werden.

Das Gutachten soll untersuchen, ob das zweitgrößte deutsche Energieunternehmen den Anstieg der Temperatur und die damit verbundene Gletscherschmelze mitverursacht hat. Auch die Überschwemmungsgefahr durch die ansteigende Wassermenge soll Gegenstand der Untersuchung sein. Für das Gutachten soll der Kläger einen Auslagenvorschuss von 20.000 Euro zahlen.

Die Entscheidung habe ab sofort erhebliche Auswirkungen für die Rechtspflichten der großen Emittenten weltweit, erklärte die Umweltorganisation Germanwatch, die die Klage unterstützt. Energieunternehmen müssten ihren Aktieninhabern das entsprechende Klagerisiko mitteilen und Rücklagen bilden. Lliuya habe durch diesen Präzedenzfall schon jetzt vielen vom Klimawandel betroffenen Menschen Hoffnung gemacht, sagte der Germanwatch-Vorsitzende Klaus Milke. Zugleich forderte er eine politische Lösung zum Schutz der betroffenen Menschen. Es sei keine Dauerlösung, wenn die verletzlichsten Menschen weltweit nun alle ihr Recht mit Einzelklagen einfordern müssten.

"Großer Erfolg für mich"

Schon der Einstieg in die Beweisaufnahme schreibe ein Stück Rechtsgeschichte, erklärte die Anwältin des Klägers, Roda Verheyen, nach Mitteilung von Germanwatch. "Jetzt können wir endlich im konkreten Fall beweisen, dass RWE das Risiko der Gletscherflut vor Ort mitverursacht hat und weiter mitverursacht", sagte sie. Der Kläger Saúl Luciano Lliuya, der telefonisch in Peru informiert wurde, begrüßte die Entscheidung. "Das ist wirklich ein großer Erfolg nicht nur für mich, sondern für alle Menschen hier in Huaraz und anderswo in der Welt, wo Klimarisiken drohen", erklärte er laut Germanwatch.

Die Linkspartei nannte die Entscheidung "eine schallende Ohrfeige für RWE und einen wichtigen Meilenstein für künftige Klimaklagen gegen Konzerne". Besonders für die Menschen im globalen Süden, wo die Klimawandelschäden heute bereits oft lebensbedrohlich seien, könnten Klimaklagen ein wirksames Mittel sein, um die Verantwortlichen für Schäden haftbar zu machen, erklärte der Linken-Bundestagsabgeordnete Lorenz Gösta Beutin.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.