Die Umwelt schützen, die Klimakatastrophe aufhalten, die Schöpfung bewahren – hehre Ziele, denen die meisten Menschen wohl zustimmen würden. Wer will schon das Gegenteil – eine kaputte Umwelt, eine unkontrollierte Erhitzung der Atmosphäre mit schmelzenden Polen, Artensterben? Im Detail ist es aber ganz schön kompliziert, gut aus der Klimakrise zu kommen. Aber auch interessant: Wie viel Fläche benötigen wir in Zukunft für Photovoltaikanlagen? Wie viel Prozent unseres Energiebedarfs kann die Windkraft abdecken? Und wie lässt sich Energie speichern? Für Antworten auf diese und weitere Fragen haben wir ein Online-Glossar für Sie zusammengestellt, von A wie Akzeptanz bis Z wie Zukunftsenergie. Es geht immer wieder auch um konkrete Beispiele aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis, die in unserem Report nicht vorkommen oder nur angerissen worden sind.
A wie Akzeptanz
Wenn Windkraftanlagen geplant werden, protestieren Anwohnerinnen und Anwohner – wenn auch meist nur eine Minderheit, eine Mehrheit kann sich drehende Rotoren nebenan durchaus vorstellen.
Windkraft ist auf die Akzeptanz in der Bevölkerung angewiesen, wenn Deutschland die Klimaschutzziele erreichen will. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sieht vor, dass in der Bundesrepublik bis 2030 71 Gigawatt Windenergie an Land installiert sein sollen. Das Umweltbundesamt hält sogar 105 Gigawatt für erforderlich. Derzeit sind etwa 55 Gigawatt Leistung installiert. Ein Teil davon muss allerdings alters- und abnutzungsbedingt ersetzt werden. Es ist also viel zu tun, zumal der Ausbau der Windkraft fast zum Erliegen gekommen ist. Neue Flächen müssen ausgewiesen, Planungsverfahren beschleunigt werden. Im Bundestagswahlkampf war immer wieder von zwei Prozent der Landesfläche die Rede, die für die Windkraft reserviert sein müssen. Dieses Ziel wird im Rhein-Hunsrück-Kreis bereits deutlich übertroffen.
Um die Akzeptanz für die Windkraft zu steigern, sind Modelle wie im Hunsrück bundesweit denkbar (vielerorts gibt es sie bereits): Kommunen profitieren von Pachteinnahmen, indem sie sich entschulden und/oder etwas für die Menschen vor Ort tun können. Das EEG sieht ausdrücklich vor, dass Betreiber von Windkraftanlagen Kommunen an den Einnahmen aus der Windkraft beteiligen können. Und zwar auch dann, wenn das Windrad nicht auf der Fläche einer Gemeinde steht. Die Nähe entscheidet. Das Windrad muss weniger als 2.500 Meter entfernt stehen. Ist ein Ort betroffen, können 0,2 Cent pro Kilowattstunde in die Ortskasse fließen. Bei mehreren Orten wird es kompliziert. Vereinfacht gesagt ist dann entscheidend, wie viele Flächen der angrenzenden Orte im 2.500-Meter-Umkreis um das Windrad herum liegen. Und dann wird das Geld entsprechend aufgeteilt.
0,2 Cent pro Kilowattstunde – ist das viel oder wenig? Es klingt erst mal nach fast nichts. Aber das stimmt nicht. Ein Beispiel: Die neun Windkraftanlagen, die bei Neuerkirch stehen, produzieren pro Jahr 43 Millionen Kilowattstunden. Ergibt: 43.000.000 x 0,2 Cent = 8.600.000 Cent. Und das wären damit 86.000 Euro im Jahr.
A wie Atomkraft (und Dual-Fluid-Reaktoren)
Ist Atomkraft eine erneuerbare Energie? Nein. Denn Brennstäbe liefern nicht unendlich viel Energie. Atommüll fällt an. Obwohl weltweit 40 Länder (von knapp 200) Atomkraft nutzen oder genutzt haben, gibt es weltweit noch kein einziges Endlager, in dem der Müll für Tausende Jahre sicher lagern könnte; allein Finnland steht kurz vor der Fertigstellung. Also: Atomenergie erneuert sich eben nicht selbst. Dennoch gibt es in der Klimakrise Stimmen, die in der Atomkraft einen Teil der Lösung sehen. Strom aus der Atomenergie ist in der Tat CO2-arm. Es gibt aber viele Argumente gegen die Atomkraft.
Manche plädieren für Dual-Fluid-Reaktoren. Was hat es mit dieser Idee auf sich? Die Deutsche Physikalische Gesellschaft führt aus, dass in der Anfangszeit der Kerntechnik – in den 1940er und 1950er Jahren – viele Reaktorkonzepte erdacht worden seien, das US-Militär aber allein den Druckwasserreaktor durchgesetzt habe. Alternativen seien nicht mehr kommerziell weiterverfolgt, sondern als "Generation IV" konserviert worden. Das Konzept für Dual-Fluid-Reaktoren versteht sich nun als "Generation V"-Reaktor, also als ein neu patentiertes Reaktorkonzept. Es soll ein geologisches Endlager überflüssig machen und wirtschaftlich Strom produzieren.
