Gottesdienst mit Band und Dollarzeichen in der Kirche von Pastor Kevin Kilonzi in Nairobi.
Birte Mensing
Kirchgang in Kenia
Bitcoin in der Kirche
In Kenias Hauptstadt Nairobi geht es in der Kirche um "Kingonomics". Unsere Autorin war dabei und erklärt, was sich dahinter verbirgt und warum Dollar und Shilling die Kirche dekorieren
Manoel Eisenbacher
07.07.2024
4Min

Sonntag, kurz vor 11 Uhr im Univiertel von Nairobi: Die Straße ist vollgeparkt mit Autos, junge Menschen und Familien strömen in ein rotes Backsteingebäude. Es ist die aufstrebende Mittelschicht und solche, die es werden wollen. Man begrüßt sich mit Handschlag oder Umarmung. Im Garten steht das Zelt für die Kinderkirche, schon vor Beginn läuft Lobpreismusik und die ersten Kinder tanzen.

"Good morning, Mavuno Downtown", begrüßt die Moderatorin des Lobpreisteams diejenigen, die schon da sind. Während der nächsten halben Stunde füllt sich das Auditorium, am Ende sind fast alle 400 Sitze belegt. Unter der Woche finden hier Veranstaltungen der christlichen Studierendenvereinigung statt. Sonntagmorgens baut das Kirchenteam die Bühne um. Roter Teppich, schwarze Stoffbänder als Hintergrund. Die Deko für diesen Monat: Banner geschmückt mit Dollarzeichen, dem Kenianischen Shilling, dem Bitcoin-Symbol. Denn die Predigtreihe heißt: Kingonomics – es soll darum gehen, wie man Business macht und gleichzeitig am Königreich Gottes baut.

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Auf der Bühne spielen junge Männer Saxofon, E-Piano, Schlagzeug, E-Gitarre und E-Bass. "Was für ein Segen, dass wir heute Morgen alle hier versammelt sind", sagt eine der fünf Sängerinnen, während die anderen schon mal die Melodie des ersten Liedes summen. Es ist ein neues Lied, sie studieren es gemeinsam mit der Gemeinde ein. Nicht nur Text und Melodie sollen sitzen, auch eine kleine Choreographie wird einstudiert. "Wer den Text nicht kennt, lobt Gott mit Tanzen", sagt die Moderatorin, Jubel aus dem Saal ist die Antwort. Zwei Schritte nach rechts und zurück in der Strophe. Linkes Bein hoch, rechtes Bein hoch im Refrain, dazu die Arme vor und zurück. Der ganze Saal wogt im Einklang.

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Die Liedtexte sind eine Mischung aus Englisch und Kisuaheli, die beiden Sprachen werden in der kenianischen Hauptstadt auch im Alltag gern gemischt. "You turn my mourning into joy", beginnt die Strophe: Du verwandelst meine Klage in Freude. "Usifiwe" schallt der Refrain: Sei gelobt. In der ersten Reihe tanzt und hüpft mit besonders viel Energie Kevin Kilonzi, bevor er die Bühne betritt. Der Pastor trägt schwarze Jeans, schwarze Turnschuhe und ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift "unshakeable", unerschütterlich.

Seine Gemeinde ist Teil eines Netzwerks mit Ablegern in ganz Kenia, in Ruanda, Äthiopien, sogar in Berlin. Gegründet wurde "Mavuno" (Kisuaheli für Ernte) vor 19 Jahren von dem kenianischen Biochemiker, Rugbyspieler und Pastor Muriithi Wanjau. Sein Ziel: eine Kirche für Leute, die nichts mit der Kirche am Hut haben, einfach zugänglich. "Wer ist zum ersten Mal hier?", fragt Pastor Kevin Kilonzi. Die Gäste bekommen eine kleine Willkommenskarte und sind nach dem Gottesdienst zum Gespräch eingeladen. Kilonzis Predigt beginnt unkonventionell: "Ich gebe euch 60 Sekunden, reflektiert kurz mit der Person neben euch die erste Jahreshälfte. Was habt ihr beruflich erreicht? Was nehmt ihr euch für die zweite Hälfte vor?" Sofort entspinnen sich Gespräche, auf drei großen Bildschirmen läuft der Countdown.

Den ganzen Monat geht es bei den Predigten darum, Reichtum auf eine Weise aufzubauen, die Gott ehrt. "Ich hoffe, ihr habt etwas mitgebracht, wofür wir nachher beten können, einen Lebenslauf, einen Businessplan, eine E-Mail mit der Bitte um eine Gehaltserhöhung", ruft Kilonzi. Die Botschaft der Bibel legt er auf persönlichen Erfolg hin aus, "Prosperity Gospel" wird das im Englischen genannt. Das Versprechen, dass Gott jedem Erfolg schenkt, der dafür betet und daran glaubt, ist zu schön, um wahr zu sein. Drei biblische Sätze will er mit der Gemeinde teilen, die ihn durch schwere Zeiten begleitet haben und die sie mit Gott verbinden sollen, bei allem, was sie vorhaben. "Gott liebt mich – ich will, dass ihr euch das alle selbst sagt" – die Gemeinde murmelt.

Unterhaltsam erzählt der Pastor, dass er manchmal selbst nicht weiterwusste. Die zweite Botschaft kommt aus dem Buch des Propheten Josua: "Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen!" Die dritte Message aus dem Buch Jesaja: "Keine Waffe, die gegen dich geschmiedet wird, soll etwas ausrichten." Amen, bekräftigt die Gemeinde. Am Ende wird gebetet, für die Businesspläne, die Lebensläufe, dafür, dass die Gemeindemitglieder Erfolg haben und ihre Talente zum Wohle Gottes einsetzen. "Ich bin gespannt auf alles, was Gott für euch bereithält", sagt der Pastor mit einer Zuversicht, die ansteckend ist.