Was läuft im Verhältnis des Menschen zu den Tieren falsch?
Das menschliche Verhältnis zu Tieren ist stark geprägt von Tod, von Gewalt, von Leiden – und das ist an sich nichts Gutes. Viele Tiere in unserer Gesellschaft leben aufgrund von uns Menschen in einer katastrophal schlechten Situation. Außerdem hat unsere Nutzung von Tieren problematische Auswirkungen auf Klima und Umwelt. In der philosophischen Ethik wird diese Problematik des Mensch-Tier-Verhältnisses schon seit längerer Zeit kritisch diskutiert und es sind viele interessante Ideen für ein anderes Mensch-Tier-Verhältnis entwickelt worden.
Cornelia Mügge
Konstantin Sacher
Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Ein sehr interessanter Vorschlag stammt von Sue Donaldson und Will Kymlicka. Sie entwerfen in ihrem Buch "Zoopolis" eine politische Utopie des Zusammenlebens von Menschen und Tieren. Interessant ist daran vor allem, dass sie ziemlich konkret ausmalen, wie eine Gesellschaft aussehen könnte, in der Tiere mehr zählen. Konkret unterscheiden sie dann drei Gruppen von Tieren: Tiere, die domestiziert sind und eng mit uns leben, dazu gehören auch diejenigen, die wir heute Nutztiere nennen. Dann gibt es die Gruppe der Grenzgänger-Tiere und die der Wildtiere. Allen Tieren sprechen Donaldson und Kymlicka grundlegende Rechte zu, etwa nicht getötet werden zu dürfen. Für jede Gruppe von Tieren gibt es aber verschiedene Rechte. Tiere, die eng mit uns leben, haben dann Bürgerrechte, können aber auch an der gesellschaftlichen Arbeit beteiligt werden. Schafe beispielsweise könnten die Aufgabe bekommen, Wiesenflächen kurz zu halten. Wildlebende Tiere hingegen sollten weitgehend souverän leben können und man sollte anerkennen, dass sie lieber unabhängig von Menschen leben. Wichtig an dieser Idee finde ich, dass wir Menschen den Tieren hier eher auf Augenhöhe begegnen.
Wie kann das gehen, mit Tieren auf Augenhöhe?
Das meint, dass menschliche Interessen nicht einfach mehr zählen als die der von Tieren. Ich vergleiche das mit unserem Umgang mit Kindern. Für Kinder entscheiden die Eltern oder entscheidet die Politik stellvertretend, aber so, dass deren Interessen möglichst genau ernst genommen werden.
Aber woher wissen wir, was die Interessen der Tiere sind?
Tatsächlich wissen wir mittlerweile schon einiges über die Interessen von Tieren. Es gibt zahlreiche Studien, aus denen wir viel lernen können, welche erstaunlichen Fähigkeiten die verschiedenen Tiere haben. Aber natürlich auch, welche Bedürfnisse sie haben. Und damit können wir uns durchaus ein Bild davon machen, wie ein gutes Leben für die verschiedenen Tiere aussehen würde. Viele Dinge kann man aber auch einfach sehen und selbst erfahren, wenn man mit Tieren Zeit verbringt. Dass eine Milchkuh und ihr Kalb es nicht gut finden, getrennt zu werden, ist ziemlich offensichtlich, wenn man erlebt, wie sie nacheinander rufen. Ganz abgesehen davon, dass das Kalb in der Regel getötet wird, wenn es männlich ist – dafür braucht man keine spezielle Forschung, um zu verstehen, dass das nicht den Interessen von Tieren entspricht.
Warum sind die Christen beim Tierschutz zurückhaltend?
Also zunächst einmal trifft das nicht auf alle Christ*innen zu. Es gab und gibt ja immer wieder Christ*innen, die sich für Tiere einsetzen. Albert Schweitzer ist dafür ein prominentes Beispiel. Aber in der Tat gibt es im Christentum eine problematische Geschichte des Umgangs mit Tieren. Einflussreich war sicher der sogenannte Herrschaftsauftrag, der am Anfang der Bibel im ersten Buch Mose steht. Hier wird gesagt, dass der Mensch sich die Erde untertan machen soll und über die Tiere herrschen soll. Die Stelle kann man auch anders verstehen, nämlich dass der Mensch den Auftrag hat, die Welt zu hüten und zu pflegen.
Aber wie rechtfertigen Kirche und Theologie dann die Gewalt gegen Tiere?
Es wird argumentiert, dass der Mensch gar nicht anders kann, als Gewalt anzuwenden. Weil er ja, um selbst zu leben, Leben zerstören muss. Sei es das von Tieren oder von Pflanzen. Das ist Teil unserer Beschaffenheit in einer Welt, in der das Reich Gottes zwar angebrochen, aber noch nicht vollkommen ist. Und genauso unvollkommen ist eben auch unser Leben und deswegen wird das Handeln der Menschen in dieser Welt auch niemals ganz gerecht sein können. Und damit erscheint es dann eben auch als gerechtfertigt, Tiere zu töten.
