Eigentlich will Viktor Maximow nicht über den Krieg sprechen. Das Grauen lasse sich nicht in Worte fassen, sagt der 89-Jährige Russe aus Jekaterinburg im Ural. Viel lieber will er über Versöhnung reden und warum er auf einem deutschen Soldatenfriedhof beerdigt werden möchte. Wir fragen ihn trotzdem nach dem Krieg. Denn sein Weg vom Hass zur Versöhnung war ein langer. Wir treffen ihn in Dresden, bei Hannelore Danders, 83, einer guten Freundin. Sie dolmetscht beim Gespräch. „Viktor!“, so ruft sie ihn augenrollend zur Ordnung, wenn er vom Thema abschweift und ein weiteres Video von Treffen mit deutschen Veteranen zeigen will.
chrismon: Können Sie sich daran erinnern, wie Sie zum ersten Mal einen deutschen Soldaten töteten?
Viktor Maximow: Es war in einem Wald, der andere stand hinter einem Baum. Ich traf ihn trotzdem, ich war ja schon als Schüler Meisterschütze. Der Schuss muss in die Lunge gegangen sein, so wie das Blut herausquoll. Der Blutstrom hat mich so erschreckt, dass ich wegrannte, zurück zu den Kameraden. Ich rief: „Ich habe einen Menschen erschossen!“ Ich war erschüttert. Die Kameraden fragten nur: Hast du seinen Gürtel mitgebracht?
Sie hatten sich mit 17 freiwillig an die Front gemeldet, 1943.
Maximow: Ich wollte schon mit 15 an die Front, aber sie haben mich weggejagt bei der Meldestelle. 1941, als die Deutschen die Sowjetunion überfielen, wollte ich meine Heimat verteidigen. Wir galten den Nazis als minderwertige Rasse. Sie wollten uns versklaven, vertreiben oder gleich ermorden. Mit diesen Verbrechen hatten sie schon angefangen.
Welche Verbrechen haben Sie gesehen?
Maximow: Die Deutschen waren in der Ukraine auf dem Rückzug, wir rückten vor, und ich sah die Folgen der deutschen Besatzung: all die ermordeten Zivilisten. Kinder, Alte, Frauen. Ein Kriegsverbrechen. Und ich sah die Berge von Kinderschuhen in der Schlucht von Babi Jar bei Kiew.
Die SS-Einsatzgruppen meldeten am 28. September 1941 aus Kiew nach Berlin: „Exekution von mindestens 50 000 Juden vorgesehen. Wehrmacht begrüßt Maßnahmen und erbittet radikales Vorgehen.“ Innerhalb von zwei Tagen hatten sie dann bereits 33 771 Juden erschossen.
Was war das Schlimmste?
Maximow: Die vielen Leichen, die meisten unbeerdigt. Zum Beispiel am Dnipro, wo eine schreckliche Schlacht gewesen ist. Da lagen die Toten im Wasser und wurden von den Fischen angeknabbert.
Der Dnipro galt als die bestgesicherte Sperrlinie der deutschen Wehrmacht. 283 000 sowjetische Soldaten starben, als die Rote Armee ab August 1943 in der Ukraine den breiten Fluss überquerte und die deutsche Abwehr durchbrach.
Maximow: Ich habe natürlich auch die Leichen deutscher Soldaten gesehen. Manchen hatten unsere Soldaten die Stiefel ausgezogen, weil sie sie selber brauchten. Die Deutschen hatten aber auch viele ihrer Gefallenen begraben, mit Holzkreuz, obendrauf der Helm. Vitja, sagten die anderen zu mir, schieß auf den Helm, wenn du nicht triffst, musst du deinen Tabak hergeben.
Haben Sie die eigenen Gefallenen begraben können?