Die Firma Dual Fluid Energy Inc. mit Sitz im kanadischen Vancouver wirbt für diese Idee. Namensgebend sind die Worte "Dual" und "Fluid" – zwei Flüssigkeiten. Auf der Internetseite der Firma heißt es, das Konzept nutze statt Brennstäben eben diese zwei zirkulierenden Flüssigkeiten: Eine trage den Brennstoff in sich, die andere führe die Wärme ab. Der Kernbrennstoff entfalte bei 1000 Grad Celsius seine Kraft, der Reaktor reguliere sich dann selbst. Katastrophen seien ausgeschlossen. Atomarer Abfall soll nicht anfallen, jedenfalls keiner, der länger als 300 Jahre gelagert werden müsse. Je nachdem, welcher Brennstoff verwendet wird, solle ein Dual-Fluid-Reaktor sogar bereits bestehenden Atommüll verbrauchen können.
Allerdings: Ein solcher Reaktor existiert bislang nur in der Theorie. Für 2034 peilt die Firma Dual Fluid Energy Inc. die Serienproduktion an. 2026 soll eine Pilotanlage entstehen. Ist das ein realistischer Zeitplan? Ist die Technik wirklich sicher? Ist sie wirklich wirtschaftlich? Wer finanziert den Bau? Das sind offene Fragen in einer Zeit, in der das Problem – die Klimakatastrophe – nach rasch funktionierenden Lösungen verlangt.
Der Youtube-Wissenschaftskanal "Breaking Lab" hat dem Thema ein Video gewidmet.
B wie Biomasse
Biomasse ist gespeicherte Sonnenenergie, gewonnen mittels der Photosynthese. Wir nutzen sie selbst, um Energie zu gewinnen – indem wir Biomasse wie etwa Getreide essen. Oder an Tiere verfüttern. Ihr großer Vorteil bei der Strom- und Wärmegewinnung besteht darin, dass Biomasse immer gespeicherte Energie ist. Wir können sie nutzen, wenn der Wind nicht weht und/oder die Sonne nicht scheint. Der Nachteil besteht darin, dass – wer Biomasse nutzt – in Kauf nehmen muss, mit Flächen für die Nahrungsmittelproduktion zu konkurrieren. Hoffnung machen Energiepflanzen wie Miscanthus (Chinaschilf, Chinagras), die einen höheren Energieertrag versprechen als andere Pflanzen.
Biomasse fällt immer an, wir nutzen sie aber noch nicht immer konsequent. Zum Beispiel: Grünschnitt, der an Straßen oder in Parks wächst. Christian Holler und Joachim Gaukel, Physiker und Mathematiker, schätzen, dass sich eine Kilowattstunde Energie pro Person und Tag gewinnen ließe, wenn alle Grünabfälle für die Energiegewinnung genutzt würden. Gemessen daran, dass die beiden Autoren des Buches "Erneuerbare Energien - Ohne heiße Luft" davon ausgehen, dass jeder Mensch pro Tag 125 Kilowattstunden an Energie benötigt, ist das wenig – aber auch nicht nichts, sondern ein kleiner Baustein.
Im Hunsrück wird Biomasse konsequent genutzt. Ein Beispiel: Es gibt 120 Plätze im Landkreis, an dem Bürgerinnen und Bürger ihren Baum- und Strauchschnitt abgeben können. Aus 40 Prozent wird Material, das die Leute sich – klein geschreddert – zum Gärtnern wieder mitnehmen können, als Dünger und Bodenverbesserer. Aus 60 Prozent wird Brennstoff, der verfeuert wird. Damit werden – in Nahwärmeverbünden – mittlerweile 22 Schulgebäude, acht Sporthallen, zwei Hallenbäder und ein Freibad, ein Mensagebäude, eine Stadthalle, zwei Seniorenwohnheime, eine Bibliothek und ein Rathaus beheizt. Das spart im Jahr 800.000 Liter an Heizöl, 15 Millionen Euro verbleiben nach Schätzung der Kreisverwaltung so in der Region, die sonst für Energieimporte hätten aufgewendet werden müssen.
Der Rauch, der bei der Verbrennung der Biomasse entsteht, wird gefiltert, um Feinstaubemissionen zu minimieren.
Im Rhein-Hunsrück-Kreis ist das so möglich, weil die Region ländlich geprägt ist. Kleine Dörfer und Gemeinden dominieren, es gibt viel Platz, viele Menschen haben Häuser mit großen Gärten – und entsprechend viel Baum- und Strauchschnitt. Nicht jede Gegend in Deutschland hat so eine Struktur, aber viele der übrigen 293 Landkreise können sich an diesem Beispiel orientieren.
C wie CO2-Äquivalent
CO2-Äquivalente machen zum Beispiel vergleichbar, wie stark verschiedene Energieträger auf das Klima einwirken. Im Detail ist das sehr interessant. So hat die Energieagentur NRW (unter diesem Link ist ein Download möglich) ermittelt, dass pro Kilowattstunde Solarstrom im Schnitt etwas mehr als 53 Gramm Kohlendioxid entstehen. Warum ist das so? Photovoltaik ist doch gut fürs Klima! Ja, aber auch Photovoltaikanlagen müssen ja erst einmal produziert, die Rohstoffe dafür gewonnen werden. Wie hoch der Wert dann konkret ist, hängt zum Beispiel davon ab, ob für die Produktion Kohlestrom oder grüner Strom eingesetzt wird.
53 Gramm CO2 pro Kilowattstunde (kWh) also – ist das viel oder wenig? Das wird deutlich, wenn man sich die Vergleichswerte für andere Energieträger vergegenwärtigt:
- Braunkohle: 1075 Gramm/kWh
- Erdgas: 499 Gramm/kWh
- Windkraft an Land: 17,7 Gramm/kWh
D wie Dunkelflaute
Der Begriff bezeichnet Tage mit sehr schwachen bis ausbleibenden Winden und gleichzeitig starker Bewölkung, an denen wenig Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen erzeugt wird. Der Deutsche Wetterdienst hat anhand von Wetterdaten der Jahre 1995 bis 2015 ermittelt, dass die Windenergieanlagen an Land und auf See in Deutschland zusammengenommen durchschnittlich 13 Mal pro Jahr über mindestens 48 Stunden hinweg nur maximal zehn Prozent ihrer installierten Leistung ausschöpfen können. An solchen Tagen müssen andere Stromquellen und Speicher einspringen.
