Unsere Leserin fragt:
Der Enkel sagt: "Ich hasse Blumenkohl." Der Opa kocht und sagt am Tisch: "Guck, wir Großen essen Blumenkohl, und du kriegst Nudeln mit Soße." Die Soße besteht zu 80 Prozent aus püriertem Blumenkohl, der Rest ist im Wesentlichen Tomatenmark. Der Enkel sagt: "Opa, das schmeckt SO GUT!" Der Opa freut sich, aber seine Tochter findet das Ganze ethisch mindestens grenzwertig. Hat sie recht?
Stefanie Schardien
Stefanie Schardien antwortet:
Die Antwort auf Ihre Frage, die ab jetzt für jedes Ethik-Proseminar taugen könnte, lautet: Es kommt darauf an . . . Nehmen wir zuerst das Kind aus der Schusslinie, damit ja niemand auf die Idee kommt, es solle doch jetzt einfach beim nächsten Mal mitessen: Dass die Konsistenz von Nahrungsmitteln eine große, ja entscheidende Rolle spielt, erinnere ich – reden wir über gekochte Möhren – allzu gut.
Wenden wir uns also dem Opa zu, der streng genommen zwar nicht lügt, aber zumindest auch nicht die Wahrheit sagt. Aus pflichten- oder tugendethischer Perspektive, die sich die Haltungen und Handlungen anschaut, würde man ihm eben jenes Verhalten vorwerfen müssen.
Es gibt aber auch ethische Ansätze, die eher die Folgen und Ergebnisse ins Zentrum rücken, man nennt sie konsequentialistisch. In dieser Hinsicht steht der Opa mit dem essenden Kind besser da als mit einer Verweigerung nach Ehrlichkeit. Freuen Sie sich also mit dem Opa über seinen Trick und zwei, drei Soßen später erzählt er dem Kind die Blumenkohl-Überraschung. Übrigens: Wer bei Kindern so ganz komplett ohne Essenstricks ausgekommen ist, der werfe nun den ersten Stein oder schreibe einen Ratgeber.
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