chrismon: Frau Schmidt, träumen Sie?
Schmidt: Ich war gerade mit meinen beiden Kindern das erste Mal segeln, zehn Tage. In der letzten Nacht hatte ich einen sehr schönen Traum.
Grön: Mögen Sie den erzählen?
Schmidt: Ich war bei Vollmond in einem Park. Und ich erzählte jemand Vertrautem, ich weiß nicht, wer es war, dass ich fliegen kann. Plötzlich bekam ich Angst: Wenn er jetzt sagt, ich soll es zeigen – kann ich es dann noch? Ich wollte es heimlich ausprobieren, kam aber nicht hoch. Dann dachte ich: Du musst aufhören, es zu wollen. In dem Moment fing ich an, mich über die Baumwipfel zu erheben. Und jedes Mal, wenn ich wieder anfing zu denken, ging es runter. Aber sowie ich in Balance kam, flog ich durch die Bäume. Am nächsten Tag ging ich wie auf Wolken.
Grön: Erkennen Sie denn auch, was Ihnen der Traum sagen wollte?
Schmidt: Ich arbeitete zehn Jahre darauf hin, wieder segeln zu können. Ich bin auf einem Boot immer glücklich. Der Traum sagte mir: Ich kann Dinge erreichen, wenn ich lange genug arbeite und dann auch loslasse.
Ortrud Grön
Nicola Schmidt
Grön: Das ist viel direkter, eine Antwort auf den Wunsch, den Sie sich erfüllt haben. Wünsche sind ja das Wichtigste, was wir haben. Ohne Wünsche sind wir langweilige Wesen. Ich habe mal einen schönen Satz dazu geträumt: "Wir sind der Wunsch, den wir verwirklichen. Wünsche sind Leben. Sie sind der Samen, ich bin der Gärtner. Ich bin der Gärtner meiner Wünsche."
Sie träumen Sätze?
Grön: Zehn Jahre lang, jetzt nicht mehr. Ich habe dann mitten in der Nacht meine Träume aufgeschrieben. Am nächsten Morgen staunte ich oft, welcher Text da vor mir lag. Aber noch einmal zum Segeln: Mit welchen Elementen haben Sie es da zu tun? Mit den Grundelementen des Lebens: Wasser und Luft. Wasser steht bildhaft für Gefühle, Luft für das Geistige. In der Natur reinigt sich Wasser im Kreislauf zwischen Luft und Erde. Ebenso klären sich unsere Gefühle dadurch, dass wir sie mit dem Denken und dem Tun verbinden. Der Himmelsraum wiederum ist ein Bild der Freiheit. Im Leben geht es darum: Was wünsche ich, und wie will ich es dann verwirklichen? Sie haben sich einen Wunsch verwirklicht, indem Sie segeln gegangen sind. Dafür durften Sie in der Nacht fliegen.
"Das Leben will uns ständig auffordern, uns von dem zu befreien, was uns gefangen hält"
Frau Grön, warum sind Ihnen Träume so wichtig?
Grön: Sie sind Wegweiser durchs Leben. Die Träume sprechen in Gleichnissen zu uns. Alle Traumbilder sind Anteile von uns selbst. Sie zeigen, wie es uns wirklich geht. Das Leben will uns ständig auffordern, uns von dem zu befreien, was uns gefangen hält.
Ihr Vater war Nazi. War es das, wovon Sie sich befreien mussten?
Grön: Mein Vater war leider in die NSDAP vernarrt. Er gehörte zu den ersten Kämpfern. Und er hat sich auch zum Schluss nicht davon lösen können. Er wurde inhaftiert und 1948 hingerichtet. Das war für mich sehr schwer. Ich war 20, als der Krieg zu Ende war. Meine Mutter war erblindet. Ich hatte kleine Geschwister, die ich ernähren musste. Nach dem Krieg gab es nichts zu essen.
Haben Träume Ihnen geholfen, das zu verarbeiten?
Grön: Ununterbrochen. Aber ich musste erst mal dahinterkommen, was sie bedeuten. Mit Mitte 30, in einer seelischen Krise, suchte ich den Zenmeister Karl Friedrich Graf von Dürckheim auf, der mir erstmals einen Traum entschlüsselte. Ich hatte geträumt: Ich bin bei meiner Araberstute im Stall. Sie steht verlaust mit hängendem Kopf da. Ich bin entsetzt, renne raus, hinter mir brennt der Stall ab.
