Wenn uns etwas fremd erscheint, springt das Angstgehirn an
AllzweckJack/Photocase
Psychiater Bandelow im Interview
"Es gibt eine angeborene Fremdenangst"
Rechtsextreme Demagogen behaupten, es sei normal, die Welt nach Völkern und Rassen zu unterteilen. Der Psychiater und Neurologe Borwin Bandelow erklärt, warum diese Aussage falsch und gefährlich ist
16.09.2024
5Min

Herr Bandelow, woher stammt die Angst vor fremden Menschen?

Borwin Bandelow: Menschen haben ein Stammesdenken. Das geht zurück auf eine Zeit, in der wir in Stämmen von jeweils rund 25 Personen durch die Wälder getigert sind. Diese Stämme haben sich gegenseitig bekriegt. Dabei ging es etwa um Gebiete, Nahrungsmittel, Frauen oder Kinder. Da musste man im Stamm zusammenhalten und sich gegen andere Stämme verteidigen. Wer ausgestoßen wurde oder dachte, allein leben zu können, hatte keine große Überlebenschance.

Also hielt man sich an den eigenen Stamm?

Ja, es war ein Überlebensvorteil der Menschen, dieses Stammesdenken zu haben, alles für die eigenen Leute zu tun, alles andere als fremd abzuweisen und sogar brutal dagegen vorzugehen. Das ist in unseren Gehirnen zum Teil auch heute noch drin. Daher stammt auch das Denken in Nationen oder das Fan-Wesen im Fußball. Auch Heimatgefühle oder der Wunsch, für das Vaterland in den Krieg zu ziehen, sind darauf zurückzuführen. Deshalb sind wir in der Regel erst einmal skeptisch gegenüber Menschen, die anders aussehen, anders sprechen oder eine andere Religion haben.

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Zeigen Sie mir den, der nicht vor dem/den Unbekannten Angst oder die milde Form Respekt hat. Unsicherheit macht vorsichtig, prüfend bis mistrauisch. Das ist normal. Unvoreingenommen ist der Starke und Rücksichtslose in der Annahme, dass er immer überlegen ist. Zumal auch jeder Kontakt ein Vergleich ist.