Schild mit Refugees Welcome hinter einem Zaun
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Der Krieg hält an - viele Menschen fliehen aus der Ukraine
Soll Deutschland eine humanitäre Katastrophe befürchten?
In letzter Zeit hört man immer häufiger die Meinung von Experten, dass sehr sehr viele Menschen bald aus der Ukraine nach Deutschland fliehen werden, weil der Krieg andauert. Sollen wir davor Angst haben?
Lena Uphoff
02.04.2024
3Min

Russland kündigte eine neue Mobilisierungswelle an. Mehr als 150.000 Militärangehörige sollen ihren Dienst aufnehmen. Das ist Putins Befehl. Das bedeutet, dass Russland seine aggressiven Pläne zur Übernahme der Ukraine nicht aufgeben wird. Der Migrationsforscher Gerald Knaus sagt, dass im Fall eines russischen Sieges „erleben wir die weltweit größte Fluchtbewegung seit den 40er-Jahren.“

Wir sehen, dass die EU-Länder auf den schlimmsten Fall nicht vorbereitet sind. Das zeigt sich beispielsweise an der ungleichen Verteilung der Flüchtlinge: Heute leben mehr als 1,65 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland. Das ist zehnmal mehr als in Frankreich.

Das ist alles logisch und erklärbar. Am Anfang des Krieges flohen die Ukrainer*innen in einem Schockzustand in andere Länder, ohne eine Wahl zu haben. Im Grunde war es Polen, weil es nah dran war. Als nächstes kommt Deutschland. Menschen fliehen oft nur dann in andere Länder, wenn sie dort Freunde, Verwandte oder Sprachkenntnisse haben. 

Später kehrten viele Ukrainer in die Ukraine zurück, andere begannen jedoch, ganz nach Deutschland zu ziehen, da es dort eine bessere soziale und materielle Unterstützung gab. Doch derzeit gibt es im Land praktisch keinen verfügbaren Wohnraum. Auch die Sozialleistungen sind nicht endlos und stammen aus den Steuern der hier arbeitenden Menschen, die sich ebenfalls in einer Finanzkrise befinden.

Wie viele Leute werden kommen? Einige Experten sprechen von dreihunderttausend, andere von etwa zweihunderttausend und wieder andere von mehreren Millionen. Wir müssen jedoch verstehen, dass die Ukrainer nicht einfach so fliehen werden, um auf Kosten eines anderen Staates zu leben. Wenn die Wohnung nicht im Krieg zerstört wurde, dann gibt es zumindest noch eine. Zweitens, sie sprechen ihrer Muttersprache in der Heimat. Mit zunehmendem Alter ist das Erlernen einer neuen Sprache nicht jedermanns Sache. Darüber hinaus haben viele Ukrainer und Ukrainerinnen ältere Eltern, die sie nicht verlassen wollen oder kehren sogar in die Heimat zurück.

Doch was geschieht, wenn die Zerstörung weiter anhält? Wenn die Infrastruktur (Licht, Wasser, Wärme) weiter zerstört wird, oder wenn Russland gewinnt? Dann werden die Menschen fliehen. Die Ukrainer wollen nicht nach russischen Gesetzen und Werten leben und sie wollen nicht mit den Mördern ihrer Kinder zusammenleben.

Zerstörung Europas?

Sollte dies geschehen, könnte Deutschland tatsächlich eine beispiellose humanitäre Katastrophe erleben. Wo sollen Flüchtlinge untergebracht werden? Woher kommt das Budget, um ihnen zu helfen? Wie kann Deutschland die eigenen Bürger unterstützen, die in dieser Zeit ebenfalls in finanzielle Schwierigkeiten geraten? Leider haben die Politiker derzeit keinen Plan für diesen Fall. Zumindest erzählen sie uns nichts davon.

Lesen Sie hier, warum eine Arbeitspflicht für Geflüchtete in Deutschland sinnvoll - oder eben auch nicht sinnvoll ist.

Das Thema einer möglichen humanitären Katastrophe wird vor allem von jenen Politikern betont, die es für notwendig halten, in naher Zukunft alle möglichen Waffen in die Ukraine zu liefern, um den Sieg zu sichern. Auf jeden Fall verstehen wir alle, dass das Aggressorland gestoppt werden muss, sonst sind schwerwiegende Folgen für Einwohner anderer Länder, einschließlich Deutschlands, nicht zu vermeiden. Ansonsten werden die nächsten Jahrzehnte für uns alle sehr schwierig. Manchmal denke ich sogar, dass Putins Plan darin besteht, nicht nur die Ukraine zu übernehmen, sondern auch Europa durch eine humanitäre Katastrophe zu zerstören. Wenn Europa nicht rechtzeitig reagiert.

Kolumne

Tamriko Sholi

Wer bin ich, wenn ich keine Heimatgefühle mehr habe? Was machen Krieg und Flüchtingsdasein mit mir? Darüber schreibt die ukrainisch-georgische Schriftstellerin Tamriko Sholi in Transitraum