"Da rollten mir die Tränen runter. Ich war vollkommen von dieser Leichtigkeit abgetrennt"
Was sagte er dazu?
Grön: Er fragte: Was ist für Sie ein Pferd? Ich sagte: Es hat eine feinfühlige Mentalität, wie kein anderes Tier, und Reiten ist das differenzierteste Gefühl von Freiheit. Dann fragte er: Und wie sieht es bei Ihnen aus mit Ihrer Freiheit und Ihrer Feinfühligkeit? Da rollten mir die Tränen runter. Ich war durch das Pflichtgefühl, das ich bei meinem Vater gelernt hatte, vollkommen von dieser Leichtigkeit abgetrennt.
Frau Schmidt schreibt über Träume: "Das Gehirn sortiert Gelerntes und Erlebtes, legt Dinge im Langzeitgedächtnis ab und macht sich für den nächsten Tag startklar."
Grön: Ich sehe es anders. Ich habe mal den Satz geträumt: "In jedem Menschen gibt es ein göttliches Du." Dieses Wort "Du" hat mich völlig ergriffen. Die göttliche Kraft als Du heißt ja, dass jemand immer mit mir in Auseinandersetzung bleibt. Für mich sind Träume die Sprache Gottes.
Schmidt: Als junge Frau träumte ich oft, ich würde in eiskaltem Wasser ertrinken. Ich habe in Panik den Atem angehalten und bin aufgewacht. Der Traum veränderte sich über die Jahre. Irgendwann träumte ich: Ich kann mich im kalten Wasser vielleicht nicht bewegen, aber ich kann atmen. Das war eine neue Erfahrung. Der nächste Schritt war: Das Wasser ist warm, ich kann unter Wasser schwimmen und atmen. Irgendwann sah ich Delfine und Fische.
"Wir haben ein Baby aufgezogen, für das wir sehr wenig Zeug hatten, aber sehr viel Zeit"
Grön: Haben Sie damals etwas in Ihrem Leben verändert?
Schmidt: Ich habe Ängste hinter mir gelassen. Ich hatte nicht mehr das Gefühl, dem Leben ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Ich merkte, dass ich Dinge gestalten kann.
Grön: Wofür steht das eiskalte Wasser? Etwas war in Ihnen gefroren. Die Gefühle konnten nicht lebendig werden. Sie haben nach und nach den Weg erkannt, der von Ihnen gefordert war. Sie haben zu wünschen gelernt.
Schmidt: Ich habe lange als IT-Journalistin gearbeitet. Ich wollte aber Schauspielerin werden. Die Träume haben mir gesagt: Ich habe nur dieses eine Leben. Da habe ich gekündigt – als alle anderen versuchten, feste Jobs zu kriegen. Ich kam auf die Schauspielschule. Es war unvernünftig, aber befreiend. Seitdem mache ich ständig verrückte Sachen.
Was brachte Sie darauf, Kinder "artgerecht" zu erziehen?
Schmidt: Die Erfahrung mit meinem ersten Kind. Während der Schwangerschaft habe ich alle Vorbereitungen vor mir hergeschoben. Abergläubisch dachte ich an Mütter, die schon das Kinderzimmer fertig eingerichtet haben, und dann passiert was bei der Geburt. Aber dann kam mein Sohn früher als gedacht. Die Hebamme im Geburtshaus fragte: Nicola, wo sind denn die Babyklamotten? Ich hatte keine. Sie zog meinem Sohn die Kleider der Vorführpuppe an und gab ihn mir so mit nach Hause. Ich hatte nichts, keinen Schnuller, keine Flasche, keine Wiege. Ich stillte das Kind, wenn es schrie, und trug es die ganze Zeit durch die Gegend. Mein Mann und ich haben uns später die Listen angeguckt, was alles für ein Baby angeschafft werden soll. Und wir merkten: Das brauchen wir alles gar nicht. So haben wir ein Baby aufgezogen, für das wir sehr wenig Zeug hatten, aber sehr viel Zeit.
Grön: Das ist zauberhaft gesagt.
"Wenn mein Kind ein Tier wäre, was wäre dann artgerecht?"
