Apokalyptische Schlachtszenen, enthemmte Gewalt, dämonische Wesen, die Welt am Abgrund. 123 Meter lang, 14 Meter hoch und mehr als 3000 Figuren: Das größte Gemälde Mitteleuropas ist in jeder Hinsicht gewaltig. Gemalt hat es nicht etwa Michelangelo, sondern der Leipziger Künstler Werner Tübke – im Auftrag des Kulturministeriums der DDR. Tübkes sogenanntes Bauernkriegspanorama ist bis heute der größte Erinnerungsort an eine Gewalteskalation, die vor 500 Jahren die deutschen Lande erschüttert hat.
Nahe der thüringischen Stadt Frankenhausen kam es am 15. Mai 1525 zu einem Akt schauerlicher Brutalität. Am Fuße des Kyffhäusergebirges wurden mehr als 5000 Bauern von einem fürstlichen Militärbündnis brutal niedergemetzelt. Nach Tagen der Folter ließ man den Anführer des Bauernheeres, den Reformator Thomas Müntzer, öffentlich hinrichten.
Diese Ereignisse gingen als "Schlacht von Frankenhausen" in die Geschichte ein. Sie markieren einen Höhe- und Wendepunkt des sogenannten Deutschen Bauernkrieges, der sich ab Sommer 1524 von Südwesten über weite Teile des Heiligen Römischen Reichs ausgebreitet hatte und gar nicht so "deutsch" war, wie es der Name vermuten lässt. In Thüringen, Schwaben, Baden, Franken und der Pfalz, aber auch im Elsass, in Teilen der heutigen Schweiz und Österreichs kam es zu einer nie da gewesenen Massenerhebung der Landbevölkerung. Versammelt in sogenannten Haufen, wandten sich die Bauern gegen ihre adeligen Grundherren, plünderten reiche Klöster und Burgen und gewannen mit jedem weiteren Zug neue Anhänger.
Wie konnte es zu einem so großen Aufstand kommen? Die Gründe waren – wie immer – vielfältig. "It’s the economy, stupid", weiß man seit US-Präsident Bill Clinton. Auch das 16. Jahrhundert war ein Zeitalter wirtschaftlicher Umbrüche. Der florierende Handel in den Städten zog Menschen aus dem Umland an und ließ einige allmählich sehr reich werden, denen diese Rolle in der traditionellen Gesellschaftsordnung eigentlich gar nicht zugedacht war. Seit der Erfindung des Buchdrucks tobte in den Zentren zudem eine Medienrevolution von bislang unbekanntem Ausmaß.
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