Protestschild, auf dem unter anderem ein Ku-Klux-Klan Mitglied und die Angeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, abgebildet sind, hängt am 07.05.2013 am soziokulturellen Zentrum Club Alpha in Schwäbisch Hall
Ein Protestschild, auf dem unter anderem ein Ku-Klux-Klan Mitglied und die Angeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, abgebildet sind, hängt am 07.05.2013 am soziokulturellen Zentrum Club Alpha in Schwäbisch Hall. Aktivitäten des rassistischen Geheimbundes Ku-Klux-Klan (KKK) in Schwäbisch Hall werden nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) von den Sicherheitsbehörden beobachtet.
picture alliance / Marijan Murat
Blutschwur, Mord und geheime Zeichen
Der Ku-Klux-Klan (KKK) hat auch in Deutschland Strukturen - teilweise sogar in den Reihen der Polizei. Der Journalist Frederik Obermaier hat ein Buch darüber geschrieben
05.04.2017

chrismon: Den Ku-Klux-Klan (KKK) kennt man aus den USA als rassistischen Geheimbund mit weißen Kapuzenmännern. Seit wann gibt es ihn in Deutschland?
Frederik Obermaier: Seit fast 100 Jahren. Der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) hatte zum Beispiel ­Verbindungen zum Ku-Klux-Klan.

Stephanie Füssenich

Frederik Obermaier

Frederik Obermaier hat mit Tanjev Schultz (beide sind Journalisten) ein Buch über den deutschen Ableger des KKK geschrieben: „Kapuzenmänner. Der Ku-Klux-Klan in Deutschland“ (dtv 2017, 16,90 €)

Und zwei Kollegen der ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter waren ehemalige KKK-Mitglieder. ­Welche Verbindungen hat der Klan in die Polizei?
Einer der Kollegen, ihr Gruppenführer, hatte Kiesewetter ­am Tag ihres Todes auf Streife geschickt. Später haben die Kollegen versucht, sich rauszureden: Sie hätten nicht gewusst, wofür der Klan steht. – Ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes hat den Klan sogar vor Überwachung gewarnt.

Kann der KKK deutsche Behörden unterwandern?
Dafür reichen die Klanstrukturen innerhalb der Be­hörden – zumindest derzeit – nicht aus. Wir wissen aber, dass ein Ableger des KKK eine Untergruppe für Polizisten ins Leben rufen wollte. Interessenten soll es zur Genüge gegeben haben.

Medien berichten kaum vom deutschen KKK. Warum?
Vielleicht wegen der gefälschten Filme von Michael Born für Stern-TV. Er hat in den 1990ern Klankutten geschneidert, Freunde hineingesteckt, ein Feuerkreuz inszeniert und das Ganze gefilmt. Ein Riesenskandal!

Sie haben mit aktiven Mitgliedern und Aussteigern des Klans gesprochen. Was sind das für Menschen?
Sie teilen alle ein Faible für Geheimnistuerei: geheime Riten, Blutschwüre, eigene Erkennungszeichen. Für die rassistische Grundhaltung schämen sich Aussteiger oft. Sie fürchten auch die Rache der Exkameraden.

Wie finden solche Gespräche statt?
Wir haben aktive Mitglieder angerufen oder per E-Mail kontaktiert. Sie waren sehr einsilbig. Aussteiger haben wir unter großer Geheimhaltung getroffen, zum Beispiel im Hinterzimmer abgelegener Landgasthöfe, und darauf geachtet, dass niemand unser Gespräch mithören konnte.

Ist der KKK in Deutschland verboten?
Nein, man kann legal KKK-Shirts, Sticker und Buttons im Versandhandel bestellen. Das steht unter dem Schutz der Meinungsfreiheit. Erst wenn zu Rassenhass angestachelt wird, können die Behörden einschreiten. Die Behörden sahen im Klan lange keine strukturierte Organisation, ­ihnen fehlte der Zusammenhang. Dabei wissen wir seit dem NSU, wie gefährlich kleine radikale Gruppen sein können.

Wie viele Mitglieder hat der deutsche KKK?
Die Bundesregierung geht von vier aktiven Gruppen aus. Wie viele Mitglieder sie haben, ist unklar. Ich gehe derzeit von weniger als 100 in Deutschland aus.

Was wollen Sie mit Ihrem Buch erreichen?
Die Öffentlichkeit informieren, sonst unterschätzt man die Gefahr. Wenn auch Politiker, Polizei oder Verfassungsschutz mehr unternähmen, wäre das ein positiver Effekt.

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