Maximow: Weil ich der Jüngste war und kräftig, sagte man zu mir: Vitja, vergrabe unsere Soldaten! Oft hatten wir nicht mal Schaufeln, dann konnte ich nur das Gesicht mit Erde bedecken, das war das Wichtigste, dass das Gesicht bedeckt ist. Auch heute noch liegen wahrscheinlich zwei Millionen sowjetische Tote unbeerdigt in Sümpfen und Wäldern. Das schmerzt mich.
Die Rote Armee hat die Hauptlast des Kriegs gegen Nazideutschland getragen. Dieser Sieg, sagen Historiker, war eine welthistorische Leistung. Zu einem entsetzlichen Preis: Fast 27 Millionen Bürger und Bürgerinnen der Sowjetunion verloren während Krieg und Besatzungsterror ihr Leben – 11,4 Millionen Soldaten und 15,2 Millionen Zivilisten. Bei den Deutschen starben im Krieg 5,1 Millionen Soldaten und 1,1 Millionen Zivilisten.
Wann hatten Sie die größte Angst?
Maximow: Wir näherten uns der Frontlinie, es war Nacht, wir bauten Geschütze auf. Die Deutschen entdeckten uns, sie schossen Fackelraketen ab, es wurde taghell. Dann warfen die Flugzeuge Bomben, alles um mich herum spritzte auf, ich krallte mich in den Boden, mein ganzer Körper schlotterte, ich wurde fast wahnsinnig vor Angst. Am nächsten Morgen besah ich mich in einer Spiegelscherbe, weil ich dachte, ich sei über Nacht grau geworden. Aber meine Haare schienen mir normal. Ich wurde erst ein paar Jahre später grau, mit 20.
Hatten Sie einen Hass?
Maximow: Ja. Das Leiden der friedlichen Bevölkerung hat mir eine tierische Wut gemacht. Ich wollte unbedingt bis Deutschland kommen und dort alles vernichten, was mir vor die Augen kommt, aus Rache. Meine menschlichen Eigenschaften rückten weit in den Hintergrund, sie verliefen sich irgendwo im Gestern.
Aber Sie kamen nicht bis Deutschland, weil Sie nach einem halben Jahr schwer verwundet wurden.
Maximow: So richtig zu mir kam ich erst wieder im Lazarett in Tiflis, Georgien, im Frühling 1944. Die Bäume blühten, langsam kehrten menschliche Gefühle in mein Leben zurück. Die zerschossene linke Hand ist seit dem Krieg kraftlos, aber die Kopfverletzung war schlimmer. Ich hatte viele Jahre wahnsinnige Kopfschmerzen. Ich wundere mich, dass ich nicht Selbstmord begangen habe. Heute habe ich keine Schmerzen mehr. Aber ich kämpfte noch jahrelang nachts weiter und versetzte mit meinen Schreien die Familie in Schrecken.
Mit welchem Gefühl kehrten Sie 1944 nach Hause zurück?
Maximow: Ich war zufrieden, dass ich meine Heimat verteidigt hatte, auch stolz. Dann sah ich all die Invaliden. Mein Onkel Wolodja, Vater von drei Kindern, hatte keinen Unterkiefer mehr. Die Zunge war erhalten, er konnte sprechen, aber wir verstanden ihn nur mit Mühe. Beim Essen wollte er von niemandem gesehen werden. Er lebte nicht mehr lange, die Verwundung war zu schwer.
Viele Denkmäler in Russland zeigen große, starke Soldaten...
Maximow: Fast alle Denkmäler drücken nur den Sieg aus, den Triumph, sehr wenige auch Trauer. Von der Regierung war immer nur zu hören: „Hurra! Hurra! Hurra!“ Für die Opfer gab es kein Denkmal. Auch die Aufmerksamkeit für die Invaliden wurde geringer, man versuchte zu vergessen. Wie oft habe ich erlebt, dass Menschen die Folgen des Krieges nicht aushalten konnten und spurlos verschwanden. So wie Alexej.
Was war mit Alexej?