Schmidt: Irgendwann sagten die Leute: Du darfst den nicht so oft stillen. Du musst ihn auch mal ablegen. Er muss ohne dich einschlafen, sonst wird er ein Tyrann. Aber er schrie nun mal, wenn er alleine einschlafen musste. Das war mir zu laut. Und er entwickelte sich prächtig.
Und da dachten Sie, das kann so falsch nicht sein?
Schmidt: Ich bin Wissenschaftsjournalistin. Also habe ich ganz wissenschaftlich gefragt: Wenn mein Kind ein Tier wäre, was wäre dann artgerecht? Bei meiner Recherche zeigte sich: Was wir hier in Deutschland mit den Säuglingen machen, ist es nicht: sie alleine lassen; ihnen nicht zu essen geben, wenn sie Hunger haben, sondern sie nach der Uhr füttern; ihnen Schnuller geben, obwohl sie keine wollen. Vieles, das mein Mann und ich zu Hause intuitiv gemacht hatten, war total artgerecht. Babys brauchen keine Dinge, sondern Menschen.
Grön: Wie alt ist das Kind jetzt?
Schmidt: Elf. Ein hinreißendes Kind, kein Tyrann.
Sie schreiben auch, Babys bräuchten keine Windeln.
Schmidt: Einmalwindeln aus Kunststoff sind umweltschädlich und ungesund. 80 Prozent der Weltbevölkerung haben keine. Auch Naturvölker zeigen: Es geht ganz ohne.
Grön: Die Babys machen dann in die Wohnung?
Schmidt: Nein, das Baby regt sich, wenn es muss. Dann bringe ich es ins Bad und halte es über die Toilette.
"Ich möchte, dass Menschen von Kind an die Bäume, die Pflanzen, die Tiere zu lieben lernen"
Und Sie veranstalten "artgerechte" Zeltlager mit Eltern und ihren Kleinkindern.
Schmidt: Ja, wir leben jeden Sommer mit Familien im Wald, um zu zeigen, wie viele Probleme mit Kindern sich in einer artgerechten Umgebung lösen, in der Natur. Eltern sagen oft: Wir gehen in den Wald, wenn die Kinder größer sind. Ich sage dann: Nein, geht, wenn sie klein sind.
Grön: Was Sie mit Babys machen, mache ich mit der Natur. Die ganze Natur habe ich auf Gleichnisse hin durchsucht, die unsere geistige Entwicklung zeigen. Nehmen Sie das Gleichnis vom Baum. Erde, Wasser, Luft und Sonnenschein sind die Kräfte, die den Baum nähren. Sie entsprechen unseren geistigen Kräften. Wasser und Luft sind wie Fühlen und Denken, sie müssen zusammenkommen, um Unzufriedenheit in Zufriedenheit zu verwandeln. Der Baum holt sich das Sonnenlicht rein, das steht für die Harmonie. Und die Erde steht für unsere schöpferische Kraft. Der Baum hat alle Grundkräfte, die wir Menschen brauchen.
Schmidt: Ich möchte, dass Menschen von Kind an an die Natur angebunden sind, dass sie die Bäume, die Pflanzen, die Tiere zu lieben lernen. Nur dann werden sie diesen Planeten schützen, wenn sie erwachsen sind.
Grön: Und wenn Kinder von Tieren träumen, zeigt sich darin eine emotionale Ausdrucksfähigkeit. Ist das Kind ängstlich wie ein Igel, stellt es die Stacheln auf, dreht sich in sich hinein und sagt nicht, wie es sich wirklich fühlt. Es zeigt nur Feindlichkeit. Das Gleichnis offenbart, was das Kind fühlt. Und so kann die Mutter dem Kind Wege zeigen, wie es sich anders verhalten kann.
"Davon habe ich das Gefühl ins Leben mitgenommen: Ich werde nicht gehört"
Wie kommt man mit Kindern artgerecht durch die Nacht?
Schmidt: Gemeinsam! Alleine zu schlafen, das war früher – auch für Erwachsene – eine große Ausnahme, eine Mutprobe. 4,7 Millionen Jahre waren wir Raubtieren ausgesetzt. Es wäre völliger Wahnsinn gewesen, Kinder nachts alleine schlafen zu lassen. Heute aber sollen Babys schon ab sechs oder zwölf Wochen im Kinderzimmer die Nacht verbringen. Sie wissen aber nicht, dass sie sicher in einer Dreizimmerwohnung sind. Sie denken, sie sind alleine in absoluter Not. Und sie schreien.
