Wir sind vielleicht mit einem blauen Auge davongekommen. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten wurden bei der Parlamentswahl im September "nur" drittgrößte Partei. Aber der Preis war hoch: Ihre Tonlage und ihre Politik haben auf die anderen Parteien abgefärbt. Und nicht nur auf diese. Ich unterrichte in der Oberstufe und beobachte, dass die Sprache, mit der Jugendliche übereinander sprechen, härter geworden ist. Schneller als früher werden Flüchtlinge als Problem oder sogar potenzielle Kriminelle dargestellt. "Der gehört abgeschoben", hörte ich neulich einen Schüler über einen Klassenkameraden sagen, dessen Eltern aus dem Iran stammen.
Sofi Sander
"Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan." Als der achtzigjährige Christdemokrat Alf Svensson dies im Sommer in einem Radiointerview zitierte, fiel mir auf, wie selten solche Worte in der politischen Debatte geworden sind. Die Haltung, dass die Politik die Schwachen und Kranken schützen muss, hat die Christdemokraten in den 90er Jahren groß gemacht. Empathie für Menschen aus anderen Ländern war eine Selbstverständlichkeit. Dieses Jahr warb diese Partei im wohlhabenden Stockholmer Vorort Danderyd mit Wahlplakaten, auf denen stand: "Jetzt reicht’s! Obergrenze für Migranten." Traurig ist es zu sehen, wie ansteckend der Sprachgebrauch der Erwachsenen auf die Jugendlichen ist. Trotzdem hoffe ich weiter auf die Begegnungen im Klassenzimmer. Schüler mit unterschiedlichem Hintergrund werden Freunde, und wir Lehrer versuchen weiter, Werte wie Empathie, Gerechtigkeit und Gleichheit zu vermitteln. Das ist natürlich nichts Neues, aber mir scheint, es wird immer wichtiger.