Maximow: Ich humpelte am Krückstock zum Basar, als mich eine kräftige Männerstimme vom Boden her ansprach: „Brüderchen, warte ein bisschen.“ Zu meinen Füßen saß auf einem Brett mit Rollen ein Invalide ohne Beine, Ende 20. „Ich heiße Alexej. Eigentlich kenne ich alle, die kriechen können, auch die auf Krücken kenne ich. Bist wohl gerade erst zurückgekehrt?“ Seine zerschmetterten Beine und ein Arm hatten ihm wegen Wundbrand amputiert werden müssen. Er lobte den Chirurgen: Der hatte ihm aus dem Armstumpf eine Schere gemacht, wie bei einem Krebs. Nie klagte er. Er war warmherzig und witzig. Wie er lächeln konnte!
Was wurde aus Alexej?
Maximow: Sein Bruder nahm ihn mit zu sich aufs Dorf. Zwei Jahre später bekam ich einen Brief: Alexej sei nachts ohne Wägelchen zum Bach gekrochen und habe sich mit dem Jagdgewehr ins Herz geschossen. Unter einen Stein hatte er einen Zettel gelegt: „Verzeiht mir bitte.“
Nach dem Krieg arbeitete Viktor Maximow als Wirtschaftsingenieur in der Rüstungsindustrie im Ural. Immer wieder musste er wegen seiner Kriegsverletzungen ins Krankenhaus. 1991 zerfiel die Sowjetunion, und das Hospital in Jekaterinburg hatte kein Geld mehr für die Versorgung der Veteranen. Als Maximow hörte, dass die sowjetischen Streitkräfte aus der DDR abziehen, dachte er sich, dass die Armee bestimmt vieles zurücklasse, was das Hospital in Jekaterinburg noch gebrauchen könnte. Aber dafür musste er zum Feind reisen, nach Deutschland. Was folgte, war die Wende seines Lebens.
Maximow: Jetzt gehst du zu den Faschisten, dachte ich, als ich 1992 das erste Mal nach Deutschland kam. Aber eigentlich fuhr ich nicht zu den Deutschen, sondern zu den Russen in Ostdeutschland, um die Dinge zu übernehmen, die sie hinterlassen. Und dann traf ich Hannelore auf dem sowjetischen Garnisonfriedhof in Dresden. Es war der Tag, an dem unsere Soldaten aus Dresden abzogen, August 1992. Hannelore legte einen Blumenstrauß auf ein Grab am Denkmal für sowjetische Kriegstote.
Hannelore Danders: Den Strauß hatte ich im Garten gepflückt. Viktor bekam mit, dass ich Russisch redete – ich war ja Russischlehrerin –, und sprach mich an: Ob ich ihm helfen könne, einen deutschen Verein zu gründen. Sonst könne er keine Hilfstransporte für russische Veteranen losschicken. Ich hatte eigentlich anderes vor, mein Weiterbildungsinstitut war gerade abgewickelt worden, jetzt wollte ich ein Buch schreiben. Also sagte ich ihm: Wenn er gar keine Hilfe findet, soll er mich halt in einer Woche noch mal anrufen. Er rief an. Und ich war ja immer für Völkerverständigung, seit mein Vater bei einem Bombenangriff gefallen war.
Die beiden gründeten zusammen mit Joachim Süß die Gesellschaft zur Hilfe für Kriegsveteranen in Russland und gewannen Mithelfer und Spender – einzelne Bürger, auch deutsche Veteranen, die Bundeswehr, Stiftungen, Apotheken... Über die Jahre schickten sie fast 100 Bahncontainer zur medizinischen Versorgung nach Russland. Zuletzt kümmerten sie sich auch noch um Patienten mit künstlichem Darmausgang (Stoma) – denen hatte man bislang nicht geschlossene Beutel wie hierzulande auf die Öffnung geklebt, sondern Stofflappen. Der Geruch führte zum Zerfall ganzer Familien.