Vertreterinnen und Vertreter der Erneuerbaren-Energien-Branche lehnen den Begriff "Dunkelflaute" ab; sie argumentieren, dass gezielt Angst verbreitet werden soll, wenn zwei negativ konnotierte Worte zu einem zusammengesetzt werden – "dunkel" und "Flaute". Tatsächlich zog der frühere Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes im März 2018 das Fazit: "Aus meteorologischer Sicht spricht also nichts gegen einen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa."
E wie EEG
Das EEG ist die Abkürzung für das "Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien", das im Jahr 2000 unter der rot-grünen Bundesregierung das Stromeinspeisungsgesetz von 1991 ersetzt. Dieser Vorläufer wiederum war – im Prozess der Wiedervereinigung weitgehend unbemerkt – sowohl von Unions- als auch von Grünen-Abgeordneten in den Bundestag eingebracht und verabschiedet worden. Das Gesetz regelt die bevorzugte Einspeisung von erneuerbaren Energien ins Stromnetz und formuliert in seiner aktuellen Fassung das Ziel, "dass vor dem Jahr 2050 der gesamte Strom, der im Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland (…) erzeugt oder verbraucht wird, treibhausgasneutral erzeugt wird".
Das EEG löste einen Boom der Erneuerbaren aus, war aber auch immer wieder Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen, wie Nina Scheer, Tochter von Hermann Scheer, einem der Vordenker des EEG, im vorigen Jahr resümierte.
E wie Energie sparen
"Die beste Energie ist die, die man nicht verbraucht", sagt Frank-Michael Uhle, der Klimaschutzmanager aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis. Das Potenzial ist groß. Die Bundesregierung möchte bis 2050 den Primärenergieverbrauch gegenüber 2008 halbieren - also den gesamten Verbrauch an Energie, nicht nur den Stromverbrauch. Denn der wird – unter anderem, weil Autos zunehmend elektrisch betrieben werden – aller Voraussicht nach sogar noch steigen.
Im Hunsrück gibt es mehrere Initiativen, um den Stromverbrauch zu senken. So unterstützte die Gemeinde Schnorbach mit Pachteinnahmen aus der Windkraft die Bürgerinnen und Bürger dabei, alte, energieineffiziente "Weiße Ware" (z. B. Kühlschränke) durch neue Produkte zu ersetzen. Manche Gemeinden boten auch LED-Tauschtage an – alte Glühlampen gegen neue, sparsame LED-Lampen.
F wie Flächenbedarf
Flächen spielen eine große Rolle, bei jeder Energiequelle. Auch ein Atom- oder Kohlekraftwerk benötigt Flächen – und Abbauflächen für Kohle oder Uran. Besonders zur Frage der Flächen, die für die Windkraft an Land vorgesehen sind, gibt es immer wieder Streit. Meist ist von zwei Prozent der Landesfläche die Rede, das entspricht 7.000 Quadratkilometern, nicht einmal die Hälfte davon ist bereits so ausgewiesen, dass dort Windparks entstehen können. Die "Klimareporter" haben diese Frage lesenswert und kompakt analysiert.
Ihr Fazit: Mehr als die zwei Prozent müssen es nicht werden. Damit übererfüllt der Rhein-Hunsrück-Kreis bereits das Ziel, hier belegt die Windkraft mehr als vier Prozent der Fläche.
G wie Geothermie
99 Prozent der Erde sind heißer als 1.000 Grad. Der Planet strahlt mehr als doppelt so viel Energie ab, wie die Menschheit benötigt. Aber an diese Energie heranzukommen, ist nicht so leicht. Es gibt tiefe Geothermie, mit tiefen Bohrungen. In München gibt es interessante Beispiele.
Und es gibt oberflächennahe Geothermie. Sie ist besonders für Gebäude interessant, die gut gedämmt sind und wenig Energie verbrauchen. Diese Form der Geothermie nutzt den Umstand aus, dass die Erde in wenigen Metern Tiefe eine bestimmte Temperatur auch im Winter nicht unterschreitet. Um diese Bodenenergie als Wärmequelle zu nutzen, bedarf es Pumpen, die Strom verbrauchen und den Stromverbrauch in Deutschland – wie auch die Elektromobilität – steigen lassen.
Verschiedene Formen der Erdwärme werden in diesem Video kurz und anschaulich erklärt.
H wie H2 (Wasserstoff)
Wasserstoff aus Wind- und Sonnenenergie
In seiner reinen Form ist Wasserstoff ein Gas (Infos zum Thema Wasserstoff und Anwendungsgebiete sind in diesem Video 30 Minuten lang kompakt und facettenreich zusammengefasst). Manche nennen Wasserstoff den "Champagner der Energiewende". Durch Energiezufuhr lässt sich Wasser (H2O) in seine Bestandteile Sauerstoff und klimaneutralen Wasserstoff aufspalten. Wasserstoff ist ein sehr energiereiches Element; deshalb ist es möglich, ihn als Stromspeicher zu nutzen – den man zur Strom- und Wärmegewinnung aktivieren kann, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Um das Klima zu schützen, ist es erforderlich, Wasserstoff ausschließlich aus erneuerbaren Energien zu erzeugen (grüner Wasserstoff).
