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Volksabstimmung – das klingt gut und sympathisch. Der Souverän soll entscheiden! Ja, er/sie soll und muss entscheiden. Die Frage ist: worüber? Über die Zusammensetzung eines Parlaments oder – per Volksentscheid – über eine einzelne, konkrete Frage, wie die Wahl eines Bundes-präsidenten oder die Mitgliedschaft in der EU?
Die Österreicher haben im Mai ihren Bundespräsidenten direkt gewählt. Die Niederländer lehnten im April in einem Volksentscheid ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine ab. Die Briten haben vor wenigen Wochen entschieden, die EU zu verlassen. Bei allen drei Wahlkämpfen spielten Stimmungen und Emotionen eine große Rolle. In Österreich richtete sich fast jeder zweite Wähler gegen alles Fremde, gegen Anders-Glaubende, Anders-Lebende.
Hier wie in den Niederlanden wurde die Entscheidung zudem von einer grundsätzlichen Ablehnung der „etablierten“ Politik bestimmt. In Großbritannien dienten Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten als Feindbild: Zuwanderer nehmen den Briten angeblich Jobs weg und greifen gierig in die Sozialkassen. Unbelegte Behauptungen wurden zu realen Gefährdungen aufgeblasen. Erst als eine junge Labour-Abgeordnete heimtückisch ermordet wurde, hat sich das Klima der Debatte ein wenig gewandelt.
Wie entsteht solche Wut, solcher Hass? Dass Demagogen reale oder auch nur gefühlte Ungerechtigkeit und Abstiegs-ängste von Menschen in Wut und Hass auf Minderheiten verwandeln, ist ein bekanntes Prinzip. Auch die gegenwärtige Diskussion über die Flüchtlingspolitik in Deutschland zeigt solche Mechanismen. Ähnlich aufgeheizte Stimmungen in der Weimarer Demokratie hatten die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes vor Augen, als sie sich für eine repräsentative Demokratie entschieden: Jeder Bürger übt sein Recht auf Mitbestimmung nicht direkt, sondern in der Wahl der Abgeordneten aus. So sahen sie die Menschenrechte, den Schutz von Minderheiten, die Geltung des Rechtsstaates am besten gewährleistet.
Der Weg über Abgeordnete ist alternativlos
Übrigens: Auch die Leitung der evangelischen Kirchen baut auf solcher demokratischen Meinungsbildung auf, ausgeübt von Synodalen, die in Gemeinden, Kirchenkreisen und Landeskirchen zuvor gewählt wurden. Dies ist ein Erbe der Reformation, die allen Getauften die gleichen Rechte auf Mitsprache zuerkannte.
Wie die Politik haben allerdings auch die Kirchen ein Kommunikationsproblem. Ihre Beschlüsse erscheinen denen, die etwas anderes wollen, als unbegründet. Die Kirchenaustritte sind eine Problemanzeige auch dafür. Was kann man tun gegen das Gefühl „Die da oben tun eh, was sie wollen“? So wird ja jede Forderung nach mehr direkter Demokratie begründet. Sind Volksabstimmungen über sehr kontroverse Fragen überhaupt möglich, ohne dass es zum Missbrauch von Emotionen kommt?
Ja. Das Mutterland der direkten Demokratie, die Schweiz, macht es vor. Allerdings wurden auch in der Schweiz in den letzten Jahren Volksabstimmungen zu Plebisziten gegen Minderheiten. Sie trafen übrigens auch Deutsche, die in der Schweiz arbeiten.
Deshalb sage ich: Der Schutz der Schwachen wird am besten in einer rechtsstaatlich funktionierenden Demokratie garantiert, in der gewählte Abgeordnete sich im Parlament über den besten Weg streiten. Was Bürger und unsere Kirchenmitglieder allerdings zu Recht erwarten können: Jeder muss dem anderen zuhören, Entscheidungen müssen erklärt werden. Das ist mühsam und braucht viel persönlichen Einsatz. Aber es ist alternativlos.
Die Welt ist vielschichtig,
Die Welt ist vielschichtig, entsprechend muss auch die Politik sein, frei und offen.
Die meisten Menschen wollen in Frieden und Freiheit leben, nach ihren Möglichkeiten, und brauchen dazu Chancen. Wo liegt das Problem ? Überforderung ? Stress ? Auch in der Politik.
Der Text aus der Kolumne Politik und Gesellschaft, scheint mir wie der reinste Stressmaker, der erhobene Zeigefinger, klar, dass es mich ärgert, weil er sehr oberflächlich ist, spricht das Gewissen an, appelliert an die Vernunft, sagt aber tatsächlich kaum Neues aus.
Zumal meine Ansichten hier kaum erwünscht sind.
Und, wie erfreulich: mir als Bürger, und allen Kirchenmitgliedern, wird , immerhin, die Erwartung an die Politik zugestanden, dass mir zugehört wird, und mir, das Recht wird mir zugestanden, Entscheidungen zumindest erklärt werden. Herzlichen Dank dafür. Es sei zwar "mühsam," sagt Frau Schwätzer, aber "ALTERNATIVLOS" . O.k. Ich lehne mich also zurück, lege meine Füsse hoch, und geniesse meine Terrasse. Es blüht gerade alles so schön.
Und Ihnen, liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen, streitbar oder nicht, rate ich das selbe, zu tun: Geniessen Sie Euer Leben.
Die Politiker machen das schon. Alles zu unserem Besten. Nur Mut. Das schaffen wir ! So Gott will, füge ich noch hinzu.
Grüße aus dem Garten des Friedens.