Maximow: Die Stoma-Patienten weinten vor Glück: Ihr habt uns unsere Würde wiedergegeben! Und den russischen Kriegsveteranen wurden viele 1000 Jahre Leben geschenkt, von Deutschen.
So schnell wurden Ihre Feinde zu Freunden?
Maximow: Nein, es ging langsam, über Jahre. Wichtig war ein deutscher Kriegsveteran, ein Freund von Hannelore. Der erzählte mir, welches außerordentliche Erlebnis er als Offizier im August 1941 bei Welikije Luki im Westen Russlands hatte.
Da hatten die Deutschen beim Marsch Richtung Moskau die Rote Armee überrollt.
Maximow: Aber Wilhelm stieß mit seiner Gruppe auf freier Fläche plötzlich auf erbitterten Widerstand. Unter Maschinengewehrfeuer kriechen sie zurück, ziehen die Verwundeten mit sich und lassen sich in eine Senke kullern. Da liegen schon drei russische Soldaten! Einer tot, zwei verletzt. Die Deutschen greifen zu ihren Waffen, wechseln untereinander Blicke. Da sammelt der eine Russe ganz ruhig Tabakkrümel aus seiner Tasche zusammen, dreht sich mit Zeitungspapier eine Zigarette, schaut Wilhelm an und sagt: „Spitschki, Spitschki.“ Streichhölzer. Wilhelm schaut in die Augen eines erschöpften Menschen. Er kramt sein Feuerzeug hervor. Der Russe macht die ersten, tiefen Züge, gibt Wilhelm schweigend das Feuerzeug zurück. Die Deutschen bewegen sich endlich wieder, bilden einen Kreis um die beiden „Iwans“, einer kümmert sich um die Bauchwunde des Verletzten, ein anderer hält ihm die Feldflasche vor den Mund.
Die Autorin
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Christine Holch war froh, dass ihr die Veteranen so freundlich begegneten. Ihr Opa und ihr Onkel waren in den Krieg gegen die Sowjetunion gezogen.
Was ging in Wilhelm vor, hat er es Ihnen sagen können?
Maximow: Wilhelm sagte mir: „Vor meinen Augen vollzog sich etwas Unfassbares: Die graue Masse löste sich auf, und ich erkannte in diesen verwundeten russischen Soldaten Menschen. Ich fühlte unendlichen Schmerz und hatte Angst um die Menschen, die in die Klauen des Krieges geraten waren.“ Im Lauf des Tages überschütteten die Deutschen die gegnerischen Stellungen mit Minen, die Sowjets wichen zurück. Wilhelm sagte zu mir: „Wir Deutschen stehen vor dem russischen Volk mit einer nicht zu tilgenden Schuld. Auch ich bereue zutiefst.“
Wussten Sie, dass Wilhelm 1952 in Frankreich in Abwesenheit zum Tod verurteilt worden ist, wegen Beihilfe zum Mord?
Maximow: Es ging um das Massaker im Herbst 1944 im Tal der Saulx. Mehrere Dörfer wurden niedergebrannt, Bewohner ermordet. Das kann ich mir nicht vorstellen, dass er so etwas gemacht hat.
Hannelore Danders: Das ist ein Schock für mich. Er hat nie etwas davon gesagt, und wir waren richtig befreundet. Er war mein Weiterbilder, als ich junge Lehrerin war. Er kam aus der Wandervogelbewegung, war ein Humanist. Er hat doch Gedichte geschrieben! Allerdings sehr düstere, voll Todesahnung. Er hat sich sicher gewandelt, denn er verurteilte den Krieg. Einmal sagte er, er würde niemals auf Zivilisten schießen können. Ich bin überzeugt, dass ihn das, was in Frankreich war, im Nachhinein sehr bewegt hat. Ich wüsste gern die Wahrheit. Leider lebt er nicht mehr.
