Gott möge mich wiegen auf rechter Waage, so wird er erkennen meine Unschuld!" (Hiob 31,6). Die Vorstellung, die Herzensgüte eines Menschen lasse sich wiegen, war im alten Ägypten sehr verbreitet. Die Illustration oben zeigt einen Verstorbenen (ganz rechts im Bild) vorm Totengericht.
Thomas Staubli
Sein Herz wird auf die Waage gelegt und gegen eine kleine Figur der Göttin Maat aufgewogen; Maat steht für die gerechte Weltordnung. Der schakalköpfige Anubis wiegt das Herz. Der ibisköpfige Sekretär Thot berichtet das Resultat an Osiris, den Totenrichter. Die Totenfresserin vor seinem Thron, halb Krokodil, halb Nilpferd, wartet darauf, das Herz zu verschlingen, sollte es die Prüfung nicht bestehen.
Christen adaptierten später diese altägyptischen Symbole für ihre Darstellungen des Jüngsten Gerichts. Die Gottesmutter Maria übernahm die Rolle der Göttin Maat. Anstelle des Anubis wog Erzengel Michael die Herzen. Und Petrus – anstelle von Thot – leitete das Ergebnis an Christus weiter, auf dessen Thron vorher Osiris gesessen hatte.