Kevin muss immer noch weinen, wenn ihn ein heftiger Regenschauer überrascht. Er ist 34 und Stabsunteroffizier, ein großer Mann mit kurz rasiertem Haar und langem schwarzem Bart. Vor kurzem hatte er sich getraut, das Haus zu verlassen und war mit dem Auto einkaufen gefahren, als es anfing zu schütten. Der Regen prasselte auf die Scheiben, trommelte auf das Blech, und dann kamen die Flashbacks vom Ahrtal, Bilder von zerstörten Häusern, von überschwemmten Straßen und von der toten Frau, die er nicht mehr vergessen kann.
Kevins Einheit, die Luftlandepionierkompanie 260, war am Morgen des 15. Juli 2021 in Bad Neuenahr-Ahrweiler angerückt. Er erinnert sich an das Hochwasser, an den Geruch von Feuchtigkeit im Sommer, sagt er. Zwischen dem 14. und dem 15. Juli waren im Ahrtal 100 bis 150 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen, berechnete der Deutsche Wetterdienst – wesentlich mehr Regen als sonst durchschnittlich im ganzen Monat Juli. Das Hochwasser verwüstete Dörfer und Städte. Im Ahrtal starben 135 Menschen, 69 davon in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Luftlandepioniere räumten dort mit ihren Fahrzeugen Schutt weg, pumpten Wasser aus Kellern und stießen auf Leichen.
Kevin ist bis zum Jahr 2035 Zeitsoldat und hat durch seinen Einsatz im Ahrtal eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bekommen. Er leidet unter Panikattacken, Depressionen, Kaufräuschen, einem starken Drang nach Alkohol und Zigaretten, Alpträumen, Flashbacks, Angst vor Menschenmassen, Sirenen und Regen, diagnostiziert seine Bundeswehrpsychiaterin. "Mein Leben ist die Hölle", sagt er.
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