Plakatierung für die Initiative "Sachsensofa" - Gute Nachrichten für Sachsen
Good News - Plakatierung für die Initiative "Sachsensofa" - Gute Nachrichten für Sachsen
Christian Kurzke
Good News
Mehr vom Guten!
Irgendwie ist das Gute zu selten im Blick. Dabei gibt es so viel davon. Gerne erzähle ich von einem Erlebnis der letzten Wochen
12.08.2024
3Min

Es ist abends und ich sitze an einem Tisch in einem Restaurant in einem kleinen Ort bei Dresden, der vom Tourismus so geprägt wie beschenkt ist.

Das Restaurant gehört einem Paar, das mich zum Essen einladen will. Seit einigen Jahren haben die beiden das einst verfallene Haus mühevoll in ein schönes Restaurant verwandelt. Es ist Feierabend, alle Gäste sind bereits weg. Und ich bin gespannt. Wann wird man schon von Menschen eingeladen und bekocht, die ein gutgehendes Restaurant führen?

Noch gespannter als auf das Essen bin ich auf die Gespräche mit meinen Gastgebern, die ich bislang nur flüchtig kenne. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie im Kennenlernen der Moment kommt, indem das Gegenüber eingeordnet werden will: wohin gehört die Person, welche politische Meinung hat sie und wie schaut sie auf die Zustände in Sachsen? War das früher auch schon so? Ich glaube nicht. Dass ich neuen Bekannten so begegne, das hat viel mit der politischen Entwicklung in Sachsen zu tun.

Irgendwann kommt eine Gruppe Menschen herein und möchte noch essen. Mit Verweis auf den Küchenschluss wird ihnen sehr zugwandt ein anderes Restaurant gleich um die Ecke empfohlen, eine, wie ich finde, sehr freundliche Reaktion. Darüber will ich mehr wissen. Und so frage ich nach, ob diese Reaktion selbstverständlich sei, vielleicht weil sich die Menschen im Gaststättengewerbe in diesem Ort gut miteinander verstehen?

Die Antwort der beiden ist deutlich: nein! Mehr noch, eigentlich gäbe es fast keinen Kontakt untereinander. Es werde kaum miteinander geredet, geschweige denn sich vernetzt, um sich gegenseitig zu stärken und zu beraten. Stattdessen werde gern und viel übereinander gesprochen. Als ein Restaurant im Ort in eine Krise geraten sei, hätten automatisch die anderen Schuld bekommen, obwohl der Ort immer übervoll mit Gästen sei. Überhaupt falle auf, dass selten über Gutes, Gelingendes gesprochen wird. Irgendwie stünde immer vermeintlich Schlechtes im Vordergrund.

Mir erinnere mich bei dem Gedanken an die in der Region erscheinende Sächsische Zeitung. Sie hat sogar extra eine Rubrik erschaffen, in der sie gute Nachrichten aus Sachsen zusammenfasst: "Es ist nicht alles schlecht. Hier finden Sie Meldungen, die uns Mut machen."

Doch was eigentlich ist "gut"? Wirtschaftsinstitute haben erst in dieser Woche für Ostdeutschland gute, sogar bessere Prognosen veröffentlicht als für Westdeutschland. Trotzdem sehen sich viele im Schlechten und sehnen sich nicht nur nach einem Politik- und Parteienwechsel, sondern hoffen auf einen Systemwechsel. Sie sind der Auffassung, dass erst dann die Dinge wieder gut sein werden.

Ich erinnere mich an eine Fachtagung in Dresden vor einigen Wochen in der Sozialen Arbeit. Ein Verein wurde besonders gewürdigt, seine ganze Arbeit und Expertise sei beispielgebend für die gesamte Bundesrepublik. Fachkräfte waren ebenso anwesend wie Menschen aus der Politik oder den Ministerien: "Ihr Erfolg zeigt, dass es in Sachsen auch Gutes gibt, Gutes nicht nur für Sachsen, sondern auch für die Bundesländer", hieß es in einem Grußwort.

Diese Beobachtung mache ich oft. Es ist, als ob das Gute extra betont werden muss. Weil es sonst vielleicht übersehen wird oder nicht zur Geltung kommt. Viele Menschen scheinen es sonst nicht wahrzunehmen, so als ob sie sich selbst dabei übersehen. Und das, obwohl so viel Gutes und Gelingendes vorhanden ist – jeden Tag.

Und deshalb muss natürlich auch dieser Text mit etwas Gutem enden: Das Essen hat mich beeindruckt, es war gleichermaßen schlicht wie grandios. Und überhaupt wurde der Abend lang und die Nacht kurz. Ich bin mir sicher: Wir werden uns wiedersehen, obwohl wir doch sehr verschieden sind.

PS:
Dazu ein regionaler Veranstaltungstipp in eigener Sache: Auf dem Sachsensofa reden wir in den nächsten Wochen genau über mein Thema hier: Good News. Die Gesprächsreihe an unterschiedlichen Orten wird gemeinsam von meiner Akademie und der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen organisiert. Vielleicht sehen wir uns da mal?

Kolumne

Christian Kurzke

Christian Kurzke ist Studienleiter an der Evangelischen Akademie Sachsen. Täglich diskutiert er mit Menschen, die anders denken als er. Er will versuchen, sie zu verstehen, und schreibt über diese und andere Fragen in seiner Kolumne, alle zwei Wochen montags.