Frau Schmitz, im Angesicht der vielen Krisen wollen viele Menschen resilienter, widerstandsfähiger werden. Sie sehen das kritisch. Warum?
Barbara Schmitz: Resilienz wird sehr oft im Bereich der Selbstoptimierung verwendet. Auch in der Schule und in der Arbeitswelt. Da muss dann die Krankenpflegerin resilient werden, um mit den schwierigen Arbeitsbedingungen klarzukommen. Dabei müsste man viel mehr das System ändern, statt dem Einzelnen die Verantwortung dafür zuzuschieben. Wenn viele Menschen Probleme mit den Bedingungen haben, dann zeigt uns das, dass mit dem System etwas nicht stimmt. Resiliente Individuen halten mitunter ein ungerechtes System am Laufen.
Resilienz gilt als guter Umgang mit der eigenen Verletzbarkeit. Ich halte es jedoch für wenig sinnvoll, möglichst wenig verwundbar zu sein. Hinter dem Begriff der Resilienz steckt eine stoische Philosophie. Es geht darum, dass Schicksalsschläge einen nicht berühren, man stets gelassen bleibt und stoisch wie ein Stehaufmännchen nach jedem Schicksalsschlag gleich wieder lächelnd aufspringt.
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