Grön: Ich habe als Baby viele Nächte ganz alleine gelegen und geschrien. Aber es hat ja keiner gehört. Mein Vater war mit meiner Mutter bei Wahlreden. Davon habe ich das Gefühl ins Leben mitgenommen: Ich werde nicht gehört.
Schmidt: Genau, das ist es, was die Kinder lernen: Es kommt keiner. Man sagte damals auch: Die Kinder erinnern sich nicht daran. Aber Sie, Frau Grön, erinnern sich.
Grön: Deswegen habe ich lange geschwiegen und alles innerlich verarbeiten müssen, bis ich das Gefühl hatte, jetzt kannst du darüber sprechen. Ich habe dann ja auch sechs Bücher darüber geschrieben – um es loszuwerden.
"Durchschlafen ist eine Erfindung des Industriezeitalters. Evolutionär macht es gar keinen Sinn"
Schmidt: Ein Vater von Zwillingen hat mir mal gesagt: Die sollen sich gar nicht angewöhnen zu denken, dass ich komme, wenn sie nachts schreien. Da habe ich gesagt: Willst du wirklich, dass deine Kinder von dir lernen: Wenn sie nach dir rufen, weil sie dich brauchen, kommst du nicht? Da hat er mich angeguckt: Ach, so habe ich das noch gar nicht gesehen!
Eltern sind aber oft auch darauf angewiesen, dass ihre Kinder nachts durchschlafen.
Schmidt: Durchschlafen ist eine Erfindung des Industriezeitalters. Evolutionär macht es gar keinen Sinn, dass abends um zehn alle wehrhaften Erwachsenen ins Koma fallen und bis morgens um sieben nicht ansprechbar sind: Das Feuer geht aus, Tiere fressen die Essensvorräte.
Aber wie sollen berufstätige Eltern das schaffen? Sie brauchen die Kraft für den nächsten Tag!
Schmidt: Wir sagen, wir müssen acht Stunden schlafen, weil wir ja auch acht Stunden arbeiten. Aber biologisch und physiologisch macht es keinen Sinn. Nachts wächst das Gehirn. Es ist doof, wenn Sie das Kind nachts nicht stillen, obwohl es Nahrung braucht. Geben Sie ihm jetzt, was es braucht, und sparen Sie sich später die Nachhilfe. Völlig zu Recht wehren sich die Kinder. Und weil sie sich nicht mit Worten ausdrücken können, weinen sie. Babys lügen nicht. Wenn sie weinen, haben sie immer recht.
"Die Taufe ist der Auftrag, stets die eigenen Gefühle zu klären"
Das klingt alles nicht gerade nach stiller Nacht.
Schmidt: Wir sind die ganze Nacht in Bewegung. Mütter, die mit Babys schlafen, sehen alle paar Minuten nach ihnen, während sie schlafen. Davon wissen sie morgens nicht mehr. Sie fühlen nach ihm, decken es auf und zu, holen es ran, drehen es um. Das kann man auf Videoaufnahmen in Schlaflaboren beobachten.
Frau Grön, Sie befassen sich nicht nur mit Gleichnissen in Träumen, sondern auch mit biblischen Gleichnissen.
Grön: Ja, sie haben mich gepackt. Jesus sagt ja, dass er nur in Gleichnissen spricht. Ich habe einen solchen Zorn auf diese Dogmen in der kirchlichen Auslegung. Die Bibel versteht man nur, wenn man in Gleichnissen denken kann. Die Theologen haben daraus Macht abgeleitet. Die Kirche sollte sie nicht ausüben.
Ein Beispiel?
Grön: Es ist doch Unsinn, dass die Taufe die Sünde wegnimmt. Da kriege ich eine Riesenwut. Die Sünde nimmt mir keiner ab. Nein, ich muss die Gleichnisse verstehen. Die Taufe ist der Auftrag, stets die eigenen Gefühle zu klären, dann komme ich Gottes Leben auf die Spur und kann Freiheit und Kreativität entfalten. Priester sollten Psychotherapie studieren und den Menschen zeigen, wie sie sich weiterentwickeln können.
