chrismon: Herr Schulz von Thun, beim Familienfest spricht der Schwager von den vielen Ausländern in seinem Stadtteil und erklärt: "Die Deutschen werden jetzt sowieso abgeschafft." Ich bin entsetzt – aber ich schweige, um des Familienfriedens willen. Was kann ich sagen, was kann ich tun, außer Kaffee kochen gehen?
Friedemann Schulz von Thun: "Jede Situation ist ein Ruf, auf den wir zu horchen, dem wir zu gehorchen haben", sagt Viktor Frankl. Und hinzufügen würde ich: Jede schwierige Situation können wir unter drei Aspekten anschauen. Als Zumutung, als Gelegenheit und als Herausforderung. Wenn Sie sich vor allem gegen die Zumutung wehren wollen, könnten Sie sagen: "Mensch, Roland, jetzt verdirb mir aber nicht die Festlaune mit den Thesen eines Herrn Sarrazin!" – Wenn Sie in dieser Situation vor allem eine Gelegenheit sehen, welche wäre das? Vielleicht die Gelegenheit, mit Schwager Roland einmal wirklich in Kontakt zu kommen? Dann könnten Sie Ehrlichkeit mit Empathie verbinden und zum Beispiel antworten: "Ich bin entsetzt, wenn ich so etwas von dir höre. Aber womöglich hast du schlimme Erfahrungen gemacht, von denen ich nichts weiß?"
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