Torsten Sauerbrey ist zufrieden, wenn er abends seinen Betrieb verlässt "So geht es mir fast immer", sagt er. Das können nicht viele Menschen von sich behaupten. Morgens gegen sieben macht er sich wieder auf den Weg, um seine Werkstatt in Berlin-Kreuzberg aufzuschließen. Müller-Nähmaschinen – steht auf dem Schild an der Eingangstür. Es wirkt provisorisch, seitdem der Altbau saniert wird und die alte Reklametafel des Vorvorgängers verschwunden ist. Vor über 100 Jahren wurde die Werkstatt in diesen Räumen eingerichtet.
In der Nachbarschaft türkische Juweliergeschäfte mit goldglänzenden Auslagen. Ein Bekleidungsgeschäft hat Anziehpuppen in Skinny Jeans vor die Tür gestellt. Sonderangebot, das Stück für 9,90 Euro. Bei Müller-Nähmaschinen im Hochparterre glänzt nichts, und für Fast Fashion hat hier auch niemand etwas übrig. Torsten Sauerbrey hat schon in der DDR Nähmaschinen repariert. Er ist ein Tüftler, einer, der nicht aufgibt und nach Lösungen sucht, auch für die komplizierten Fälle. Der Sinn fürs Tüfteln, fürs Alte und Handwerkliche verbindet ihn mit seinen Kundinnen und Kunden. Auch sie werfen ihre Nähmaschinen, ihre Hosen, Jacken und Pullover nicht gleich weg, nur weil sie kaputt sind oder aus der Mode gekommen.
In der DDR hatte sich Torsten Sauerbrey ausschließlich um Haushaltsmaschinen für den privaten Bedarf gekümmert. Nach der Wende wurde Nähen uninteressant, Kleidung gab es von der Stange, in Hülle und Fülle. Er musste lange suchen, bis er als Mechaniker bei Müller-Nähmaschinen anfangen konnte. Nachdem der damalige Inhaber verstorben war, hat er das Geschäft übernommen. Seine Frau Ariane ist als Buchhalterin eingestiegen. Sie organisiert, er repariert. Ihr Handwerksbetrieb mit seinen 150 Quadratmetern muss einiges aufbieten, um rentabel zu bleiben: warten, reparieren, verleihen, verkaufen.
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