Maximow: Wilhelm hat mir immer Zigaretten mitgegeben für die Veteranen im Hospital in Jekaterinburg, viele Zigaretten, damit bin ich durch die Säle gegangen. Ich könnte ihn nicht verdammen, dazu verbindet mich zu viel mit ihm.
Können Sie sich vorstellen, dass Männer, die heute Ihre Freunde sind, damals Kriegsverbrechen begangen haben?
Maximow: Das ist schwer. Ich gehe davon aus, dass nicht jeder mir die Dinge sagt, die ihm unangenehm sind. Ich habe ja bisher auch nicht an die große Glocke gehängt, wie ich den ersten Deutschen erschossen habe. Was die Freunde als Soldaten getan haben, das kann ich mir vorstellen, aber friedliche Zivilisten erschießen – da kann ich nicht mitgehen. Andererseits: Ich weiß nicht, was ich alles getan hätte, wäre ich bis nach Deutschland gekommen. Und auch ich habe Schuld abzutragen.
Was haben denn Sie für eine Schuld?
Maximow: Ich fühle mich schuldig, weil ich die Kameraden, die in Kriegsgefangenschaft waren, jahrzehntelang verachtet habe. „Verräter“ hatte Stalin die genannt, sie seien übergelaufen aus Feigheit – und ich habe das geglaubt. Ich kann mir selbst nicht erklären, warum ich so gedankenlos war. Ich habe Angst vor der Antwort. Und ich fühle mich schuldig vor den sowjetischen wie vor den deutschen Gefallenen, weil ich den Krieg überlebt habe.
Was machen Sie mit Ihrem Schuldgefühl?
Maximow: Ich habe meinen ehemaligen Gegnern den ersten deutschen Soldatenfriedhof in Russland eröffnet, am 8. Mai 1995, in Malyj Istok bei Jekaterinburg. Dort war ein Lager für deutsche Kriegsgefangene. Diese Soldaten waren nicht nur Täter, sie sind auch Opfer. Früher wäre das nicht möglich gewesen, in Russland hatte man nach dem Krieg deutsche Gräber eingeebnet, nichts sollte mehr an die Deutschen erinnern. Aber als dann aus Dresden die Hilfe für das Hospital kam, sagten die anderen Veteranen: „Ja, mach los!“ Auch ich möchte mal auf diesem deutschen Soldatenfriedhof bestattet werden. Als Geste der Versöhnung. Mein Enkel ist damit beauftragt.
Sie haben viel getan und viel erreicht.
Maximow: Danke. Mein Hass gegen die Feinde hat sich verwandelt in einen Hass gegen den Krieg. Deshalb bin ich sehr schlecht auf Putin zu sprechen. Ich wache jetzt oft nachts auf, weil ich träume, ich sei wieder im Krieg.
Hannelore Danders: Wir sind beide gerade von einer gewissen Schwere umfangen. Aber jetzt müssen wir erst einmal ein Versöhnungstreffen mit ehemaligen minderjährigen Häftlingen faschistischer Lager vorbereiten.
Viktor Sergejewitsch Maximov ist am 8. Februar 2018 in Dresden gestorben.
Danke chrismon für die Interviews
Sehr geehrte Frau Holch,
Mein Kompliment zum letzten chrismon, das heute der FAZ beilag. Ich habe die Interviews mit den ehemaligen russischen Soldaten nicht ohne Emotionen lesen können. Wir haben das ja auf der anderen Seite erlebt, was für ein Grauen das überall gewesen ist. Ich bin noch heute meinem Deutsch- und Geschichtsleherer Dr. Zickel dankbar, der uns ein Jahr vor dem Abitur mit einem Packen Zeitungen und den Worten begrüsste: Meine Herren, Sie wissen, was auf dem Lehrplan steht: Römische und Griechische Geschichte: Ich halte es für unverantwortlich, Sie in einem Jahr ins Leben hinausgehen zu lassen, ohne Ihnen zu berichten, was sich in Deutschland zwischen 1933 und 1945 ereignet hat. Und dann ging es anhand seiner privaten Zeitungssammlung los: März 1933. Überschrift: Reichregierung kann neues Verfassungsrecht setzen. Was kann eine Regierung? Was kann ein Parlament? Und so ging es über Röhm-Putsch, usw. bis zum Kriegsanfang. Ich war, als ich als Austauschstudent 1950 nach Amerika kam, heilsfroh, dass ich mehr wusste und dort gegenüber Mitstudenten oder deren Eltern eine eigene Meinung vertreten konnte. Ich danke es Dr. Zickel noch heute. Das war ganz gegen die Vorschriften und er hätte sicherlich sogar Ärger bekommen können, dass er die römische und griechische Geschichte unter den Tisch fallen liess.
