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Vorwort: Ich erinnere mich sehr gut, wenn mir im Dienst jemand fünf Euro in die Hand drückte, manchmal auch zum Abschied, und verschwörerisch sagte, das ist nur für Sie, Schwester! Sie haben so viel für mich getan. Manchmal schob eine weiche faltige Hand das Geld auch gleich in meine Kitteltasche, während ich abgelenkt war. Trinkgeld in der Pflege - ich kam damit nie so gut zurecht. Klar ist es nett, und einfach eine Art, Dankbarkeit zu zeigen. Aber ich spürte immer: Irgendwas stimmt hier nicht...
Tausend Euro, wow!
Na, das ist doch mal was. Beschäftigte in der Altenpflege kriegen im Sommer steuerfreie 1000 Euro extra. Das beschloss der Bundestag gestern - weil die Pflegenden in der Coronakrise so fleißig und tapfer sind. Die Arbeitgeber können bis zu 1500 Euro aufstocken, sie sollen diese Prämie mit dem Juligehalt auszahlen, und kriegen das Geld aus dem Topf der Pflegeversicherung rückerstattet.
Das ist schon ein Batzen Geld, vor allem bei einem Durchschnittsverdienst von knapp 2900 Euro brutto. So viel verdienen Altenpflegerinnen in Vollzeit. Diese sind aber sowieso in der Minderheit. Zwei Drittel arbeiten in Teilzeit. Und bekommen übrigens auch von der Prämie nur einen Teil.
Dennoch: Applaus ist schön, aber nicht genug. Das ist angekommen, deshalb jetzt die Prämie. Eine Prämie ist schön, aber nicht genug - auch das trauen sich zum Glück auch mehr und mehr Pflegekräfte zu sagen. Sie trauen dem Zauber der neuen Wichtigkeit ja eh nicht so ganz. Und tun jetzt genau das Richtige: Mehr fordern. Und zwar nicht für jetzt, sondern für die Zeit, wenn es plötzlich heißt: Systemrelevent? War da mal was?
Historische Chance
Der Deutsche Berufsverband für Krankenpflege (DBfK), hat in dieser Woche die Aktion Pflege nach Corona gestartet. Pflegende sollen ihre Forderungen an Politik und Gesellschaft auf einer Internetplattform formulieren (zu den Themen Mitsprache, Gehalt, Arbeitsbedingungen, Bildung , Gesundheit). Der DBfK tourt damit durch Deutschland und will sie im November an Bundesgesundheitsminister, -kanzlerin und -präsident übergeben.
220 Statements stehen jetzt schon drin. Ganz vorne die zwei Forderungen, die eine Maria kurz und bündig formuliert "Bessere Arbeitsbedingungen und höherer Lohn"
Das alte Credo. Das fordern Pflegende seit Jahrzehnten. Dennoch: Jetzt hören manche hin. Müssen es. Der Berufsverband spricht hoffnungsvoll - ich würde auch sagen: bang - von einer Weichenstellung, von einem Wendejahr der Pflege. Ja, die Pandemie kann zu einer Zäsur werden. Sie bietet eine historische Chance. Wenn die Pflegenden es schaffen, sie zu nutzen, dann sollten wir applaudieren - und zwar richtig laut.