Es ist strittig, wie groß das Potenzial für Wasserstoff wirklich ist und in welchem Umfang er importiert werden kann und sollte - aber unstrittig ist, dass das Gas eine zentrale Rolle spielen muss, wenn die Energiewende gelingen soll. Joachim Fünfgelt, Referent Energiepolitik bei Brot für die Welt, plädiert dafür, die Anwendungsgebiete klar einzugrenzen und Megaprojekte kritisch zu betrachten.
Joachim Gaukel schätzt, dass Wirkungsgrad von Wasserstoff realistisch vielleicht knapp über 50 Prozent liege. Das bedeutet, dass bei der Erzeugung von Wasserstoff Energie verloren geht. "Das ist kein Argument dagegen, aber eben ein Wermutstropfen, um den man nicht herumkommt. Und mittelfristig spielt die Rückverstromung überhaupt keine Rolle, denn die Industrie fragt Wasserstoff in erheblichem Umfang nach; solange diese Nachfrage nicht erneuerbar gedeckt wird, macht die Verstromung eigentlich keinen Sinn", so Gaukel, Professor an der Fakultät Wirtschaft und Technik der Hochschule Esslingen.
K wie Kosten – das Beispiel Windkraft
"Strom aus erneuerbarer Energie ist teuer und unwirtschaftlich!" – Dieses Argument hört man häufig von Gegnern der Energiewende. Aber stimmt es auch?
Auf den ersten Blick ist es irritierend: Wenn sich Strom mit Windkraft für einen Preis zwischen 3,94 und 8,29 Cent je Kilowattstunde produzieren lässt – warum braucht es dann noch eine Förderung durch das EEG? Jürgen Quentin von der Fachagentur Windenergie an Land löst diesen scheinbaren Widerspruch auf: "Das EEG hat seine Berechtigung, weil Betreiber von Windenergieanlagen an der Strombörse nicht unbedingt den Preis erzielen können, der erforderlich ist, damit sich Bau und Errichtung einer Anlage rentieren." Ein Extrem: Zu Beginn der Corona-Krise sank der Stromverbrauch so deutlich, dass es weit mehr Strom gab, als gebraucht wurde. Die Kilowattstunde war zeitweise für nur einen Cent und darunter zu haben.
Windräder sind typischerweise zu etwa 80 Prozent fremdfinanziert. Keine Bank würde ein Windrad finanzieren, für dessen Strom ein Betreiber so wenig Geld erlöst, dass er damit den Kredit nicht abzahlen kann. Im windreichen Norden ist die Kilowattstunde etwas günstiger, im windärmeren Süden etwas teurer in den sogenannten Stromgestehungskosten – aber vier bis acht Cent an Einnahmen für die Kilowattstunde sind unerlässlich, um die millionenschwere Investition über die Zeit zu refinanzieren.
Das EEG ist die gesetzliche Grundlage und Garantie, die dem Anlagenbetreiber über 20 Jahre einen Mindestbetrag aus der Windkraft zusichert. Ein Beispiel: Bildet sich an der Strombörse zu einer bestimmten Stunde für Windstrom ein Preis von 4,5 Cent für die Kilowattstunde heraus, während der Betreiber einen Zahlungsanspruch von acht Cent pro Kilowattstunde aus dem EEG hat, beträgt die Differenz 3,5 Cent – und nur diese Differenz fließt als sogenannte Marktprämie an den Anlagenbetreiber. Den Rest muss er über den Verkauf seines Stroms an der Börse erwirtschaften. Nur der Differenzbetrag wird letztlich auf alle Endverbraucher über die Stromrechnung "gewälzt" - in Form der sogenannten EEG-Umlage.
Umgekehrt ist es aber auch so, dass in Stunden mit hohen Börsenstrompreisen kein Geld aus der EEG-Umlage an Betreiber von Windkraftanlagen fließt, wenn nämlich der Preis für Windstrom an der Börse über dessen Zahlungsanspruch aus dem EEG liegt. Und diese Zeiten nehmen zu. Warum? An der Strombörse gilt das Grenzkostenprinzip. Es besagt, dass das teuerste Kraftwerk, das gerade noch erforderlich ist, um zu einer bestimmten Stunde die nachgefragte Strommenge decken zu können, den Preis auch für alle anderen Stromanbieter setzt. Weil in den vergangenen Jahren zu wenig neue Windenergie- und Solaranlagen gebaut wurden, Großkraftwerke wie Atommeiler und auch einzelne Kohlekraftwerke aber vom Netz gehen, kommen häufiger Gaskraftwerke zum Einsatz. Diese sind meist preissetzend; allerdings hat sich Erdgas zuletzt stark verteuert.
Strom wird also teurer, aber das liegt nicht an den erneuerbaren Energien, sondern daran, dass deren Ausbau nicht schnell genug vorangekommen ist.
L wie Leistung und L wie LED: "Kilowatt & Co"
Die Energiewende ist ohne Zahlen leider nicht zu durchdringen. Wer sich mit dem Thema befasst, wird sehr schnell Sätze lesen wie "Berliner Stadtwerke haben über 51 Megawatt an neuer Windleistung installiert". Oder: "Pro Quadratmeter Dachfläche schafft eine Photovoltaikanlage eine Leistung von 200 Watt." Man fühlt sich an den Physikunterricht erinnert. Puh, lange her! Wir frischen Ihr Wissen auf:
Die physikalische Größe "Leistung" steht für Energie pro Zeit. Sie wird in Watt (W) gemessen - benannt nach dem schottischen Erfinder James Watt (1736-1819). Wenn wir von Größen wie Watt, Kilowatt, Megawatt oder Gigawatt lesen, sind damit aber erst einmal Einheiten für eine Leistung gemeint, eine momentane Größe. Bei Kraftwerken ist damit oft die Nennleistung gemeint.
