Wieder einmal wird um das Kopftuch muslimischer Frauen gestritten. An französischen Schulen ist dies ja verboten, aber: Darf eine Mutter, die ihre Kinder auf Schulausflügen begleitet, eines tragen? Unter der Oberfläche solcher Debatten liegen unzählige Reizthemen: Islamistischer Terror, die koloniale Vergangenheit oder die Integration kopftuchtragender Frauen. Grundsätzlicher stellt sich die Frage: Frankreich und die Religion – wie geht das zusammen?
Axel Matyba
Frankreich ist ein laizistisches Land, Staat und Religion werden strikt getrennt. Klar, die brandzerstörte Kathedrale Notre-Dame ist ein nationales Symbol. Die Renovierung zahlt der Staat. Das gilt für alle französischen Kirchen, leider aber nicht für die 125 Jahre alte Christuskirche unserer deutschsprachigen Gemeinde, die ein neues Dach braucht.
Wachsamkeit oder Misstrauen gegenüber den Religionen
Der Laizität in Frankreich liegen die Ideen einer liberalen Gesellschaft, einer starken Zivilgesellschaft und der Einheit der Nation zugrunde. Der Staat müsse dafür sorgen, dass alle friedlich miteinander leben. Ein antiklerikaler, gar antireligiöser Grundton sei nicht intendiert, betonen die Verteidiger. Ich fremdele etwas. Und gehöre eher zu denen, die fragen, ob diese Wachsamkeit nicht allzu oft in ein Misstrauen gegenüber den Religionen umschlägt. Ehrlich gesagt: Ich bin dankbar für das deutsche Religionsverfassungsrecht. Ich bin froh, dass Religion an öffentlichen Schulen unterrichtet werden kann und man einen St. Martinsumzug nicht wie in Frankreich als Demonstration genehmigen lassen muss.
Gut, dass es Projekte gibt wie Emouna, den "Hörsaal der Religionen" an der Pariser Eliteschule Sciences Po. Hier diskutieren muslimische, jüdische und christliche Religionsvertreter regelmäßig über ihren Platz in der laizistischen Gesellschaft.