Hollandrad in Marrakesch
Hollandrad in Marrakesch
Nicholas Brautlecht
Hollandrad in Marrakesch
Ja, das passt. Rad fahren bringt Leute in Bewegung – und schafft Jobs.
Nicholas BrautlechtDennis Williamson
02.09.2020

Die langen schwarzen Haare wehen, wenn Soukaina Rhafiri in die Pedale tritt. Sobald die marokkanische Regierung die Corona-Reisebeschränkungen lockert, will die 23-Jährige wieder fast täglich auch mit ­Touristen durch Marrakesch radeln. Sie fährt mit ihnen nicht nur durch die ­Medina, die berühmte verwinkelte Altstadt, sondern zeigt ihnen obendrein das ganz normale Leben: etwa eine Backstube mit einem ­großen Tonofen, den das ganze Viertel nutzt.

Die ­Familien bringen morgens ihre frischen Teigfladen dorthin und ­holen sie abends als dampfende Brote wieder ab. Den ­Touristen gefällt’s. Und Soukaina hat einen Job – wenn auch einen ungewöhnlichen. Fahrrad fahren gilt in den Metropolen Marokkos als Zeichen für Armut. Wer etwas auf sich hält, fährt motorisiert, und so schieben sich Mopeds, Autos und Busse durch die Straßen und verursachen Smog.

Marrakesch ist schön flach  

Es war natürlich eine Niederländerin, die das ändern wollte. Cantal Bakker entdeckte im Urlaub, dass Marrakesch – "so flach wie Holland" – ideal zum Radfahren ist. Die damalige Kunststudentin entschied sich zu bleiben und ließ zwei Container voll ausrangierter Hollandräder aus ihrer Heimat herbringen. 2016 gründete sie Pikala Bikes: eine Radwerkstatt mit Radverleih und Übungsplatz, ein Tourenanbieter und vor allem ein Ausbildungsbetrieb. Seit der Gründung hat Bakker – ­ohne große Hilfsorganisation im Rücken, aber mit Spenden unter anderem von der TUI Care Stiftung aus Deutschland – rund 90 jungen Menschen eine Ausbildung verschafft, etwa zum Radmechaniker, zur Bürokraft oder eben zum Tour-Guide. Etwa 30 von ihnen arbeiten heute auch bei Pikala Bikes.

Sie wollen frei sein

Fast jeder vierte junge Erwachsene in Marokko ist arbeits­los. Etwa 30 Prozent der über 15-Jährigen können nicht lesen und schreiben. Besonders Frauen und Mädchen in ländlichen Gebieten haben schlechte Bildungschancen. Cantal Bakker will jungen Leuten mit ihrem Fahrrad­projekt eine Jobperspektive bieten und Frauen stärken. Rund 150 junge Frauen haben bei Pikala mittlerweile das Fahrradfahren gelernt und kommen regelmäßig vorbei, um sich Räder auszuleihen und die Englischkurse zu be­suchen, die Pikala auch in der Corona-Zeit angeboten hat. Radfahren vergrößert ihren Bewegungsradius. "Die meisten unserer Mütter haben sich nur um Haushalt und Kinder gekümmert", sagt Soukaina. "Aber wir wollen frei sein."

Cantal Bakker plant, in anderen Städten Marokkos Zweigstellen von Pikala Bikes zu eröffnen: zunächst in Agadir, danach in Essaouira und Rabat. Langfristig soll sich das Projekt selbst tragen und nicht mehr von Spenden abhängig sein. Deshalb sucht die Niederländerin auch immer wieder ehrenamtliche Helfer, die sich mit Management oder Finanzen auskennen und dieses Wissen mit ihr teilen.

Spendeninfo

Pikala Bikes können Sie mit Geldspenden oder durch ehrenamtliche Mitarbeit unterstützen. Gründerin Cantal Bakker freut sich über Kontaktaufnahme per Mail: contact@pikalabikes.com

Spendenkonto:
Pikala Foundation 
ING Bank N.V. AMSTERDAM
IBAN: NL51 INGB 0007 0001 74
BIC: INGBNL2AXXX 
Stichwort: chrismon/pikalabikes.com

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