Erst wenn man Leistung aber mit einer Zeiteinheit angibt, weiß man, wie viel Energie in einem bestimmten Zeitraum geliefert oder verbraucht wird. Aus Kilowatt wird dann eine Kilowattstunde.
Beispiele fürs bessere Verständnis (eine gute Hintergrundquelle finden Sie hier):
Beispiel Photovoltaik: Wenn der Quadratmeter Fläche eines Hausdaches 200 Watt an Leistung liefern kann, indem es mit Photovoltaikmodulen belegt ist, bedeutet das nicht, dass diese Leistung immer fließt. Die Jahreszeiten und der Stand der Sonne spielen eine Rolle, das Wetter, die Bewölkung, der Wohnort, die Dachneigung …
Wenn fünf Quadratmeter eines Hauses mit einer PV-Anlage bedeckt sind, ergibt sich rechnerisch eine Nennleistung von etwa 1.000 Watt – oder (umgerechnet, geteilt durch 1.000) einem Kilowatt. Nur wenn mit Hilfe der Sonne ein Kilowatt (kW) konstant über eine Stunde produziert wird, entspricht das genau einer Kilowattstunde (kWh) an elektrischer Energie. Um dafür ein Gefühl zu bekommen: Der Durchschnittsverbrauch an Strom einer vierköpfigen Familie wird oft mit 4.000 Kilowattstunden pro Jahr angegeben. Nun hat ein Kalenderjahr 8.760 Stunden. Würde also die fünf Quadratmeter große Photovoltaikanlage über dieser Beispielfamilie immerzu konstant die Nennleistung von einem kW abrufen, würden 8.760 kWh daraus – mehr als genug. Aber das ist unmöglich, weil die Sonne nicht immer scheint (und auch nicht immer gleich intensiv).
In der Praxis sind Photovoltaikanlagen um ein Vielfaches größer als unsere Ein-Kilowatt-Beispielanlage, aber mit ihr lässt es sich besser rechnen: Sie erzeugt 800 bis 1.250 Kilowattstunden an Strom im Jahr. Wenn dieser Strom selbst verbraucht wird (wozu wegen der stark gesunkenen EEG-Vergütung geraten wird), ist das schon eine ganze Menge. Noch besser fällt das Ergebnis aus, wenn ein Dach nicht nur fünf Quadratmeter hergibt, sondern sogar doppelt oder dreimal so viel – und wenn ein Speicher den Strom für die Nacht nutzbar macht. Eine Leistung von sieben kW ist keine Seltenheit.
Beispiel Windpark: Wenn ein Stadtwerk irgendwo 50 Megawatt an neuer Windkraftleistung installiert, ist das eine abstrakte Angabe, die nach sehr viel Strom klingt. Und es geht auch um viel. Ein Windrad kann heutzutage eine Leistung von vier Megawatt aufweisen. Wenn davon also 13 Anlagen in einem Park zusammengeschlossen werden, übertreffen wir die Leistung von 50 Megawatt noch.
Aber wie bei Photovoltaikanlagen gilt auch für Windkraftanlagen: Diese Leistung wird nicht immer konstant abgerufen. Es gibt windreichere und -ärmere Gegenden, im Winterhalbjahr ist es meist windiger als im Sommer.
Ein Blick in den Hunsrück hilft, das Ganze besser zu verstehen. In Neuerkirch sind neun Windkraftanlagen installiert, sie liefern nach Angaben der Gemeinde pro Jahr 43 Millionen kWh an Strom. Errichtet wurden acht Anlagen des Herstellers Enercon mit einer Nennleistung von 2.300 Kilowatt oder – umgerechnet – 2,3 Megawatt (und die eines anderen Herstellers, der Einfachheit halber lassen wir sie außen vor).
Würden nur die Enercon-Anlagen in Neuerkirch konstant 8.760 Stunden im Jahr Strom auf Niveau ihrer Nennleistung von zusammen 18.400 Kilowatt (oder 18,4 Megawatt) produzieren, ergäbe das einen kaum vorstellbaren Wert von 161.184.000 kWh. Etwas greifbarer wird der Wert, wenn wir ihn durch 4.000 kWh teilen, also den häufig angegebenen Verbrauch einer vierköpfigen Familie: ergibt 40.296 Familien, die von acht Enercon-Windrädern theoretisch mit Strom versorgen könnten.
Praktisch sind es 43 Millionen kWh. Geteilt durch 4.000 kWh reicht das ein Jahr lang für den Strom von 10.750 Haushalten. Auch das ist ein theoretischer Wert, für den man – wollte man ihn praktisch einlösen – den gesamten Strom ohne Verlust speichern können müsste, da der Wind nicht immer gleich stark weht.
Im Schnitt, so schreiben Christian Holler und Joachim Gaukel, erreichen Windkraftanlagen an Land 20 bis 30 Prozent ihrer Nennleistung. Dieses Wissen hilft, Meldungen wie die eines neuen Windparks mit einer Leistung von 50 Megawatt (oder 50.000 kW) einzuordnen.
Um all das noch mal in den Alltag zu übersetzen: Eine Glühlampe älterer Bauart mit 40 Watt Leistung, die den ganzen Tag brennt, verbraucht etwa eine Kilowattstunde. Rechnung: 40 W x 24 Stunden = 960 Wattstunden. Umgerechnet in Kilowatt (also geteilt durch 1.000) ergibt das den Wert von 0,96 kWh. Das sind immerhin etwa 30 Cent an Stromkosten. Verwendet man eine LED-Lampe mit vergleichbarer Strahlung, benötigt die nur eine Leistung fünf Watt. 5 W x 24 Stunden = 120 Watt, also 0,12 kWh, macht nur 3,6 Cent.
