Über Dogmen und Zweifel
Was unterscheidet den Glauben vom Aberglauben?
Falsche Annahmen machen noch keinen Aberglauben. Problematisch wird es, wenn Menschen keine Zweifel an ihrem Weltbild zulassen
Zerbrochener Spiegel in dem sich blauer Himmel mit zarten Wolken spiegelt
Lisa Rienermann
(Berlin) 11.02.16; Dr. Johann Hinrich Claussen, Portraet, Portrait; Kulturbeauftragter des Rates der EKD, Leiter des EKD-Kulturbueros, evangelischer Theologe Foto: Andreas Schoelzel/EKD-Kultur. Nutzung durch und fuer EKD honorarfreiAndreas Schoelzel
Aktualisiert am 13.12.2024
3Min

Religionskritik ist nicht nur etwas für Atheisten. Auch religiöse Menschen müssen für sich klären, was ein wahrer oder falscher, guter oder schlechter Glaube ist. Nur wie? Viele herkömmliche Kriterien, um eines vom anderen zu unter­scheiden, greifen zu kurz.

Zum Beispiel die traditionelle Auffassung, wonach das Hergebrachte, das von den Vätern und Müttern Überlieferte, Ehrfurcht verdiene und das Neue misstrauisch zu beäugen sei. Nur das Alte als wahr gelten zu lassen, diskreditiert Innovationen. Zu den bedeutendsten Neuerungen der Religionsgeschichte gehören der jüdische, christliche und ­muslimische Monotheismus. Diese drei erklärten auf je ihre Weise, dass sie sich aus einer uralten Geschichte speisen, zugleich aber eine ganz neue Offen­barung Gottes empfangen haben: Jetzt soll das Neue als das Wahre verehrt werden. Doch welcher der drei Mono­theismen kann der richtige sein? ­Darüber wird es kein objektives, von allen akzeptiertes Urteil geben.

Ein anderes Problem ist, dass es ­neben dem großen und offiziellen Glauben immer auch kleine, amtlich nicht zertifizierte religiöse Anschauungen und Handlungen gab und gibt. Früher meinten Theologen, es sei ­Zauberei, wenn man mit Hilfe von mys­teriösen Worten und Ritualen Gott etwas Gutes abzuringen versucht: eine Heilung, ein gutes Geschäft, ­einen politischen Vorteil, einen Blick in die Zukunft. Das ist Aber­- glaube, weil man Gott so zu etwas zwingen will, und zum anderen purer Eigennutz, oft zum Schaden anderer.

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