Musiktipps Februar 2025
Unorte
Awkward i, Julian & Roman Wasserfuhr und Michael Moravek sind auf der Suche nach Orten, die Zwischen-Orte, Nicht-Orte oder Sehnsuchts-Orte sind. Oder sie haben sie bereits gefunden
Musikcover
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Tim Wegner
29.01.2025
2Min

Unort: Awkward i, "Unalaska"

"If I knew where I was going, I wouldn't be on board", singt Djurre de Haan alias Awkward i auf seinem neuen Album. Es trägt den schönen ­Titel "Unalaska". Das Wort hat er aus einem alten Reisetagebuch, da bezeichnet es offenbar einen Ort nahe bei Alaska: "Unalaska, Alaska" steht dort. Eine Zweideutigkeit, ein Rätsel, das den Niederländer sofort angesprochen hat. Während er in den letzten Jahren viel Auftragsmusik für Film und Theeater komponiert hat, hatte er gleichzeitig immer auch sein nächstes Soloalbum im Auge - obwohl es eigentlich nicht in seinem Blickfeld lag. Es entstand quasi "aus der Sehnsucht nach Neuem, nach dem Unbekannten", wie er selbst sagt. Deshalb war es ihm auch wichtig, diesmal die Musik, leiser, unmittelbarer zu gestalten. So, dass ein direkter emotionaler Zugang möglich ist, der dieser Sehnsucht gleichsam Rechnung trägt. Und so wundert es wenig, dass der daraus resultierende, melodieverliebte Psych-Folk klingt, wie gerade aus seiner Seele entsprungen. Und überhaupt verortet sich das Album, wie sein Titel, genau in der MItte zwischen Melancholie und Absurdität - einem Unort.

Sehnsuchtsort: Julian & Roman Wasserfuhr, "Safe Space"

Julian & Roman Wasserfuhr nennen ihren Sehnsuchtsort "Safe Place". "Zuerst war ‚Safe Place‘ nur ein einzelner Song, aber Roman und ich haben dann schnell gemerkt, dass es auch der Titel der ganzen Platte sein muss, weil er das Gefühl und die Intention hinter der Musik so gut beschreibt", sagt Julian Wasserfuhr. Auch dieser "Safe Place" ist kein konkreter Ort, sondern vielmehr eine Vorstellung - von Zuhause, von Vertrautheit, Wärme und Selbstbesinnung. So ein Ort kann auch eine Beziehung zu anderen Menschen sein. In diesem Fall ist das der Cellist Jörg Brinkmann, der das Duo auf dem Album ergänzt. Und die drei beschreiben diesen Ort ohne Worte, aber mit ebenso warmem wie melo­diösem Kammerjazz, der sich durch leichtes und präzises Zusammenspiel auszeichnet und wunderschöne, entspannte musikalische Bilder malt.

Nacht-Ort: Michael Moravek, "Night Songs"

Michael Moravek schließlich feiert mit seinem neuen Album einen Ort, an dem Neues erwächst. Und das ist bei ihm auch kein echter Ort, sondern eher eine Zeit: Nämlich die zwischen Dunkelheit und der ersten Morgendämmerung. Dort entstanden seine poetischen, in schwarz schillernde Americana-Klänge gekleideten "Night Songs". Moravek hatte die hervorragende Idee, die Gedanken, die ihn bei seiner Schlaflosigkeit quälten, kreativ zu verarbeiten und in sehr unmittelbare, beinahe ergreifende Stücke zu verwandeln. Diese fast minimalistisch arrangierten Songs wurden folgerichtig dann auch direkt innerhalb weniger Tage aufgenommen, kaum dass sie aufgeschrieben worden waren. Moravek wollte damit verhindern, dass die flüchtige Magie dieser Momentaufnahmen in einem langen Arrangement- und Produktionsprozess verloren geht. Für ihn war der Moment der Entstehung, dieser Zwischen- und Nicht-Ort, entscheidend. Trotzdem oder gerade deswegen faszinieren diese Stücke durch eine ganz eigene Atmosphäre und Dichte, die zum Immer-wieder-zurückkehren an diesen Ort einlädt.

Produktinfo

Awkward i: Unalaska. Excelsior

Julian & Roman Wasserfuhr mit Jörg Brinkmann: Safe Place. ACT

Michael Moravek: Night Songs. Backseat

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