Wer sich noch mal detailliert mit dem Thema Leistung befassen möchte, dem sei ein mehrteiliges Video empfohlen, hier geht es zu Teil 1.
M wie Mobilität
Der Verbrenner stirbt aus. So will Volkswagen zwischen 2033 und 2035 damit aufhören, Benziner oder Diesel in Europa zu verkaufen. Und sicher hat mittlerweile fast jeder schon mal ein E-Auto gesehen, das rein elektrisch fährt. Aber noch sind sie die Ausnahme. Zum Jahresende 2020 waren in Deutschland rund 48 Millionen Pkw zugelassen, davon sind nur etwa 310.000 rein elektrisch gefahren. E-Mobilität spart jede Menge Kraftstoff, treibt aber auch den Stromverbrauch in die Höhe. Die "Zeit" zitiert Christoph Pellinger, Geschäftsführer der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in München, der von 130 Terawattstunden (TWh) Mehrverbrauch pro Jahr ausgeht. Das ist ein Viertel mehr als die Strommenge, die wir in der Vergangenheit pro Jahr verbraucht haben. Unser Stromverbrauch könnte also um 25 Prozent steigen!
Ein kurzer Schritt zurück zu L wie Leistung, um die Dimension zu verstehen:
Ein Haushalt mit vier Personen verbraucht 4.000 Kilowattstunden im Jahr.
- 1.000 Kilowattstunden sind 1 Megawattstunde (MWh)
- 1.000 Megawattstunden entsprechen 1 Gigawattstunde (GWh)
- 1.000 Gigawattstunden sind 1 Terawattstunde (TWh)
130 Terawattstunden für E-Mobilität!
Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lieferte Windkraft in Deutschland aufgerundet 132 Terawattstunden an Strom.
E-Mobilität wird eine enorme Aufgabe!
Etwas "kleiner" werden kann die Herausforderung, wenn es gelingt, Nutzung und Besitz zu entkoppeln, denn Autos stehen die meiste Zeit des Tages herum (was sie als Stromspeicher durchaus interessant machen kann). Im Hunsrück können Bürgerinnen und Bürger in verschiedenen Dörfern E-Autos kostenlos leihen. Grünen Strom gibt es dort im Überfluss. Bisher wechselten sich die Dörfer ab, nun soll das Projekt für alle interessierten Gemeinden fest institutionalisiert werden.
M wie Mieterstrom
Es ist ein Dilemma: Ohne Ausbau der Photovoltaik wird die Energiewende misslingen. Ausbauen können bisher aber vor allem die, die auch ein Dach ihr Eigen nennen – oder aber große Flächen. Eigentümer also. Diese Menschen profitieren ohnehin von den Wertzuwächsen, die bei Grund und Boden zu verzeichnen sind – während Mieterinnen und Mieter es bei steigenden Preisen schwer haben, selbst Eigentum zu erwerben. Wer im Eigentum lebt, kann nun seinen eigenen Strom herstellen und verbrauchen und/oder ins Netz einspeisen. Und von günstigen Förderkrediten profitieren. Das birgt Konfliktstoff, zumal Mieterinnen und Mieter über ihre EEG-Umlage auch den Strom der Eigentümer vergüten.
Die Eigentümerquote in Deutschland liegt unter 50 Prozent, eine Mehrheit der Menschen lebt also zur Miete, besonders in den großen Städten – in denen viel Energie verbraucht wird und viele Dächer zur Verfügung stehen, auf denen Energie erzeugt werden kann. Das Potenzial ist enorm, Schätzungen gehen von einer möglichen installierten Leistung in Höhe von 5,7 Millionen Gigawattstunden aus.
Mieterstrom ist schon seit einiger Zeit im EEG geregelt. Doch bisher galten die Bestimmungen als viel zu kompliziert. Zu Jahresbeginn 2021 traten neue Bestimmungen in Kraft. Ob sie das ganze Potenzial entfalten, bleibt abzuwarten. Das Thema ist immer noch komplex, in der Praxis dürfte es auf die Mieterinnen und Mieter vor Ort ankommen, die sich für Mieterstrom einsetzen – auch, um sich günstiger als bisher mit Strom zu versorgen.
N wie Nahwärme
Wer Nahwärme nutzt, teilt sich – vereinfacht gesagt – mit Haushalten in der Nähe eine Wärmequelle. In Neuerkirch und Külz handelt es sich dabei um ein Holzhackschnitzel-Kraftwerk und eine solarthermische Anlage. Das Gegenteil ist Fernwärme, bei der die Wärmeenergie über größere Strecken geleitet wird. Ein Beispiel ist die Abwärme von Müllverbrennungsanlagen. Prinzipiell ist es immer besser, die Abwärme bei Verbrennungsprozessen zu nutzen, denn das erhöht die Effizienz von thermischen Anlagen. Ein großer Nachteil der Kernenergie ist, dass ihre Abwärme in Flüsse geleitet wird; ein Nachteil mancher Biogasanlagen ist, dass sie außerhalb von Ortschaften stehen und viel Wärme verloren geht.
Im Hunsrück ersetzen 16 Nahwärmeverbünde inzwischen jährlich 2,7 Millionen Liter Heizöl.
