chrismon: Herr Stanišić, hatten Sie eine schlimme Zeit in der Schule? Oder woher kennen Sie die Dynamik, die Sie in Ihrem Buch beschreiben?
Saša Stanišić: Während meiner Schulzeit in Heidelberg habe ich beobachtet, wie einem meiner Schulkameraden das Leben zur Hölle gemacht wurde, systematisch, aus Lust am Quälen. Wir waren 15 oder 16 Jahre alt, als das losging. Und alle, mich eingeschlossen, haben sehr, sehr wenig dagegen getan. Das ist eine passive Täterposition, wie ich jetzt weiß. Man darf nicht einfach nur Zeuge bleiben, man hat als Zeuge eine Verantwortung. Das falsche Bewusstsein von damals – wenn ich selbst nicht mitmobbe, bin ich nicht der Böse: Das hat mich sehr lange beschäftigt.
Und jetzt haben Sie einen Kinderroman darüber geschrieben.
Ja, es war mir ein Anliegen, meine eigenen Ängste, meine Ohnmacht und Passivität von damals in einem Text zu verarbeiten.
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