Bravo für die Interviews im Chrismon. Ich hatte Tränen in den Augen.
Ralph P. Odendall
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Der Beitrag über die Rote Armee im letzten Chrismon-Heft
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Ihr Artikel "Die Soldaten der Roten Armee" in chrismon 05.2015
Ihr Artikel "Danke, Viktor! Soldaten der Roten Armee befreiten Deutschland - und zahlten einen hohen Preis dafür" verschweigt leider schamhaft die dunkle Kehrseite der Medaille.
Unbestritten: NS-Deutschland führte einen Vernichtungs- und Versklavungskrieg gegen die Sowjetunion.
Unbestritten: Angehörige der Wehrmacht und der Waffen-SS verübten diverse Kriegsverbrechen.
Die genannten Zahlen über militärische und zivile Opfer der Sowjetunion stimmen, auch das, was Sie über die Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen in Deutschland schreiben. Ich verneige mich vor den sowjeti- schen Opfern dieses schrecklichen Krieges.
Zur Wahrheit gehört aber auch der hohe Preis, den die deutsche Zivilbevölkerung in den von der Roten Armee eroberten Gebiete bei ihrer "Befreiung" zu zahlen hatte. Diesen Preis verstecken Sie hinter der verharm- losenden Formulierung: "Das Kriegsende war nicht schön für die meisten Deutschen." "Nicht schön" für Plünderungen, Massen-Vergewaltigungen, willkürliche Erschießungen von Zivilisten, sinnlose Zerstörungswut!
Soll sich meine Schwiegermutter, die 1945 als 19-Jährige mehrere Tage von sowjetischen Soldaten verschleppt und vergewaltigt wurde, bei ihren "Befreiern" bedanken? Sie ist kein Einzelfall, sondern eine von ca. 2 Millionen Frauen und Mädchen, die ihre "Befreiung" ähnlich erlebten.
Es ehrt den sowjetischen Veteranen Victor Maximow, dass er sich zu seinen Rachegefühlen gegen die Deutschen während des Krieges bekennt:
"Ich weiß nicht, was ich alles getan hätte, wäre ich nach Deutschland gekommen."
Interessant wäre es gewesen, die sowjetischen Veteranen auch nach diesen Gewalt-Exzessen zu fragen: Wie denken sie heute darüber?
Objektiv gesehen "befreiten" die sowjetischen Soldaten (nicht zu vergessen die britischen, US-amerikanischen und französischen) Deutschland 1945 von einem menschenverachtenden System. Aber Soldaten wie Victor Maximow sind nicht mit der hehren Idee, die Deutschen vom NS-System zu befreien, in den Krieg gezogen, sondern um ihr Vaterland zu verteidigen und dann zum Gegenangriff überzugehen. Im ideologischen Selbstverständnis der Sowjetunion war der Nationalsozialismus eine Form des Kapitalismus, der vernichtet werden sollte. Dabei schob die Sowjetunion ihr System so weit wie möglich nach Westen vor. Die Entnazifizierung in der sowjetisch besetzten Zone bestand dann auch in Maßnahmen zur Beseitigung kapitalistischer Wirtschafts- strukturen (Enteigung von Großgrundbesitz, Sozialisierung von Betrieben) und diente der Vorbereitung auf das sozialistische System der DDR, hinter dem nur ca. ein Viertel der Bevölkerung stand und das dank sowjetischer Hilfe bis 1989 Bestand hatte. Kann man da von "Befreiung" sprechen?