Das geht Ihnen nicht weit genug?
Nein, denn viele Tiere sind empfindungs- beziehungsweise erlebensfähig. Sobald das erkennbar vorhanden ist, gibt es für mich keinen guten Grund, sie zu töten, außer im Notfall. Ich finde es auch bemerkenswert, dass die Zahl an Flexitariern, Vegetarierinnen und Veganern stetig steigt. Vor allem unter jungen Menschen. Es werden offenbar immer mehr, die das ebenfalls nicht mehr normal und richtig finden.
Kann das Christentum überhaupt etwas Positives zum Mensch-Tier-Verhältnis beitragen?
Ja, etwa die schon genannte Idee der Mitgeschöpflichkeit oder die der Liebe Gottes zu allen Geschöpfen. Und auch die Nächstenliebe lässt sich auf Tiere ausweiten. Christliches Denken kann hier etwas leisten. Hier sehe ich Parallelen mit der feministischen Bewegung. Da war die Ausgangssituation auch sehr problematisch, denn die christliche Religion war lange Teil des Problems der Unterdrückung von Frauen. Auch hier musste man sich fragen, ob man mit dieser patriarchalen Religion überhaupt noch etwas anfangen kann. Aber dann kam die feministische Theologie und hat gezeigt, dass es auch anders geht.
Was sagen Sie zu jemandem, der sagt, dass die Gesellschaft sich erst einmal um die Probleme der Menschen kümmern soll?
Beides schließt sich nicht aus. Es ist sogar so, dass es für alle Menschen und auch zukünftige Generationen gut wäre, wenn wir weniger Nutztiere halten würden. Das ist ja mittlerweile den meisten bekannt, dass die Tiernutzung eine extrem schlechte Klimabilanz hat. Außerdem kann ich beim Thema Tiere leichter als in anderen Fragen einen positiven Beitrag leisten, indem ich einfach weniger oder sogar keine Tierprodukte kaufe.
Für jede Kuh KIST-Pflicht.
Man kann aus allem etwas machen. Aber bitte weiterdenken. Ein Kälbchen als Mitbürger? Nun ja! Aber eine Kuh, evtl noch mit Wahlrecht und eigener christlichen Religion? Für jede Gattung einen eigenen "Hirten"! Für die Augsburger Puppenkiste eine willkommene Spielvariante.
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Tiere als Mitbürger
Ja, Tiere müssen endlich als Mitgeschöpfe und nicht länger als Sachen behandelt werden! Sie leiden unglaublich in der erst seit einigen Jahrzehnten gängigen Massenmast, überzüchtet mit schmerzhaft gekürzten Schwänzen, Schnäbeln, Hörnern!
Tiere sind uns nicht gleich, aber ähnlich, empfinden Freude, Trauer, haben Muttergefühle, wollen leben, sich bewegen!
Ähnlich wie bei Kindern sollte es auch für sie Vertreter geben, die ihre Rechte vertreten, klare Rechte zumindest auf Ausübung ihrer Grundbedürfnisse und Freiheit von haltungsbedingten Schmerzen, Schäden und Leiden! Dazu sind bessere Verordnungen nötig - und Kontrollen öfter als die derzeitigen (im Durchschnitt alle 30 Jahre...).
„Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes...“ (Sprüche der Bibel).
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Andersrum
Bitte konsequent sein und die gesamte Haustierhaltung verbieten. Welcher verzüchteter Hund hat eigene Überlebenschancen.? Keiner! Warum muss ein Kanarienvogel als Fluchttier im kleinsten Käfig leben? Ein Fisch im Kugelglas muss doch verrückt werden. Wo bleibt die christliche Nächstenliebe, wenn die Haustiere ihr eigenes Gewicht nicht mehr tragen können? Die Abhängigkeit der Tiere von ihren "Futterspendern" als Liebe zu bezeichnen, ist abwegig. Kein Protest der Tierschützer, wenn die Angler sich an der Angst der Fische erfreuen und ihre Heimtücke (anfüttern, künstliche Köder) mit dem grössten Fisch und Petri Heil feiern. Viele Angler essen die Fische nicht. Der pure Sadismus wird dann noch mit der Behauptung garniert, dass Fische keine Schmerzen spüren. Ist das Zappeln an der Angel dann ein Zeichen der Freude, zum Spass gefangen zu werden?
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Kuh und Kälbchen
Der Leserbrief zeigt, wie dumm und gefühllos manche Menschen sind. Pfui Teufel
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