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Vom harten Brot des Herrschens
Die Herrscher haben es wirklich nicht leicht. Insbesondere die demokratischen. Für die Untertanen gilt dasselbe. Laufend Ärger mit denen da oben. Alles fängt so überzeugend harmonisch und einvernehmlich an. Herrscher und Untertanen, im Falle der Demokratie also die freien Bürger, sind felsenfest davon überzeugt, dass Herrschaft zum Segen der Beherrschten stattfindet.
Wenn also Herrschaft einem dermaßen unwidersprechlich guten Zweck dient, darf man als Herrscher auch keine falschen Rücksichten nehmen. Ist man nach allen Regeln der demokratischen Kunst (Parteileben, Wahlkampf, freie, gleiche, geheime, saubere, öffentlich überwachte Wahl) zu Amt und Würden gekommen, gilt es, allen Anfechtungen zu trotzen. Weder darf man sich dem Druck der Straße beugen, noch sich einem Partikularinteresse verpflichtet wissen. Alles was man tut, dient dem höchsten aller Güter, dem Gemeinwohl. Bleibt noch die Frage, wie dieses segensreiche Herrschen am besten zu bewerkstelligen sei.
Da gibt es unterschiedliche Antworten. Die eine ist das repräsentative Prinzip. Als Herrscher will man dann nach gehabter Wahl nicht mehr vom Untertan belämmert werden durch Reinrederei in politische Entscheidungen. Huldvoll kann dem Bürger das Recht auf Gehör und Kritik gewährt werden. Auch gibt es einen eisernen Anspruch auf Erläuterungen der alternativlosen Entscheidungen der Parlamentarier und Regierungsmitglieder. Schreibt man das dann auch noch wie im vorliegenden Artikel erfreulich ungeschminkt hin, haben auch die kein Problem mit Spott und Satire, die ebenso überzeugt sind vom Segen des Herrschens wie die Demokraten, aber eher der Variante ohne Parlament und Wahl anhängen. Bei denen wird gute Führung durch den guten Führer gewährleistet.
Die andere Antwort ist das plebiszitäre Prinzip. Da finden es die Herrscher durchaus nützlich für ihre Herrschaft, dem Volke gelegentlich die Frage vorzulegen, ob der Krötentunnel hier oder 100 Meter weiter rechts hin soll. Gibt es quer durch die Parteien Zank, kann auch eine Frage vom Kaliber eines EU-Austrittes zur Volksabstimmung gebracht werden. Irgendeine Gefahr für das Prinzip des Herrschens, also das Unterteilen der Gesellschaft in solche, die das Sagen haben und in die, die gehorchen müssen, ergibt sich daraus nicht.
Und was tut sich auf Seiten der Untertanen? Satte Zufriedenheit ist eher selten. "Die da oben" vergeigen angeblich oft ihre hehre Aufgabe, die da unten ordentlich zu regieren. Die einen ziehen daraus den Schluss, dass sie Politik einen Dreck interessiert. Wieder andere engagieren sich in Bürgerinitiativen und NGOs und sind endlos glücklich, wenn ihr engagiertes Treiben von den höchsten Staatsrepräsentanten gewürdigt wird. Noch andere meinen, dass die falschen an der Macht sind oder die Macht zu übernehmen drohen und engagieren sich in den entsprechenden richtigen Parteien. Diejenigen, die keine richtigen Parteien finden, gründen neue oder wollen die Herrschaft, die endlich hinhaut, außerhalb des demokratischen Spektrums errichten.
So ist das eben, wenn sich alle einig sind, dass Herrschaft sein muss. Warum sind sich alle einig? Weil alle einen Alltag wollen, der ohne Herrschaft tatsächlich nicht zu haben ist. Wer mit dieser Grundüberzeugung prächtig fährt und wer sich mit ihr laufend ins eigene Fleisch schneidet, ist eine ganz andere Frage.
Hans Schlicht
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Volksabstimmungen und Demokratie
Den Ausführungen von Frau Irmgard Schwaetzer kann ich nur in Teilen folgen.
Ja, es kann durch Volksabstimmungen zu Ergebnissen kommen, die trotzdem nicht der Mehrheit der Volksmeinung entsprechen, eventuell ist es auch richtig, dass Minderheiten bei dieser Art der Meinungsfindung mit Nachteilen zu rechnen hätten. (Vielleicht könnte man mit der Aufstellung von Regeln teilweise solche Gefahren minimieren.)
Ja, auch ich meine, dass die repräsentative Demokratie eine der bisher besten möglichen Regierungsformen darstellt.
Aber alles ist verbesserungsfähig und dieses „alternativlos“ ist für mich einfach eine Worthülse, die benutzt wird, um sich um eine wirkliche und nachhaltige Lösung von Problemen herum zu drücken und lieber in den alt eingefahrenen Bahnen zu verharren.
Als die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes sich für die repräsentative Demokratie entschieden, hatten sie da auch das mehr und mehr ausufernde System des Lobbyismus vor Augen.
Wie unbeeinflusst können denn die Entscheidungsfindungen unserer Parlamentarier noch sein?
Hatten die Mütter und Väter auch die Entscheidungsfindungen vor Augen, die unter strengster Geheimhaltung ablaufen (TTIP) und es erst nach europaweiten Protesten ermöglichte wurde, dass ausgewählte Parlamentarier überhaupt Einsicht in die Verhandlungsakten bekamen?
Ist das alles alternativlos?
Neue, verbesserte Formen demokratischen Regierens müsste man zuerst einmal Wollen!
Vielleicht ließen sich dann auch Lösungen finden, bessere Lösungen.
Alternativlos, das ist einfach nur eine Bankrotterklärung.
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Wurde den Schwachen geschadet?
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