"Mir ist das Jesuswort "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" sehr kostbar"
Wie denn?
Grön: Jedes Kind auf der Welt hat Ängste. Um damit leben zu können, entwickelt es Schutzmechanismen: Es passt sich an, wird aggressiv oder zieht sich nach innen zurück. Es gibt viele solcher Abwehrmechanismen. Die wichtigste Aufgabe als Erwachsene ist es, diese Mechanismen aufzulösen und zu der eigenen Wahrheit zu stehen. Mir ist das Jesuswort "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" sehr kostbar. Es heißt nichts anderes als: "Ich bin der Weg – das ist die Wahrheit vom Leben."
Haben Sie mal eine heilige Nacht erlebt?
Schmidt: Ich habe auf einem unausgebauten Dachboden nachts in einem Kreis von Kerzen gesessen und den Vollmond angeschaut, mit meinem Mann zusammen. Das war eine kraftvolle Situation, eine heilige Nacht sozusagen.
Grön: Da haben Sie eben etwas Schönes gesagt. Vermutlich wissen Sie das gar nicht.
Schmidt: Was denn?
Grön: Der Mond ist ein abgespaltener Teil der Erde. Und Sie haben den Vollmond angeguckt. Das heißt: Alles, was ich als Kind abspalten musste, von meinem innersten Wahrheitsgefühl meines Lebens, möchte ich wiederhaben, hole ich mir zurück an meine Erde, meine schöpferische Kraft.
"Viele Religionen beten zwischen 3 und 4 Uhr morgens"
Wann ist die Nacht am dunkelsten?
Schmidt: Kurz vor Sonnenaufgang, sagt Paulo Coelho.
Um drei Uhr wachen viele auf und grübeln.
Schmidt: Das ist eigentlich eine heilige Zeit. Viele Religionen beten zwischen 3 und 4 Uhr morgens. Naturvölker checken das Feuer. Manche schreiben ihre Tagebücher.
Grön: Ich schrieb zu der Zeit meine Träume auf.
Schmidt: Nachts kommen eigentlich die besten Ideen. Mein Tageshirn will mich davor bewahren, Unsinn zu machen, und sagt: Nee, nee, lass das. Und das Nachtgehirn sagt: Das ist aber eine Superidee.
Was hat die Nacht, was der Tag nicht hat?
Grön: Einsamkeit, die keine Einsamkeit ist.
Frau Grön, Sie sehen Gleichnisse in den Dingen. Wofür steht für Sie ein Baby?
Grön: Für die heranwachsende neue Lebenskraft.
Und Ochs und Esel?
Grön: Für Widerstände. Ein Ochse ist nicht zeugungsfähig. Ein Esel trägt die Last.
Und die Sterne?
Grön: Das sind eigene Welten, in denen wir irgendwann vielleicht auch mal zu Hause sind.
Frau Schmidt, was verbinden Sie mit dem Wort Geburt?
Schmidt: Die Schöpfungsgeschichte, eine Geschichte der schweren Geburt: "Du hast vom Baum der Erkenntnis gegessen und sollst unter Schmerzen gebären" heißt: "Schätzchen, wenn dein Neokortex wächst und du aufrecht gehst, hast du einen großen Kopf und ein enges Becken. Dann wird die Geburt schwierig." Schimpansen haben es leichter.
Und mit der Krippe?
Schmidt: Das, was meine Tochter gerade für die Waldorfschule basteln muss – und wozu sie keine Lust hat.
Ein kleines Gedicht über das Bett
SONETT VOM BETT
Das Bett ist ein herrlicher Ort;
Wir kuscheln uns hier im Winter,
Zeugen im Liebesrausch Kinder;
Hauchen manches zärtliche Wort.
Im Bett sind Freud und Leid vereint;
Hier ereilen uns die Träume,
Suchen die Phantasien Räume;
Wird manch bitt're Träne geweint.
Vom Kindbett geht das Leben aus,
Das Krankenbett ist uns ein Graus;
Ins Glück führt uns das Ehebett.
Im Schlaf vergeht die meiste Zeit,
Und irgendwann ist es soweit;
Das Nachtlager wird Sterbebett.
Rainer Kirmse , Altenburg
Mit freundlichen Grüßen
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