- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn der Priester die richtigen Worte gefunden hätte. In der Mediationssitzung gibt Bernard Preynat zwar zu, dass er vielen Jungen sexuelle Gewalt angetan hat, in der Kirchengemeinde, in seinen beliebten Pfadfinder-Camps. Aber er ist nicht in der Lage, sich bei dem inzwischen erwachsenen Alexandre zu entschuldigen.
Alexandre hatte geglaubt, er sei über das traumatische Erlebnis hinweg. Er hat eine glückliche Familie, ist erfolgreich im Beruf – und geht voller Überzeugung zur Kirche. Doch er ist gewahr geworden, dass Preynat nach wie vor mit Kindern arbeitet. Und dass die katholische Kirchenhierarchie in Lyon, namentlich Kardinal Philippe Barbarin, Primas von Gallien, nie etwas gegen den offenbar pädophilen Priester unternommen hat. Alexandre beginnt, nach anderen Opfern zu suchen, denn sein Fall ist verjährt.
Eine Spur Trost
François Ozons "Gelobt sei Gott" ist ein außergewöhnlich kunstvolles Dokudrama über einen Missbrauchsskandal, der Frankreich noch immer in Atem hält. Barbarin ist inzwischen zurückgetreten; der über 70-jährige Preynat wurde von einem Kirchengericht verurteilt, sein Strafprozess steht aber noch aus – und Preynat hat versucht, den Start des Films zu verhindern. Ozon erzählt aus der Perspektive von drei Opfern – Männern von unterschiedlicher Herkunft und Weltanschauung, auf unterschiedliche Weise verletzt.
Wie ein Rhizom entfaltet sich die Geschichte um Alexandres Recherche, die Gründung der Selbsthilfeorganisation "La parole liberée", den Kampf der Männer um Anerkennung. Der Film zeigt, wie sexuelle Gewalt in arkanen, autoritären Strukturen wächst: Auch wenn es um die katholische Kirche in Frankreich geht, wird deutlich, dass alle Systeme, die mit Kindern und Jugendlichen umgehen, prädisponiert für den Missbrauch von Macht sind. Das großartige Schauspielerensemble macht die Wut und Hilflosigkeit der Betroffenen spürbar. Schließlich enthält "Gelobt sei Gott" eine Spur von Trost: Sie liegt in der Solidarität der Opfer und ihrer Angehörigen, die sich über soziale und politische Grenzen hinweg nach Jahrzehnten des Schweigens zusammentun, um die Veröffentlichung des Falls und die gerichtliche Anklage zu bewirken.
Produktion: Frankreich, Belgien 2018
Produzent: Eric Altmayer, Nicolas Altmayer
Regie und Drehbuch: Francois Ozon
Kamera: Manuel Dacosse
Schnitt: Laure Gardette
Musik: Evgueni Galperine, Sacha Galperine
Darsteller: Melvil Poupaud, Denis Ménochet, François Marthouret
Verleih: Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG
Preise: Internationale Filmfestspiele Berlin 2019 – Silberner Bär – Großer Preis der Jury
FSK: ab 6
Kinostart: 26.09.2019
FILM UND GESPRÄCH
Donnerstag, 27. September 2019, 19.30 Uhr
Mal Seh’n Kino
Adlerflychtstraße 6
60318 Frankfurt
www.malsehnkino.de
Als Gesprächspartner zu Gast sein wird Prof. Dr. Joachim Valentin, der Leiter der Katholischen Akademie in Frankfurt.
Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 7 Euro
Tickets: 069/597 08 45