Die Sau muss keine Ferkel liefern
Anna Ritzinger, 39, mit Sau Nia
Sebastian Lock
Lebenshof Vegan Bullerbyn
Die Sau muss keine Ferkel liefern
Der Lebenshof Vegan Bullerbyn schenkt rund 130 ehemaligen Haus- und Nutztieren ein schöneres und friedvolles Leben. Das hat auch das Leben der Bäuerin und Familienmutter verändert
Tim Wegner
Aktualisiert am 31.05.2024
3Min

Anna Ritzinger, 39:

Als wir mit zwei Kindern an der Hand und einem im Bauch in diesen alten Bauernhof zogen, waren viele in unserem da­maligen Freundeskreis skeptisch: Euch wird die Decke auf den Kopf fallen, da draußen im fränkischen Outback! Weil unsere Freunde dann so oft nachfragten, begannen wir, von unse­rem Leben mit den Tieren auf Instagram zu berichten; ­unser Lebenshof heißt dort Vegan.Bullerbyn, statt Bullerbü, weil es auf Insta kein ü gibt. Es begann damit, dass wir spontan ein paar Hühner aufnahmen und dann, als wir in der Zeitung von einem Osterlamm zur Hofschlachtung lasen, das lebende Lamm mitsamt seiner Mutter.

Aktuell leben hier 130 ehemalige Haus- oder Nutztiere, unter anderem fünf Hunde, viele Schafe und Ziegen, Hühner, Puten, Wachteln aus der Wachteleiproduktion, zwei ehemalige Reitschulponys, auch ein vernachlässigtes Ferien­bauernhofpony. Die Tiere werden nicht genutzt, die Eier nicht gegessen, die Ponys nicht geritten.

Wir brauchen mittlerweile 3000 Euro im Monat für Futter, Streu, Tierarztkosten. Wir kamen an den Punkt, wo wir letztlich nur noch für die Tiere gearbeitet haben. Mein Mann hat nebenan seine Werkstatt als Schreinermeister, ich arbeite als Model für Firmen mit fairen, nachhaltigen Produkten. Wir gründeten einen Verein und finanzieren die Tiere jetzt über die Mitgliedsbeiträge, über Spenden und Patenschaften. Es ist eine Gemeinschaft entstanden. Wir haben viele Helfer und Helferinnen. Und viel Besuch.

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Liebes Chrismon-Team,
hier mein Leserbrief zum obigen Artikel:
Der Artikel hat mich sehr berührt und bewegt, weil ich meine berufliche Zukunft auch gerade ausrichte auf die Arbeit mit Tieren. Auch ich bin davon überzeugt, dass Tiere eine Seele haben und ihre eigene Persönlichkeit. Ich habe mich vor kurzem entschieden, nun vegan zu leben, weil ich es nicht mehr aushalte, wie Tiere für unseren grenzenlosen Hunger auf Fleisch, Milchprodukte und Eier gequält und geschunden werden. Ich möchte nicht mehr Teil dieses grausamen Systems sein. Ich halte es nicht mehr aus. Im Mai letzten Jahres hatte ich die große Ehre, in meinem Urlaub auf der Nordseeinsel Pellworm einem kleinen Seehundheuler das Leben zu retten. Das kleine Tier, das wahrscheinlich noch nie vorher einen Menschen gesehen hatte, sah mir für ein paar Sekunden direkt in die Augen. Dieser kurze Moment berührte mich so tief und nachhaltig, dass ich allen Tieren nun mit Achtung und Respekt begegne und sehe, was sie sind: lebendige Wesen mit einem schlagenden Herzen. Wir sollten sie dementsprechend behandeln.
Steffie Haddenga, Hamburg

Antwort auf von Steffie Haddenga (nicht registriert)

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Wunderschön !
Ich habe eine ähnliche Geschichte erlebt.
Ich sah, wie eine Entenmutter mit drei Kücken über eine Strasse eilte, und es gerade noch schaffte in der Böschung auf der anderen Strassenseite vor einem Riesenlaster zu fliehen. Zwei ihrer Kücken schafften es auch, das dritte nicht mehr. Es lag noch zitternd auf der Fahrbahn als ich es aufhob und ins Gras legte. Es bebte schwach in meinen Händen, leicht wie eine Feder, zart und zerbrechlich.
Ich habe es nie verstanden, wie man allen Ernstes den Tieren eine Seele absprechen könnte.
Deshalb sind mir die endlosen Diskussionen um die Frage, ob denn ein Tier eine Seele habe oder nicht, ein Gräuel.

" Ich möchte nicht mehr Teil dieses grausamen Systems sein."
Nur mit Liebe kann man dauerhaft etwas ändern.
Gehirnwäsche allein verändert nichts.

Es gibt ja auch glückliche Hühner, die nicht " gequält und geschunden " werden...

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Hallo Chrismon-Team!

Wegen mir muss kein Schwein sein Leben lassen und auch keine Sau muss Ferkel liefern!
Ich bin seit Jahrzehnten Vegetarier und ich habe längst vergessen, wie ein Schnitzel, wie der Schweinebraten, wie ein Schäuferla oder auch 6 auf Kraut schmecken!
Ich vermisse all das nicht und dashalb gefällt mir diese Idee mit dem Lebenshof für Tiere besonders gut.

Dazu noch ein Zitat vom britischen Schriftsteller, Essayisten und Journalisten George Orwell (1903-1950):

"Die Kreaturen draußen sahen von Schwein zu Mensch und von Mensch zu Schwein und wieder von Schwein zu Mensch; aber es war schon unmöglich zu sagen, welches was war."

Ihr Klaus P. Jaworek