Religiöse Gemeinschaften
Ist das eine Sekte?
Ob eine Gemeinschaft harmlos oder riskant ist, zeigt sich nicht sofort. Wir erklären, woran man problematische Gruppen erkennt und warum Fachleute das Wort Sekte kaum noch nutzen
Ring- kronenförmig angeordnete Papierfiguren, die sich an den Händen halten
Religionen stiften Gemeinschaft. Nicht immer tut die Gemeinschaft den einzelnen gut.
jamesbrey / Getty Images
Privat
18.09.2025
4Min

1. Woher kommt der Begriff Sekte?

Sekte stammt vom lateinischen Secta – "Richtung" oder "Lehre" – ab, verwandt mit sequi ("folgen"). "Damit ist eine Sekte nichts anderes als eine Gefolgschaft", schreibt der Theologe Eduard Kopp. Ursprünglich war der Begriff wertneutral und bezeichnete philosophische oder religiöse Schulen. Auch das frühe Christentum war, aus jüdischer Sicht, eine Sekte: die "Nazarener".


2. Was versteht man heute unter dem Begriff Sekte?

Der Begriff Sekte ist heute sehr negativ konnotiert. Daher wird er von der Wissenschaft und von Beratungsstellen nicht mehr verwendet. Umgangssprachlich meint Sekte meist eine Gruppe, die sich von einer Mutterreligion abgespalten hat. Sie entwickelt eigene Lehren oder heilige Texte und definiert sich im Gegensatz zur Ursprungstradition.


3. Wie kam es zum negativen, abwertenden Beiklang des Begriffs Sekte?

Für die Mutterreligionen waren Gruppen, die sich abspalteten, ein Problem. Anderseits war die Mutterreligion für solche Gruppen ebenso ein Problem, denn sie mussten ihre Abspaltung ja begründen, was oft zu einer Abwertung der Mutterreligion führte. So gehörte es zum jeweiligen Selbstverständnis, sich voneinander abzugrenzen.

Das zeigt sich auch in der christlich-jüdischen Geschichte, die lange Zeit von gegenseitiger Abneigung geprägt war. Später hat die christliche Kirche, die selbst aus einer jüdischen Sekte hervorgegangen ist, christliche Sekten als Bedrohung angesehen. Da es etwa im christlichen Mittelalter keine Trennung von Kirche und Staat im heutigen Sinne gab, haben sowohl weltliche als auch kirchliche Autoritäten Sekten oftmals nicht nur als Bedrohung für die Kirche, sondern auch als Bedrohung für die gesamte Gesellschaft und ihre Ordnung angesehen. Sektiererischen Gruppen drohten daher Verfolgung und Tod. Wer Sekte wurde und wer nicht, zeigte sich oft erst im Verlauf der Zeit. So wurden auch heute anerkannte Bettelorden wie etwa die Franziskaner lange verdächtigt, häretisch zu sein, und einzelne Untergruppen der Franziskaner wurden zeitweise auch von der Inquisition verfolgt.

Im 20. Jahrhundert verfestigte sich das negative Bild von Sekten durch Medienberichte über Anschläge, Massensuizide und Gewalt – so verbinden heutzutage viele Menschen Sekten mit Gefahr. Ein Beispiel ist der Giftgasanschlag in der Tokioer U-Bahn vom 20. März 1995, der von Mitgliedern der sogenannten Aum-Sekte ausgeführt wurde, die auch vom japanischen Buddhismus inspiriert war. Ein anderes Beispiel war der Massensuizid der Mitglieder der Gruppe "Heaven’s Gate" im Zusammenhang mit dem Auftreten des Kometen Hale-Bopp im Jahr 1997. Über beide Ereignisse wurde weltweit ausführlich berichtet.

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