Sabine
Sabine
Debora Ruppert
Obdachlosigkeit
"Keiner sieht es dir an."
Sabine* wurde während der Corona-Pandemie arbeits- und dann wohnungslos. Die Fotografin Debora Ruppert hat Menschen ohne Obdach porträtiert und ihnen Einmalkameras gegeben. So erzählen sie von ihrem Alltag, ihren Hoffnungen und Erfolgen
Jacobia Dahm
31.01.2025
2Min

Sabine*, 48 Jahre, hat während der Corona-Pandemie erst ihre Arbeit und dann ihre Wohnung verloren, weil sie die Miete nicht mehr zahlen ­konnte. Zuerst reiste Sabine tagelang mit dem Zug durch Deutschland, um ein Dach über dem Kopf zu haben.

Zurück in Berlin wurde sie in eine Notunterkunft ver­mittelt und hielt sich mit Pfandflaschensammeln über Wasser. Dank einer Sozial­arbeiterin lebt Sabine heute im Betreuten Einzelwohnen. Sie hat an Neujahr das erste Mal nach Jahren der Funkstille mit ihrem erwachsenen Sohn telefoniert.

Dieser Beitrag ist Teil einer Serie über Obdachlose. Alle weiteren Beiträge finden Sie auf dieser Themenseite.

Manche Einkaufszentren, auch wenn man höflich fragt, man nicht reingelassen wird, die Toilette nicht benutzen darf, man zu bezahlen hat, auch wenn man sagt, dass man kein Geld hat. Mittlerweile kostet es von 50 Cent bis 1,50 €. Wahnsinn! Es ist 9:18 Uhr und man muss warten bis um 10 Uhr Evas Haltestelle auf hat, um auf Toilette zu gehen

Ich bin gerade los und gucke rüber. Da steht ja ein Karton. Gehe ich hin und alles voll mit 25-Cent-Flaschen und noch ein paar andere

Keiner sieht es dir an. Du befindest dich mitten im belebten Berlin und keiner weiß, dass du obdach- oder wohnungslos bist. Obwohl man wohnungslos ist, hat man trotzdem manchmal auch ein ganz normales Leben. Wie jetzt hier im Tiergarten – sich auf die Bank in die Sonne setzen, lesen und es genießen

Stimmen der Straße: Sabine
Infobox

Wer ist obdachlos? Und wie viele?

Mehr als eine halbe Million Menschen haben keine eigene Wohnung, sagt der neue Wohnungslosenbericht der Bundesregierung (veröffentlicht am 8. Januar 2025). Die meisten, fast 440 000 Menschen, leben in Einrichtungen der Kommunen und der Wohnungsnotfallhilfe. Rund 47 300 Menschen leben auf der Straße oder in Behelfsunterkünften. 60 000 kommen bei Angehörigen, Freunden oder Bekannten unter.

Vor einem Jahr hatte die Bundesregierung einen Aktionsplan beschlossen, um die Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden. Nach Darstellung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe ist aber die Zahl der Betroffenen weiter gestiegen – vor allem durch die Zunahme nicht deutscher Wohnungsloser. 19 Prozent der Wohnungslosen sind unter 25 Jahre alt, davon viele Mädchen und Frauen. Das größte Problem ist der fehlende bezahlbare Wohnraum – und die weiter steigenden Mieten. Oft trifft es Menschen sehr plötzlich. Wer seine Arbeit verliert, krank oder süchtig wird, einen Schicksalsschlag erleidet, ist häufig nicht in der Lage, sich um seine Mietschulden zu kümmern.

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