Simone Rönick ist eine umtriebige Frau. Und doch kurz davor, die Segel zu streichen. Die Berlinerin mit den langen braunen Haare und dem offenen Lachen gründete den Verein TrauerZeit und eröffnete 2009 ein Zentrum für trauernde Kinder und Familien, das einzige seiner Art in der Hauptstadt. Sie leitet dort unter anderem Gruppen für Kinder und Jugendliche, deren Väter oder Mütter gestorben sind, hilft jung Verwitweten in der Krise, berät Pädagogen, wie sie mit Kindern nach einem solchen Verlust umgehen können. Chrismon berichtete im März 2011.
"Der Bedarf ist riesig", sagt Rönick, wöchentlich erreichten sie fünf bis zehn neue Anfragen. Doch trotz voll besetzter Gruppen, guter Zusammenarbeit mit den Behörden und prominenter Unterstützung - etwa durch Regisseur Andreas Dresen - steht das Zentrum nun vor dem Aus. Es fehlt an Geld für die Miete und um die Honorarkräfte zu bezahlen, die Rönick unterstützen. Ganz zu schweigen von ihrem eigenen Gehalt - sie arbeitet mittlerweile fast ehrenamtlich.
Öffentliche oder Stiftungsgelder gibt es keine. Das Zentrum fällt durch alle Zuständigkeiten und finanziert sich fast ausschließlich durch Spenden. Zwischenzeitlich unterstützte eine Bank das Projekt als Sponsor. Danach sei es immer enger geworden, sagt Rönick. 2013 gab es zudem eine Spendenflaute, nun steht Rönicks Verein TrauerZeit vor der Entscheidung. Stichtag ist der 24. Januar. Finden sich bis dahin keine Geldgeber, wird er den Mietvertrag kündigen müssen. Das bedeutet das Ende des Zentrums bis April.
Aber bis zuletzt hofft Simone Rönick auf ein Wunder - eine Firma, die als dauerhafter Sponsor die monatliche Warmmiete von 720 Euro übernimmt. Oder 3600 Euro im Jahr für eine zehnköpfige Kindertrauergruppe zuschießt. Als junge Frau hat sie erlebt, wie erst ihre Schwester und später ihr Mann starben. Damals hatte sie verzweifelt nach einem Ort gesucht, wo sie und ihre Kinder aufgefangen werden. Nun gibt es eine solchen endlich in Berlin - und soll schon bald wieder Vergangenheit sein?
Wohin mit den Tränen?
Die wirklich wichtigen Dinge im Leben haben oft keine Lobby, das stelle ich immer wieder fest.
Für meine drei kleinen Söhne war nach dem plötzlichen Tod meiner Frau dieses Zentrum ein wichtiger Schritt zurück in eine Normalität.
Ohne den Austausch dort wäre das nicht möglich gewesen.
Diese Anlaufstelle muß erhalten bleiben! Helfe, wer kann!
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Das Trauerzentrum war damals
Das Trauerzentrum war damals unsere Rettung, denn nach dem plötzlichen Tod meines Partners habe ich für meinen Sohn und mich lange nach Unterstützung gesucht und wirklich nichts gefunden. Ein Kinderarzt erzählte uns vom Zentrum für trauernde Kinder in Berlin Prenzlauer Berg - zum Glück... Endlich hatten wir einen Ort, an dem man sofort wusste, was wir in dieser Zeit des Überlebens wirklich brauchten. Ich bekam Einzelgespräche und mein Sohn besucht viele Monate die Kindertrauergruppe. Dass es kein Geld vom Staat für solche überlebenswichtigen Hilfen für Halb- und Vollwaisen gibt, dass man als Jung Verwitwete komplett allein dasteht und Jugendämter sich hierfür nicht zuständig fühlen, macht nicht nur mich sprachlos. Jede kleine Beratungsstelle bekommt Zuschüsse für die Räume oder Personal - aber eine Beratungsstelle für trauernde Kinder muss sich mit Spenden finanzieren - da stimmt etwas nicht in unserer Gesellschaft! Ich wünsche Trauerzeit, dass sich Menschen nicht nur für Waisenkinder im Ausland stark machen, sondern auch die Not von trauernden Kindern in unmittelbarer Nähe sehen und spenden!!!
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Ja, wohin?
Als ich meinen Söhnen (9 und 7) nach dem Tod ihres Papas vorschlug, mal in die Trauergruppe von TrauerZeit reinzuschnuppern, wollte der Große erst nicht hin. Ich konnte ihn überreden, sich das Ganze wenigstens einmal anzusehen - und hatte Mühe, ihn und seinen Bruder nach der Gruppenstunde wieder zum Nachhausegehen zu bewegen. Sie wurden dermaßen herzlich und freundlich aufgenommen und fühlten sich auf Anhieb dort so wohl, dass sie gar nicht mehr gehen wollten. Endlich waren da Erwachsene, die ihre Geschichte hören wollten, die nach Details fragten und nicht bei jeder Erwähnung der "schlimmen Sache" jedes Mal schnell das Thema wechselten oder sie mit mitleidigen Blicken bedachten. Endlich hörten sie Geschichten von anderen Jungs in ihrem Alter, denen es ähnlich ging und die teilweise noch Schlimmeres verarbeiten mussten. Endlich gehörten sie wieder dazu und standen nicht mehr im Rampenlicht als "die armen Kinder".
Es ist jetzt 8 Monate her, dass ihr Vater starb. Für ihr Umfeld geht längst der normale Alltag weiter, für meine Söhne hat die eigentliche Trauerarbeit gerade erst angefangen und wird sich noch über Jahre hinziehen. Das weiß ich leider aus eigener Erfahrung, denn auch mein Vater starb viel zu früh. Was hätte ich damals für so einen Ort gegeben, an dem meinen Erinnerungen an ihn und meinen Gefühlen Raum und Zeit eingeräumt wird, während doch mein Umfeld anscheinend von mir erwartete, dass ich nach dem ersten Schock wieder ganz normal funktioniere, denn es war ja "schon so lange her".
Wenn TrauerZeit schließen muss, weiß ich nicht, was wir machen würden. Andere Angebote sind kaum vorhanden und entsprechend überlaufen, außerdem werden die Kinder sich kaum aus ihrer vertrauten Gruppe einfach in eine fremde verpflanzen lassen. Das hieße, sie erhielten schlicht und einfach keine Unterstützung mehr. Der Gedanke bricht mir das Herz.
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Zentrum für trauerende Kinder
Dieses Zentrum leistet wirklich unschätzbare Arbeit! Während wir Erwachsenen mit unserer Trauer oft völlig absorbiert sind, trauern unsere Kinder anders. Meine Tochter war still und zog sich sehr weit zurück - vielleicht auch, um mich zu schützen. Sie war beim Tod ihres Vaters 13 Jahre alt und wollte nicht mit mir darüber reden. Aber aufgrund der Gruppe wurde sie offener, fröhlicher und unbeschwerter. Sie schätzt es sehr, sich mit Gleichaltrigen zu unterhalten und fühlt sich nicht mehr so allein damit. Auch hat sie den Verlust ganz anders wahrgenommen, als ich es mir als Erwachsene vorstellen konnte. Deshalb ist es gut, dass sie dort Unterstützung bekommt, allmählich damit umzugehen. Die Kinder malen, basteln, spielen, reden und lachen zusammen. Sie können den Verlust altersentsprechend verarbeiten - das ist das Besondere daran. Dieses Zentrum muss erhalten bleiben, es hilft unseren Kindern, wieder ins normale Leben zurückzukehren!
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