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Ich möchte Ihnen heute ein Theaterstück empfehlen. Es heißt "Non existent". Geschrieben hat es die ukrainische Dramatikerin und Drehbuchautorin Natalka Vorozhbyt. Jetzt wurde es auf der kleinen Bühne des Staatstheaters Mainz uraufgeführt.
Zu sehen war die Geschichte dreier Frauen im Exil, die sich mitten im Krieg an das Leben in ihrer neuen Heimat gewöhnen müssen. Eine Großmutter, eine Tochter und eine Enkelin haben in einer europäischen Hauptstadt Zuflucht gefunden, versuchen aber, die Verbindung zu ihrer Heimat aufrecht zu erhalten. Auch wenn diese nur in der Erinnerung existiert.
Auf der Bühne sehen wir den Alltag der drei Frauen aus verschiedenen Generationen. Sie essen zu Abend, unterhalten sich über alltägliche Dinge, beraten sich, was sie im Laden kaufen sollen. Sie reden über die Schule, über die Nachbarn, alles wie in einer ganz normalen Familie. Nichts verrät auf den ersten Blick, dass es sich um Menschen handelt, die erst kürzlich vor Bombenangriffen aus ihren Wohnungen fliehen mussten.
Sind sie sich der Dramatik ihrer Situation bewusst? Und wie erleben verschiedene Generationen von Ukrainerinnen das Trauma, Flüchtling zu sein? Wichtige und schwierige Fragen.
Alle drei träumen davon, nach Hause zurückzukehren, aber es fällt ihnen schwer, sich das einzugestehen. Alle drei verbergen ihre wahren Wünsche hinter der Lösung typischer Alltagsprobleme. Sie leben ganz gut, haben aber ständig Angst, etwas falsch zu machen, sich nicht richtig "deutsch" zu verhalten. Besonders die Großmutter hat es schwer. Sie kann kaum Deutsch, macht viele Fehler, auch lustige.
Es ist der Versuch eines interkulturellen Dialogs, der für beide Nationen so wichtig ist
Die Autorin des Stücks selbst nennt es "Leichte Szenen vor dem Hintergrund des Krieges". Doch es ist eine bittere Komödie, die hier gezeigt wird. Es geht um Menschen, die ihre Heimat verloren und noch keine neue gefunden haben.
Natalka Vorozhbyt ist eine der Stimmen des modernen ukrainischen Theaters. Ihre Stücke wurden auf Bühnen in der Ukraine, Großbritannien, Polen und anderen Ländern aufgeführt. Bereits vor einem Jahr war sie im Rahmen des Projekts "Der Krieg soll verflucht sein" am Staatstheater Mainz zu Gast.
Das Stück ist sehr persönlich. Im Jahr 2022 floh sie mit ihrer Mutter und ihrer Tochter aus der Ukraine. Später kehrten alle drei in die Ukraine zurück, heute pendelt die Dramatikerin zwischen Westeuropa und der Ukraine.
Natalka Vorozhbyts Stück zeigt Menschen in der Schwebe, die ihre Zukunft nicht sehen können. Auch Themen wie die große Politik, das Für und Wider von Waffenlieferungen, das Verhältnis zu Olaf Scholz, die Frage der Integration von Geflüchteten und das Wohngeld kommen auf der Bühne zur Sprache. Gleichzeitig ist das Stück eine Art Brücke zwischen deutschen Bürgerinnen und ukrainischen Flüchtlingen. Es ist der theatralische Versuch eines interkulturellen Dialogs, der gerade jetzt für beide Nationen so wichtig ist.
Aufführungen bis Dezember. Infos: Staatstheater Mainz. Das Theaterstück wird in deutscher Sprache mit ukrainischen Untertiteln (Deutsch von Lydia Nagel) aufgeführt.