P wie Photovoltaik
Solarzellen entstehen aus Silizium, die Grundlage ist Sand, der Rohstoff ist relativ gut verfügbar. Der oberen Schicht einer Zelle wird Phosphor beigemischt. Der unteren Schicht wird Bor zugeführt. Es gibt also drei Schichten, zwischen denen Elektronen strömen, die einen Stromkreislauf bilden. Der lässt sich nutzen. Bedingung, damit das funktioniert, ist Sonnen- und Lichtstrahlung. Das ist auch der Nachteil, der Strom aus Photovoltaikanlagen fließt nicht gleichmäßig.
Die Stromgestehungskosten – also die Kosten, die anfallen, wenn eine Kilowattstunde Strom produziert wird – schwanken. Sie sind abhängig von der Lage innerhalb Deutschlands, im Süden günstiger, im Norden teurer, aber auch dort kann sich eine Photovoltaikanlage rechnen. Wichtig ist auch die Größe. Es gibt Freiflächenanlagen wie im Hunsrück auf der ehemaligen Mülldeponie, dort entsteht günstigerer Strom als in kleineren Anlagen. Laut Fraunhofer-Institut betragen die Stromgestehungskosten für Solarstrom in Deutschland zwischen 3,12 und 11,01 Cent pro Kilowattstunde. Wer eigenen Strom aus einer Photovoltaikanlage nutzt, profitiert also, denn der Strom, den Stromanbieter verkaufen, ist derzeit deutlich teurer.
Photovoltaik spielt eine wichtige Rolle bei der Energiewende. Christian Holler und Joachim Gaukel, der Physiker und der Mathematiker, haben errechnet, dass sich – pro Person gerechnet – ein Fünftel unseres Bedarfs an Energie decken lässt, wenn wir die Strahlen und Wärme der Sonne nutzen, indem wir auf allen Dächern Anlagen installieren – und ein Prozent der Fläche für Großanlagen nutzen.
Sogenannte Agri-PV sollen die Flächen weiterhin landwirtschaftlich nutzbar machen und den Flächenkonflikt Energie versus Nahrungsmittelproduktion auflösen helfen.
Die Nutzung der Dächer auf der Erde könnte nach Aussage einer Studie ausreichen, den weltweiten Stromhunger mittels Photovoltaik zu stillen.
R wie Rotmilan
Der Rotmilan ist ein Greifvogel. Immer wieder war und ist diese Vogelart Thema vor Gericht, weil die Befürchtung besteht, dass die Tiere durch Flügelschlag von Windkraftanlagen getötet werden. Im Rhein-Hunsrück-Kreis hat sich diese Befürchtung der Kreisverwaltung nicht bestätigt. Hier ist ein Zuwachs an Brutpaaren zu verzeichnen. Es gibt dort nach Angaben des Landkreises auch mehr Schwarzstörche als früher.
S wie Speicher
Speicher spielen in der Energiewende eine zentrale Rolle. Denn Strom aus erneuerbaren Energien fließt nicht immer gleichmäßig. Es gibt Tage mit wenig Sonneneinstrahlung – und es gibt die Jahreszeiten. Im Winter fällt deutlich weniger Solarstrom an als im Sommer (dafür aber meistens mehr Windstrom). Auch der Wind weht nicht immer gleichmäßig, was moderne Windkraftanlagen teilweise dadurch ausgleichen, indem sie hoch sind – dort weht ein stetigerer Wind als in Bodennähe.
Strom muss also gespeichert werden, um ihn nutzen zu können, wenn nicht ausreichend Strom aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht. Es gibt große Speicher – und kleine, dezentrale Speicher.
Einige Beispiele:
- Pumpspeicherwerke: Steht Strom im Überfluss bereit, wird Wasser in höhere Lagen in Stauseen gepumpt. Mangelt es an Strom, wird es ins Tal hinabgelassen und treibt auf dem Weg eine Turbine an. Für Kinder und daher besonders verständlich erklärt, zeigt dieses Video, wie das Prinzip in der Praxis funktioniert. Das Pumpspeicherwerk an der Saale hat eine Leistung von 320 Megawatt.
- Druckluft-Speicher: Überschüssiger Strom verdichtet Luft zu Druckluft, die man speichern kann – in Behältern oder unterirdischen Hohlräumen. Entweicht der Druck bei Strommangel, treibt die Luft Generatoren an. Hier ein Beispiel für kreativen Erfindergeist.
- Große Batteriespeicher, am Beispiel Hunsrück die Großbatterie in Gödenroth. Sie kann ca. 400 Haushalte einen Tag lang mit Strom versorgen.
- Wasserstoff: Wenn man temporär überschüssigen Strom – etwa aus der Windkraft und das vorzugsweise nachts, wenn weniger Strom verbraucht wird - in großem Maßstab für die Elektrolyse nutzt, lässt sich erneuerbarer Strom auch in Form von grünem Wasserstoff speichern, der sich weiterverarbeiten lässt.
- Batterien in E-Autos können, wenn die Autos stehen und ans Netz angeschlossen sind, als Speicher im Stromnetz fungieren.
- Heimische Batteriespeicher können tagsüber Sonnenenergie speichern und abends/nachts wieder abgeben. Hoffnung machen die Fortschritte bei den Natrium-Ionen-Akkus. Natrium ist nicht knapp, es kommt reichlich vor. Allerdings ist es schwerer als Lithium, bei stationären Batterien spielt das aber keine große Rolle – anders als bei Batterien, mit denen Fahrzeuge betrieben werden.
T wie Trassen
Mit dem Argument, dass Windstrom aus dem Norden in den Süden transportiert werden muss, wird der Bau von Hochspannungstrassen oft als Bedingung dafür gemacht, dass die Energiewende gelingen kann. Dabei ist das Projekt milliardenschwer, von mehr als 50 Milliarden Euro bis 2030 ist die Rede. Es gibt aber auch Stimmen, die diese Form des Netzausbaus für falsch halten und die lieber andere Präferenzen setzen.