Jürgen
Scheuerer
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ROTE ARMEE BEGING AUCH VERBRECHEN
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Leserbrief zum Artikel Mai 2015 - Die Soldaten der Roten Armee
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Magazin 05.2015
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Ausgabe Nr. 5
Sehr geehrtes Chrismon Team.
Ich möchte Ihnen an dieser Stelle ein großes Kompliment aussprechen für ihren Report über russische Kriegsveteranen aussprechen! (Nr. 5) Als ich diesen Report las, musste ich weinen er hat mich aufgrund seiner Authentizität zu Tränen gerührt!
Da meine Familie vor einigen Jahren immigrierte, war ich wirklich glücklich dass sich eine Redaktion die Mühe und Arbeit gemacht hat, zu unserem Feiertag den 9 Mai, eine ehrenvolle Erinnerung zu kreieren. Es gibt unzählige Berichte von Kriegsveteranen, doch dieser Report kommt mir herrlich ehrlich vor, von Menschen aus der Nachbarschaft, aus dem Alltag die sonst niemand kennt und doch einen Heldenstatus verdienen. Dabei so unverfälscht, unvoreingenommen, respektvoll und doch emotional zu bleiben ist viel wert. Vielen Dank!
Anita Meissner
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Bericht zur "Roten Armee "
Herzlichen Dank für den sachlichen Bericht über die Befreiung Deutschlands von den Verbündeten , zu denen auch die Rote Armee gehörte!
Leider wurde in der BRD nur die drei Westlichen Mächte als Befreier empfunden, die Bomben auf deutsche Städte wurden nie auf ihre "nowendigkeit" hinterfragt, in der DDR war das Gedenken an die Bomben über Dresden allgegenwertig.
Die Vergewaltigungen durch Amerikaner ,Franzosen und Engländer werden erst ab 2015 ein Thema für Historiker ! Die Untaten der Roten Armee wurden in der BRD erwähnt um den Westen als Gut und den Osten als Böse zu kennzeichnen.
Wir dürfen uns nicht teuschen lassen , Deutschland hat diesen Nazikrieg begonnen und die Befreier waren viele - auch die Rote Armee!
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Das große Verschweigen
Sehr geehrte Redaktion,
Ihr Maiheft über die Kriegserlebnisse der Soldaten der Roten Armee und auch die "Begegnung" ist ein wichtiger Beitrag, der die Verantwortung meiner Nachkriegsgeneration betrifft, die wir von unseren Eltern, wenn sie nicht geschwiegen haben, noch sehr viel erzählt bekommen haben.
Tatsächlich ist es unsere Pflicht so viel wie möglich darüber weiter zu erzählen. Wie viele authentische Berichte über nie geheilte Wunden aber wird es noch geben?
In diesem Zusammenhang möchte ich das in diesem Jahr 2015 erschienene Buch von Sinda Dimroth, Das große Verschweigen, empfehlen. Sie beschreibt ihre Familie, die zwei Weltkriege erlebt hat. Ihr Vater ging mit psychotraumatischen Störungen in die Zeit nach 1945 hinein. Als Jüngste von vier Kindern hat sie das heftig erlebt. Glücklicherweise konnte sie ihren Vater kurz vor seinem Tod davon überzeugen, seine Kriegserlebnisse auf Tonband zu sprechen. Auf diese Weise ist Verschwiegenes doch noch ans Licht gekommen.
Das Buch ist wertvoll für alle, die nichts von ihren Eltern über den Krieg hörten und sicher auch für unsere nächste Generation, die in heutigen Zeiten der vielen Kriege, sich diese nur schwer vorstellen kann.
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