Kann man überhaupt noch mit gutem Gewissen in den Urlaub fahren?
Zuerst: Urlaub ist etwas Schönes, das gerade die Deutschen zu Recht lieben. Die Erholung ist gesund. Klar kann ich nachhaltig reisen. Nachhaltiges Reisen braucht mehr Planung, ist meist umständlicher, teurer und auch die Reisewege werden oft länger. Aber es geht.
Auf was muss ich achten?
Wichtig ist natürlich der CO₂-Abdruck. Der lässt sich leicht beeinflussen: Fliege ich, fahre ich Bahn oder mit dem Auto. Die Deutschen haben im Jahr 2023 65 Millionen Reisen mit einer Länge von mindestens fünf Tagen unternommen. Davon gingen 32 Prozent ans europäische Mittelmeer. Diese Ziele kann ich theoretisch alle mit der Bahn erreichen. Aber es ist eben komplizierter und oft auch teurer als der Flug. Eine gute Alternative sind auch Busreisen. Die können auch klimafreundlich sein, denn ein Bus befördert sehr viele Personen, das macht den einzelnen Fußabdruck kleiner.
Claudia Brözel
Und wenn mein Traumland auf einem anderen Kontinent liegt, ich zum Beispiel unbedingt nach Neuseeland will?
Dann können Sie ihr Verhalten über mehrere Jahre in den Blick nehmen. Sie können beispielsweise einige Jahre lang Wanderurlaub in der näheren Umgebung machen und dann in einem Jahr die Fernreise antreten – so sind sie insgesamt nachhaltiger unterwegs. Und wenn ich eine weite Reise mache, dann sollte ich mir auch viel Zeit dafür einplanen, damit es sich lohnt.
Lesen Sie hier die Musiktipps für den Sommer von chrismon-Musikredakteur Claudius Grigat.
Was gibt es außer dem CO₂-Abdruck zu beachten?
Sie können schon bei der Urlaubsplanung auf Nachhaltigkeit achten. Beispielsweise Tourism Watch oder Fairunterwegs sind Organisationen, die dabei helfen. Und manche Reiseanbieter spenden pro Reise einen bestimmten Betrag für wohltätige Projekte.
Wenn ich aber meine Reise schon gebucht habe?
Es gibt einen guten Merkspruch: Wenn ich reise, sollte ich einen positiven Beitrag in meinem Zielort hinterlassen. In Paris kein Souvenir direkt vor dem Eiffelturm kaufen, sondern zwei, drei Straßen weiter gehen. Die ersten Geschäfte gehören meist großen Firmen, aber in den Nebenstraßen finden sich kleinere, inhabergeführte Läden. Oder ich schaue, dass ich in kleinere, weniger bekannte Restaurants gehe. Wir fahren in die Urlaubsorte, sind Gäste, dann sollten wir nicht nur Müll hinterlassen. Oftmals sind auch kleine Gesten ausschlaggebend.
Welche?
Interessieren Sie sich für die Menschen vor Ort, sprechen Sie mit Ihnen. Fragen Sie doch einmal das Zimmermädchen, wie es angestellt ist, wie viel es verdient. Viele Zimmermädchen in den touristischen Hotspots wie den Balearen oder Kanaren habe keine richtige Anstellung mit sozialer Absicherung. Wenn sie schwanger oder krank werden, kommt die Nächste. Fragen Sie ruhig auch den Manager des Hotels, was er den Zimmermädchen bezahlt. Alleine die Aufmerksamkeit dafür kann etwas bewirken. Gutes Trinkgeld ist wichtig. Und ich habe immer kleine Geschenke dabei.
Geschenke?
Ich nehme Kleinigkeiten, eine Art Souvenir aus meiner Heimat, mit. Das kann ich dann auf der Reise verschenken, zum Beispiel an den Kellner – als Geste, die zeigt, ich weiß, dass ich privilegiert bin, so reisen zu können. Dann will ich wenigstens etwas Freundliches mitbringen.
Aber gibt es Orte, an die ich am besten gar nicht fahren sollte, weil sie schon so überfüllt sind?
Vielleicht gibt es ja Orte, an die ich gar nicht will? Ein bekanntes Beispiel ist Hallstatt im österreichischen Salzkammergut. Dort gibt es ca. 800 Einwohner und es kommen ca. 13.000 Reisebusse pro Jahr. An manchen Tagen bis zu 10.000 Touristen. Solche Ziele kann man leicht meiden. Und in großen Städten wie Paris oder Berlin sind die Touristen meist an bestimmten Orten: vor dem Eiffelturm oder dem Brandenburger Tor. Aber die Städte haben ja viel mehr zu bieten. Ich kann also einfach andere Teile der Stadt besuchen oder ich kann zu anderen Zeiten fahren – also nicht in der Hauptreisezeit.
Sie wohnen in Berlin. Wo kann ich dort den Touristenströmen entgehen?
Der Botanische Garten Berlin ist sicher kein Hauptziel der Touristen, aber sehr schön und gerade im Sommer ein kühler Ort. Er ist auch gut mit der S- und U-Bahn zu erreichen. Auch der Teufelsberg, der Preussenpark und das Tempelhofer Feld sind abseits der Hauptrouten der Touristen, aber tolle Ziele.
Ihren CO₂-Abdruck können Sie hier checken: https://uba.co2-rechner.de/de_DE/
Weitere Informationen finden Sie auch unter fairunterwegs.org und tourism-watch.de.
Nachhaltiger Urlaub "Ich habe immer Geschenke dabei"
Der Artikel gibt sicher einige Anregungen, die aber auch nicht wirklich irgendeinen neuen Impuls geben. Sehr übergriffig empfinde ich die Idee, das Zimmermädchen doch einfach mal zu fragen, wie viel sie verdient...Erzählen Sie Ihr dann auch im Gegenzug, was Sie verdienen?? Ich stelle mir gerade vor, eine Touristin besucht mich an meinem Arbeitsplatz und fragt mich mal eben, wie viel ich verdiene.... hmmm, ich finde, auf Augenhöhe ist etwas anderes. Trinkgeld hingegen ist sicher immer eine gute Idee. Herzliche Grüße!!
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Ein "I R R W I T Z" oder ein…
Ein "I R R W I T Z" oder ein irrer Witz! Wenn schon die Frage nach einer Berechtigung für eine Urlaubsfahrt gestellt wird, kann man auch fragen, ob man überhaupt noch mit gutem Gewissen leben kann. Den Zweifelnden ein schlechtes Gewissen einreden, damit man sie gegen Anerkennung mit schönen Worten trösten kann. Ein Böser der dabei was denkt! Geschenke, warum? Um eine Harmonie aufzubauen! Der Strohblumenstrauss von Erb-Tante Emma, die bei jedem Besuch zuerst prüft, ob er noch im Eingang hängt. Wie häufig muss man Freude heucheln für Mitbringsel, die ärgerlich sind. Der falsche Wein wird weiter gegeben. Aber kennzeichnen, damit er nicht die Runde macht. Peinlich oder kleinlich?Wieviel Besuche werden nicht gemacht, weil man nichts "Passendes" hat. Ich möchte nichts, besonders nicht ärgern. Mir ist der Besuch ein Geschenk.
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