V wie Vollversorgung
Einhundert Prozent erneuerbar! Geht das, wenn man nicht nur die Stromherstellung betrachtet, sondern den Bedarf an Primärenergie – der dann auch unseren Konsum, unsere Mobilität, die Produktion umfasst? Die Autoren Christian Holler und Joachim Gaukel gehen in ihrem sehr lesenswerten Buch "Erneuerbare Energien – ohne heiße Luft" davon aus, dass jede(r) von uns jeden Tag 125 Kilowattstunden an Energie verbraucht – 111,5 davon ließen sich über erneuerbare Quellen decken, glauben die beiden Autoren. Die wichtigste Quelle: Wind- und Sonnenenergie. Es bleibt eine Lücke. Vollversorgung - einschließlich der Primärenergie - ist ein schwieriges Unterfangen, wie auch Harald Lesch erklärt.
Es geht also auch darum, Energie zu sparen. Es geht um internationale Zusammenarbeit, um dieses Ziel zu erreichen. Und vielleicht auch darum, auf das ein oder andere Privileg zu verzichten.
W wie Windkraft
Die Windkraft verwandelt Luftströmungen in Strom, indem der Wind Rotoren in Bewegung setzt, die wiederum Generatoren antreiben. Es gibt große Windkraftanlagen, mit Nennleistungen deutlich im Megawattbereich. Es gibt auch Kleinwindkraftanlagen. Es ist Konsens, dass die Energiewende ohne Windkraft nicht gelingen kann.
Z wie Zukunft(senergie) und Zertifikate
Gesetzlich ist die Sache in Deutschland klar: Das Land muss klimaneutral werden, und zwar schnell, das haben die Verfassungsrichterinnen und -richter unterstrichen. Wir können nicht nur der nachfolgenden Generation alle Anstrengungen überlassen. Für viele andere Länder auf der Welt könnte das ein Vorbild werden. Oder eine Mahnung, falls wir scheitern.
Aber der Weg ist offen. Klar ist, dass es ohne Wind- und Sonnenenergie nicht klappen kann. Und auch nicht ohne einen effizienteren Umgang mit Energie. Ein möglicher Weg, um die Transformation zu schaffen, kann ein Handel mit Zertifikaten sein. Es werden nur noch so viele Zertifikate ausgegeben, die zum Ausstoß einer Tonne von Treibhausgasen berechtigen (Stichwort CO2-Preis), wie die Atmosphäre nach den Bestimmungen des Pariser Klimaschutzabkommens noch aufnehmen kann. Jahr für Jahr würden es weniger Zertifikate sein. Wer viel emittiert, muss welche dazukaufen. Wer spart, macht Gewinn. Der Grundgedanke ist im europäischen Emissionshandel verwirklicht, allerdings mit vielen Ausnahmen. Befürworter sagen: So ein System macht erfinderisch, wir stoßen auf Lösungen, die es heute noch nicht gibt – oder die noch zu teuer sind. Kritiker wenden ein, die reine Hoffnung auf erlösende Erfindungen sei naiv. Menschen mit geringem Einkommen würden durch hohe Energiepreise abgehängt, obwohl die meisten Treibhausgasemissionen auf das Konto von Menschen gingen, die wirtschaftlich gut dastehen.
Es bleibt spannend, und es wird viele Möglichkeiten bringen, mitzumachen, sich einzubringen – das ist im Hunsrück deutlich zu sehen.
Buchtipps zum Thema:
Christian Holler / Joachim Gaukel: Erneuerbare Energien:
Ohne heiße Luft. 272 Seiten,
20 Euro. Internet:
www.ohne-heisse-luft.de
Das E-Book kann man z.B. bei Amazon "kaufen", es kostet dort 0 Euro.
Beide Autoren haben einen Vortrag zum Thema des Buches auf YouTube veröffentlicht.
Gerade neu (Stand 1.11.) als eBook erschienen ist "Erneuerbare Energien zum Verstehen und Mitreden" (mit Harald Lesch und Florian Lesch, Illustrationen von Charlotte Kelschenbach), ISBN: 978-3-641-28496-1, 9,99 Euro.
Danke für das Aufgreifen dieses wichtigen Themas
Danke dafür, dass Sie dieses so wichtige Thema aufgreifen. Danke auch für die ausgewogene und faktenreiche Berichterstattung, und für den Link auf das kostenlose eBook "Erneuerbare Energien - ohne heiße Luft", das ich bisher noch nicht kannte.
Ich kann noch folgende, aus meiner Sicht sehr fundierte Quelle beisteuern: Den Podcast "Das ist eine gute Frage" von Prof. Volker Quaschning (Scientists for Future) und seiner Frau. Ich habe beim Hören viel gelernt, etwa dass kein Weg daran vorbei führt, die erneuerbaren Energien so schnell wie möglich auszubauen; und warum wir uns den grünen Wasserstoff für die wirklich wichtigen Dinge aufheben sollten: Weil er aufgrund der Umwandlungsverluste (bei der Herstellung und bei der Rückverstromung) immer recht teuer sein wird. Wirklich wichtig ist die saisonale Speicherung von PV-Strom im Sommer für den Winter. Den Aufbau ausreichender Mengen saisonaler Speicher erwarte ich von unseren Stromversorgern, Netzbetreibern und der Bundesregierung als absolut wichtige Blackout-Vorsorge. Dann verliert auch die "Dunkelflaute" ihren Schrecken.
Prof. Quaschning argumentiert nachvollziehbar und belegt seine Aussagen mit Quellen - aus meiner Sicht absolut hörenswert.
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